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Denk an unsere Liebe

Denk an unsere Liebe

Titel: Denk an unsere Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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schön gewesen wie eben jetzt“, murmelte Eivind und küßte sie wieder und wieder.
    Toni strich mit ihrem Gesicht gegen sein Haar und küßte seinen schmalen braunen Nacken. Herrgott, wie lieb sie doch ihren Mann hatte! Und wie sie es genoß, ihn für sich allein zu haben, einen ganzen langen, herrlichen Tag!
    Dann klingelte es an der Tür. „Teufel auch!“ sagte Eivind. Sie sahen einander bestürzt an.
    „Wir lassen es einfach klingeln“, sagte Eivind.
    „Dazu habe ich nicht die Nerven“, sagte Toni.
    Draußen stand eine schlanke, große, dunkelgekleidete Frau und streckte die Hand aus.
    „Guten Tag, Frau Löngard – störe ich vielleicht?“
    „Ja, aber, meine Liebe – das ist ja Frau Torverud!“
    „Ja, mein Mann ist heute vormittag gekommen, mich abzuholen, ich darf heute heimfahren. Ich bin ja jetzt lange aufgewesen, wissen Sie. Aber ich konnte nicht aus der Stadt abreisen, ohne Ihnen Lebewohl zu sagen. Ich habe Ihre Adresse im Krankenhaus bekommen.“
    „Liebe Frau Torverud, kommen Sie herein. Ich bin so froh darüber, daß Sie so gut aussehen.“
    Eivind sah fragend drein, als Toni vorstellte.
    „Mein Mann weiß ja nie etwas von meinen Patienten“, erklärte Toni. „Das heißt, er weiß eine ganze Menge, aber selbstverständlich nenne ich nie Namen. Ich habe ja Schweigepflicht. Nehmen Sie Platz, Frau Torverud. Kaffee dürfen Sie wohl noch nicht trinken, aber Kuchen dürfen Sie essen, und ich werde eine Tasse Tee für Sie machen.“
    „Laß mich das besorgen“, sagte Eivind, „Frau Torverud will sicher mit dir reden, und Tee kann ich ja machen.“
    Von der Küche aus hörte Eivind Frau Torveruds Stimme, und man kann nicht sagen, daß er „gegen seinen Willen“ horchte, denn er tat es in hohem Grade mit Willen.
    „Da war etwas, was ich Ihnen sagen mußte“, sagte Frau Torverud. „Es gibt keinen Menschen auf der Welt, der mir so geholfen hat wie Sie. Vielleicht ist es Ihre Fähigkeit, sich in die Schicksale anderer Menschen hineinzudenken. Sie wußten sofort, daß Sie mir die Wahrheit sagen mußten. In einem anderen Fall wissen Sie wahrscheinlich, daß man sie verschweigen muß. Und sie können zuhören. Sie erlauben uns Patienten, unseren ganzen Seelenballast auszupacken, und das haben wir ab und zu nötig. Sie sind ein Segen für die Patienten, Frau Löngard, und ich wollte nicht abreisen, ohne Ihnen das gesagt zu haben.“
    Eivind stand mit der Teekanne in der Hand und lauschte. Ein neues und unbekanntes Gefühl stieg in ihm auf. Eine resignierende Bitterkeit, weil er verstand, daß er sein ganzes Leben lang Toni mit dem Krankenhaus würde teilen müssen. Und ein grenzenloser Stolz auf diese kleine Frau, ein Stolz darauf, so einen Schatz zu besitzen, jemand, der so geschätzt, geliebt und geachtet war.
    „Ja, Sie haben allen Grund, auf Ihre Frau stolz zu sein, Herr Löngard“, sagte Frau Torverud, als er mit dem Tee hereinkam, gerade als ob sie seine Gedanken gelesen hätte.
    „Wissen Sie, wie das ist, wenn die Probleme sich auftürmen, wenn alles unüberwindlich scheint, wenn man nervös wird und bitter und dumm und keinen zum Aussprechen hat? Die Ärzte sind ja eine Art von Halbgöttern, die sich nicht herablassen, mit einer armen Nummer von Patient zu reden. Die Schwestern haben keine Zeit, der Krankenhauspastor kommt, tut seine Pflicht und ist berufsmäßig tröstend, aber nicht alle können sich ihm anvertrauen, und da geht die Tür auf, und herein kommt ein Mädel, im weißen Kittel, die sieht so aus, daß man in gute Stimmung kommt, wenn sie sich bloß zeigt. Da ist keine strenge Schwesternhaube und keine berufsmäßige Arztmiene. Da steht ein roter Schopf in die Luft, und die Augen leuchten vor guter Laune, und dann setzt sich dieses Mädel ans Bett und sagt: ,Hören Sie mal, ich will nicht zudringlich sein, aber wenn Sie Rat oder Hilfe brauchen, dann seien Sie so gut, nach mir zu schicken. Ich heiße Frau Löngard und bin hier Kurator’, sagt sie. ,Das bedeutet, daß Sie mich nach allem fragen können, was Sie die Ärzte und Schwestern und den Priester nicht fragen können. Wollen Sie lieber, daß ich verschwinde, oder wollen Sie einen kleinen Schwatz mit mir haben?’
    Ja, so ist Ihre Frau, Herr Löngard. Sie sollten sie nur bei ihrer Arbeit sehen! Sie können glauben, die Patienten leben auf, wenn sie kommt. Und sie ist eine, die sich nie schont.
    Ja, nun habe ich wohl einen ganzen Vortrag gehalten, aber Sie verstehen, als ich den schlimmsten Tag meines Lebens

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