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Den Tod vor Augen - Numbers 2

Den Tod vor Augen - Numbers 2

Titel: Den Tod vor Augen - Numbers 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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Scheiße verdammt, halt die Klappe.
    »Was?«
    »Das Bild. Es ist ein Traum, den sie hat, immer und immer wieder. Du kommst darin vor. Wieso kommst du drin vor?«
    »Keine Ahnung, Mann. Genau das will ich ja rausfinden?«
    Der Schläger hängt jetzt seitlich an Vinny herab. Das ist nicht gut.
    »Warte hier«, sagt er und geht zurück ins Haus. Er schreit vom Flur aus nach oben.
    »Sarah! Alles in Ordnung. Ist nur ein Junge.«
    »Ich will ihn nicht hierhaben. Ich hab gesagt, du sollst ihn loswerden. Verdammt noch mal, Vinny, jetzt benutz diesen scheiß Baseballschläger. Sorg dafür, dass dieses Scheusal verschwindet!«
    »Er will doch nur mit dir reden … ich werde niemanden zusammenschlagen. Er ist ein Junge. Außerdem hast du ihm ja selbst schon ziemlich zugesetzt. Komm runter … er geht nicht, bevor du mit ihm redest. Kommst du jetzt?«
    Er ist zu weich, dieser Vinny. Ich muss es selbst tun.
    Ich öffne den Reißverschluss meiner Jacke, ziehe Mia vorsichtig aus der Schlinge und lege sie in die Schublade. Gott sei Dank, sie schläft. Dann mache ich mich auf den Weg nach unten. In der Küche schnappe ich mir ein Messer.
    Vinny steht in der Tür. Hinter ihm sehe ich Adam, er ist in den Hof gekommen. Ich schiebe mich an Vinny vorbei.
    »Ich will dich hier nicht«, erkläre ich Adam. »Kapierst du das nicht?«
    Er hebt die Hand an sein Gesicht und ich bin wieder im Klassenzimmer, vor einer Million Jahren, als ich über den Tisch fasste. Seine Haut war damals perfekt: weich, klar und warm. Die Hälfte seines Gesichts ist es immer noch – die andere Hälfte hat sich extrem verändert. In meinem Innern sehe ich mich noch einmal sein Gesicht berühren und meine Finger kribbeln bei dem Gedanken. Wieso fühle ich mich so zu ihm hingezogen, wenn er einer der zwei Menschen ist, vor denen ich mich fürchte?
    Jetzt steht er da, mit Blut an den Fingern. Ich muss ihn loswerden, bevor ich schwach werde.
    »Komm schon, Sarah«, sagt Vinny. »Vielleicht ist er ja in der Lage, dir zu helfen.«
    Der Satz reißt mich zurück in die Wirklichkeit, meine Version der Wirklichkeit.
    »Mir helfen? Mir helfen?« Ich höre, wie meine Stimme schrill wird. »Du kennst ihn nicht, Vin. Du weißt nicht, was er tut. Er ist der Teufel, Vin. Der Teufel. Ich will nicht, dass er hier ist. Bitte, sorg dafür, dass er verschwindet. Bitte!«
    Die Worte, die aus meinem Mund kommen, klingen falsch, selbst für mich. Ich sehe mich plötzlich so wie die beiden: mit weit aufgerissenen Augen, wild, verrückt und ein Messer schwingend. Wem mache ich eigentlich etwas vor? Ich werde ihn doch nicht niederstechen. Ich will ihn ja gar nicht verletzen – ich will nur, dass er geht.
    »Sarah?«, fragt er leise.
    Ich kann nicht mit ihm umgehen. Ich kann nicht mit ihm hier sein. Ich weiche zurück und stolpere in die Küche. Ich werfe das Messer zu Boden, dann lasse ich mich selbst danebenfallen, ziehe die Beine an, rolle mich ein. Jetzt kommen auch noch die Tränen. Ich hasse das. Ich hasse mich dafür. Ich will nicht weinen. Ich bin stärker. Aber ich weine, und als ich erst einmal angefangen habe, kann ich gar nicht mehr aufhören.
    Ich weiß, sie sind mir gefolgt, doch ich schaue nicht hoch. Keiner von ihnen kommt zu mir rüber. Typisch Männer, sie wissen nicht, was sie mit einer weinenden Frau anfangen sollen. Ich hätte es eigentlich wissen müssen, Steine und Messer vertreiben Männer nicht, aber Tränen.
    »Es tut mir leid.« Das ist Adam. »Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht beunruhigen.«
    Ich fange mich ein wenig und sehe zu ihm auf. Er wirkt bedrückt.
    »Geh einfach«, sage ich.
    »Okay«, antwortet er. »Ich gehe. Ich lass dich allein.« Doch als er sich gerade umdreht, stockt er noch mal. »Sarah?«
    »Was?«
    »Meine Zahl. Ist sie dieselbe? Ist es der Neujahrstag?«
    Er kann mich kaum ansehen. Auch er hat Angst. Ich hab das Gefühl, als ob er den Atem anhält.
    »Ich weiß nicht, wovon du sprichst«, sag ich und wieder kommen mir Tränen. Ich vergrabe meinen Kopf in den Armen. Dann geht er. Ich hör ihn gegen den Türrahmen stolpern, hör seine Schritte draußen im Hof.
    Über mir, ein Stockwerk höher, ist Mia aufgewacht, ihr Babyweinen baut sich zu einem Volldampfschrei auf. Er lässt mich mein Selbstmitleid vergessen. Ich löse mich aus meiner eingerollten Position und stehe auf.
    »Alles in Ordnung jetzt?«, fragt Vinny.
    Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Adam ist fort – Gott sei Dank ist er gegangen –, aber in meinem

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