Denk an unsere Liebe
einen „Gutenachtkuß“ von Toni zu bekommen. Und er genoß den fernen Lärm aus der Küche. Das Geräusch des Sahneschlägers, das Geräusch des Zusammenkratzens, der Ofentür, die zugeschlagen wurde, lauter Dinge, die davon erzählten, daß Toni frischgebackene Kuchen zum Kaffee servieren würde. Eivind schlief nicht. Er lag mit geschlossenen Augen und dachte nach. Er machte sich klar, wie unendlich lieb er seine Frau hatte, er genoß bewußt jeden Augenblick dieses Tages. Er genoß es, wie sie da herumpusselte in ihrer geblümten Schürze, wie sie in der Küche arbeitete; er genoß ihre Stimme, wenn sie ihm bei Tisch etwas anbot, und wenn sie vom Essen sprach oder von den Blumen am Fenster, oder von seinen Kragen, die Berit etwas zu sehr gestärkt hatte.
Er würde es nie direkt zu Toni sagen, aber in seinem Innersten wünschte er brennend, daß sie ihre Krankenhausstellung bald aufgeben, Berit kündigen und ganz in ihrer Hausfrauenaufgabe aufgehen möge.
Ja, wäre sie nur eine Stenotypistin gewesen, dann hätte er sie darum bitten, es verlangen können. Da wäre das Problem so einfach zu lösen gewesen. Aber er hatte kein Recht, einen klugen und wertvollen Menschen von seiner Lebensaufgabe loszureißen.
„Zum Kuckuck!“ murmelte Eivind.
Und dann gab er sich eine kleine Weile seinem Lieblingsgedankenspiel hin. Er malte sich aus, wie es wäre, Toni ständig daheim zu haben, nicht darauf gespannt zu sein, ob sie zu Hause war, wenn er selbst aus der Bank kam. Sie nicht in diesem intelligenten und wissenden Ton über Fälle im Krankenhaus reden zu hören. Nun ja. Intelligent und wissend, ihre Stimme war nicht nur intelligent, die war auch voller Wärme und Mitgefühl und Verständnis. Ab und zu konnte er fast die Patienten beneiden, die Gegenstand all ihrer Wärme waren, all des klugen Interesses, während er selbst mit einer Art von freundlicher Kameradschaft und im übrigen mit der Fürsorge einer tüchtigen Hausgehilfin abgespeist wurde.
Nein, er hatte ja selbst gewählt. Er hatte es vorher gewußt. Aber es war trotzdem nicht so leicht.
Oft war es vorgekommen, daß er mit Toni über Dinge reden wollte, die ihn interessierten: Politik, Sport, Kunst, Reisen, aber er beherrschte sich und schwieg. Denn er merkte Toni an, daß ihre Gedanken weit weg waren. Er wußte, daß der eine oder andere Fall aus dem Krankenhaus sie beschäftigte.
Eivind war einsam, er gestand es sich widerstrebend ein. Einsam und – bescheiden. Denn für einen Tag wie diesen war er unendlich, geradezu unvernünftig dankbar. Und er dachte mit etwas Bitterkeit an andere Ehemänner, für die ein solcher Tag eine Selbstverständlichkeit war und nicht eine kostbare Gabe, die man mit demütiger Dankbarkeit entgegennahm.
Toni liebte ihn. Er wußte, daß sie ihn liebte. Aber angenommen, Toni hätte die Wahl zwischen ihm und ihrer Arbeit. Natürlich sollte er sich sicher fühlen, daß sie, ohne eine Sekunde zu zaudern, ihn wählen würde.
Aber – Eivind fühlte sich nicht sicher. Und gerade diese Unsicherheit, diese verletzte Eitelkeit, machte die Sehnsucht nach Toni noch stärker, machte das Begehren unverhältnismäßig stark. Er wollte sie ganz haben, alle ihre Gedanken, wollte das Zentrum ihres Daseins sein, der Mann in ihrem Leben, das natürliche Ziel ihrer Wünsche und Sehnsüchte…
Gewiß war sie tüchtig in ihrer Arbeit. Soviel wußte doch Eivind! Aber bezahlte sie es nicht zu teuer? Oder richtiger gesagt – bezahlte er es nicht zu teuer?
Soweit war Eivind in seinen Betrachtungen gekommen, als ihn der Duft von frischgemachtem Kaffee und frischgebackenem Kuchen erreichte. Und da stand Toni in der Tür, mit roten Wangen, vergnügt lächelnd, und platzte beinahe vor Stolz über den wohlgeglückten Kuchen.
„Du bist eine tüchtige Frau, ja, das bist du“, lächelte Eivind und langte nach dem dritten Stück Kuchen. „Was sollen wir heute abend machen? Ins Kino gehn? Ins Grandhotel hineinschauen? Wozu hast du Lust?“
Toni kam zum Diwan und kroch in Eivinds Armbeuge.
„Zu Hause bleiben! Den Kamin anzünden, eine Flasche Likör holen, nette Musik im Radio anhören und die Welt ihren schiefen Gang gehen lassen.“
„Großartig bist du!“
Er beugte sich über sie und streichelte das warme Gesichtchen, dann nahm er ihre Hände und küßte die Finger.
„Schau nicht meine Hände an, Eivind, die sehen scheußlich aus, es kommt von all den Wurzeln, die ich zum Rohkostsalat gerieben habe.“
„Ich finde, deine Hände sind nie so
Weitere Kostenlose Bücher