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Den Tod vor Augen - Numbers 2

Den Tod vor Augen - Numbers 2

Titel: Den Tod vor Augen - Numbers 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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rechnen wir Anfang Februar mit einer abschließenden Beratung des Falls und irgendwann danach mit einer Entscheidung in Bezug auf das dauerhafte Sorgerecht.«
    »Irgendwann? Ich muss meine Tochter jetzt sehen. Ich muss sie morgen sehen. Ich kann nicht warten.«
    »Ich fürchte, so ist das System.«
    »Kann ich sie denn nicht sehen? Nur sehen. Es ist mir egal, wer sonst noch dabei ist.«
    »Nach der ersten Anhörung werden wir in der Lage sein, ein einstweiliges Besuchsrecht zu erwägen.«
    »Sagen Sie mir doch wenigstens, wo sie ist.«
    »Sie ist in Sicherheit.«
    »Bitte.«
    »Ihre Tochter ist in Sicherheit. Wir melden uns nach Neujahr bei Ihnen.«
    Und damit wird die Verbindung gekappt. Schluss. Aus. Abgewiesen. Ich soll abwarten. Ein paar Tage lang nichts tun. Nichts tun, während um uns herum die Welt zusammenbricht. Nichts tun, während London in Fetzen fliegt. Ich starre aus dem Küchenfenster. Inzwischen ist es draußen dunkel. In den Hochhäusern um uns herum schalten die Leute das Licht an. Licht bedeutet, dass jemand zu Hause ist. Aber es sind längst nicht so viele, wie man erwarten würde. Ich nehme an, etliche sind schon geflohen.
    Auch Val hat nicht mehr Glück, zu Adam durchzukommen oder ihn aus diesem Heim für jugendliche Straftäter rauszuholen, wo sie ihn hinverfrachtet haben. Ich lehne am Türrahmen zur Küche, während sie spricht, und spüre, dass das Gespräch nicht gut läuft. Als sie den Hörer auflegt, hebt sie zu einem endlosen Schwall von Beschimpfungen an, auf die selbst ich stolz gewesen wäre.
    »Die wollen mich nicht mal zu ihm lassen, Sarah, ein paar Wochen nicht. Er ist ein Junge. Er wird da drin durchdrehen. Ich kenn ihn. Er wird sich Sorgen machen um dich, um Mia und um mich. Er hat so eine Wut in sich.«
    »Was können wir dagegen tun?«
    »Keine Ahnung, Schatz. Keine Ahnung.«
    Wir machen etwas zu essen warm, auch wenn keiner von uns wirklich Appetit hat. Wir sitzen da und starren in den Fernseher, während das Programm von den neuesten Nachrichten zu Jahresrückblicken und sogenannten »Unterhaltungs«-Shows wechselt, die schon vor Wochen mit großen Uhren im Hintergrund aufgenommen wurden.
    »Natürlich, es ist Silvester, Schatz. Letztes Jahr hab ich allein hier gesessen …«
    »Ich war zu Hause. Bei meiner Mum und meinem Dad.«
    Wir haben hier ein gewaltiges Wespennest, aber keiner von uns will hineinstechen.
    »Magst du was trinken? Ich brauch jetzt was.«
    »Eigentlich trink ich nicht.«
    »Dann kriegst du eben nur einen Tropfen.«
    Sie schlurft in die Küche und kommt mit zwei dünnen Gläsern, gefüllt mit einer satten, dunklen Flüssigkeit, und einer Flasche unter dem Arm zurück.
    »Bisschen Sherry«, sagt sie und reicht mir ein Glas.
    »Ja. Danke.« Ich schnuppere dran. Schon der Geruch lässt mich husten. Ich wiege das Glas in den Händen, ohne Absicht, das abscheuliche Zeug tatsächlich zu trinken. Val zögert nicht lange.
    »Sollten wir nicht alles vorbereiten?«, frage ich. »Für morgen?«
    »Was kann es sein? Ein Erdbeben? Eine Bombe? Ich nehme an, wir sollten runter zur U-Bahn, das haben sie im Zweiten Weltkrieg auch gemacht.«
    »Sollen wir das wirklich machen? Rausgehen und dort übernachten?«
    »Gefällt mir nicht besonders. Löst bei mir ein Gefühl aus, im entscheidenden Moment eingeschlossen zu sein. Was ist, wenn wir nicht wieder rauskommen? Ich geh lieber das Risiko ein und bleib hier. Verkriech mich unterm Küchentisch oder so. Was willst du machen?«
    Ich geh lieber das Risiko ein. Ich habe ihre Zahl in Adams Buch gesehen. Meine auch. Uns wird nichts passieren. Val und mir. Es spielt keine Rolle, wo wir sein werden, wenn es losgeht – wir werden überleben.
    Aber bei Mia ist es anders. Mia hat nur noch wenige Stunden zu leben. Meine Tochter. Mein Baby.
    »Ich muss Mia finden.«
    Sie schenkt sich ein zweites Glas Sherry ein, sieht meins an, das unberührt ist, und stellt die Flasche wieder hin.
    »Ich hab drüber nachgedacht«, sagt sie. »Ich geh davon aus, dass du weißt, wo sie ist.«
    »Was?«
    »Die Antwort steckt in deinem Albtraum, deiner Vision. Du hast ihn immer wieder gesehen. Es muss doch einen Hinweis geben, wo du bist. Erzähl mir davon.«
    »Überall sind nur Feuer und Flammen, ein Gebäude, das um uns herum zusammenbricht. Wir sitzen in der Falle. Adam ist da. Er nimmt sie mir ab. Trägt sie ins Feuer.«
    »Das ist, was passiert, aber wo bist du? Denk nach, Sarah, denk nach. Die Lösung steckt in dem Albtraum.«
    Sie starrt mich jetzt

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