Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Denk an unsere Liebe

Denk an unsere Liebe

Titel: Denk an unsere Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
Vom Netzwerk:
klangen ihr in den Ohren wieder. „Allein. Ganz allein.“
    Dann rutschte Micky Maus eine Wendeltreppe rückwärts hinunter, und die Leute ringsum brüllten vor Lachen.
    Toni erwachte. Sie blinzelte in die Sonnenstreifen, die sich durch die Gardinenfalten stahlen. Dann gähnte sie, reckte sich und wurde sich bewußt, daß es Sonntag war.
    Sie wandte den Kopf nach Eivind. Er schlief. Es mußte noch früh sein.
    Sie hielt den Wecker in die Sonnenbahn und stellte fest, daß es halb acht Uhr war. Aus alter Gewohnheit erwachte sie pünktlich, obwohl sie sich vorgenommen hatte, heute lange zu schlafen.
    Sie kroch wieder unter die Daunen, aber der Schlaf wollte nicht kommen. Die Gedanken hakten sich fest, dort, wo sie am Abend zuvor losgelassen hatten, und die Gedankenmühle mahlte weiter.
    Frau Torverud sollte morgen heimfahren. Toni dachte an den Brief, den sie nach Frau Torveruds Diktat geschrieben hatte. Jedes Wort war wohlüberlegt. Nachdem sie eine ganze Nacht alles durchdachte, hatte Frau Torverud sich entschlossen, nicht die Wahrheit zu sagen: jedenfalls nicht die ganze Wahrheit! Sie hatte gesagt, sie sei glücklich, weil die Operation gut verlaufen war. Daß man erst wisse, wie schön das Leben ist, wenn man glaubt, es zu verlieren.
    Sie fragte, ob Klein Jörgen nicht vergäße, seinen Lebertran zu nehmen, ob die Bleß gekalbt habe; sie plauderte richtig gemütlich und alltäglich mit ihrer Familie.
    Jetzt war Frau Torverud schon lange auf gewesen, war im Krankenhausgarten spazierengegangen und hatte sich richtig frisch gefühlt. Ruhig und lächelnd bewegte sie sich, aß gut und schlief ruhig.
    Und Toni dachte an den einsamen, bitteren, grantigen Mann in dem Einzelzimmer auf der medizinischen Station, der sie angebellt hatte: „Was, zum Teufel, ist das denn für ein Gerenne in dieser Anstalt! Ist es nicht genug, daß schon der Pastor kommt und eine Seele retten will, nein – da kommt, Gott bewahre, auch noch eine Göre und will auch Seelen retten! Ich werde nach Ihnen schicken, wenn ich Sie sehen will, meine Liebe. Vorderhand will ich in Frieden gelassen werden.“
    Sie war so verblüfft, daß sie sich ohne ein Wort zurückgezogen hatte. Aber trotzdem: es war etwas an dem Mann, das sie anzog. Er stellte etwas ganz Neues vor. In der Regel waren die Patienten glücklich und dankbar, wenn sie kam. Fast immer hatten sie etwas auf dem Herzen. Aber dieser Bulle! Toni fühlte, daß sie ihn nochmals aufsuchen mußte, wenn aus keinem anderen Grunde, so aus reiner Neugierde. Jetzt hatte sie eine unbezwingbare Lust darauf, ein Lächeln auf diesem verbitterten Gesicht hervorzulocken.
    Eivind rührte sich im Schlaf. Der hatte es gut, er konnte schlafen, bis der Wecker rasselte. Aber heute rasselte er überhaupt nicht, heute war Ruhetag.
    Toni wälzte sich unruhig im Bett. Sie war müde. Wer doch noch eine Stunde schlafen könnte!
    Sie war sich nicht klar darüber, daß sie auf dem besten Wege war, sich zu überanstrengen. Sie wußte nicht, daß ihre Wangen in den beiden letzten Monaten schmäler geworden waren. Und sie verstand nicht, wie sie das mitnahm, die Sorgen und Kümmernisse von Hunderten von Menschen auf ihren Schultern zu tragen.
    Nein. Sie konnte nicht schlafen. Sie wurde nur müde vom Liegen. Plötzlich bekam sie Lust auf eine Tasse Kaffee. Eine Tasse warmen, schwarzen, extra starken Kaffee.
    Sie stand leise auf und zog ihren Morgenrock an. Heute kam Berit nicht, es war ihr freier Tag.
    Die Küche war so behaglich und rein gescheuert und frisch, es war angenehm, da zu hantieren. Sie wollte Eivind das Frühstück ans Bett bringen.
    Toni summte leise, während sie den Kaffee ziehen ließ und Eier kochte. Es war lustig, in der Küche zu schaffen, wo alles so blank und rein aussah. Im Grunde hatte sie nie Zeit, sich über die hübschen Sachen zu freuen, die sie besaß. Toni wurde immer besserer Stimmung, während sie in der Küche herumpusselte.
    Dann trug sie das Tablett hinein, setzte es vorsichtig auf den Tisch und sich selbst auf Eivinds Bettkante. Sie machte sich an die Arbeit, ihn zu wecken, erst mal versuchsweise mit einem Kuß auf die Stirn. „Grrr“, grunzte Eivind. Eine andere Reaktion stellte sie nicht fest.
    Sie küßte seine Augen. Da lag er still und hielt den Atem an, gab aber kein Zeichen, wirklich wach zu sein.
    Aber als sie seinen Mund küßte, bestand kein Zweifel mehr, daß er aufgewacht war.
    „Guten Morgen, mein Junge.“
    „Ich bin nicht wach“, verkündete Eivind. „Du mußt mich

Weitere Kostenlose Bücher