Denk doch, was du willst
Lebenslagen
Was soll das denn jetzt? Ich höre förmlich, wie Sie sich diese Frage stellen, nachdem Sie die Überschrift gelesen haben. Hier meine kurze Geschichte zur Erklärung.
Ich wurde vor einiger Zeit von Markus Lanz in seine Sendung eingeladen. Die Themen waren an diesem Tag unter anderen «Kartenlegen» und «Astrologie». Offen gestanden bin ich kein Experte auf diesen beiden Feldern. Ich kenne mich aber sehr gut mit Methoden aus, die mein Publikum glauben lassen, ich wüsste alles über mein Gegenüber und könnte seine Gedanken, seinen Charakter sowie seine Lebensumstände sehr genau beschreiben.
Genau das machen Astrologen und Kartenleger auch. Eins noch möchte ich, bevor Sie die Geschichte lesen, klarstellen: Ich habe gegen keine dieser Künste etwas einzuwenden. Sowohl Kartenlegen als auch Sternedeuten sind Themen, mit denen sich schon viele intelligente Menschen sehr ernsthaft und eingehend beschäftigt haben. Zum Beispiel in Indien, einem Land, in dem die Astrologie bereits eine sehr lange Tradition hat, gibt es eine sogenannte Palmblattbibliothek.
Sie stellt eines der letzten großen Mysterien des Landes dar. Die Legende besagt, dass medial besonders begabte Astrologen die persönlichen Schicksale und Lebensläufe von Millionen Menschen auf Palmblättern einst niederschrieben. Die Leben wurden aufgezeichnet, weil die prophetischen Mönche wussten, dass die betreffenden Seelen früher oder später in die Bibliothek zurückkommen würden. EinenHaken hat die Sache allerdings: Es gibt nur in Chennai noch eine Bibliothek, soweit man weiß. Dort muss man sich ein Jahr im Voraus anmelden, um sein Palmblatt einsehen zu können. Bei den anderen Palmblattbibliotheken gibt es keine Wartezeit – allerdings weiß kein Mensch, wo genau sie sich befinden …
Die Aufzeichnungen halten die früheren, jetzigen und späteren Leben der Menschen fest. Für die einen ist es echte Lebenshilfe, für die anderen reiner Klamauk. Was ich damit sagen will: Ich halte Vorträge und unterhalte Menschen. Dabei benutze ich Methoden, mit denen ich den Eindruck erwecke, ich könnte ihr Innerstes ergründen. Unter anderem verwende ich dabei eine besondere Methode, die ich Ihnen in diesem Kapitel vorstellen werde. Die hat mit Mystik nichts zu tun, sondern nur mit Psychologie. Das bedeutet aber nicht, dass es das Mystische nicht wirklich gibt. Es bedeutet nur, dass die Mystik in diesem Fall nicht bemüht wird. Das ist alles. Das ist keine Bewertung. Denn auch hier kommt es – wie immer – auf den Einzelfall an.
Auf der einen Seite gibt es unter den Esoterikern und Mystikern etliche Scheinheilige mit übersteigertem Selbstbewusstsein, auf der anderen Seite findet man unter ihnen auch aufgeklärte Wissenschaftler. Das bedeutet eigentlich nichts, außer dass überall Menschen mit zu großem Ego vorkommen.
Zurück zu meinem Versuch bei Markus Lanz. Ich hatte vor der Aufzeichnung der Sendung behauptet, ein sehr bekannter und anerkannter Sterndeuter zu sein und mit Hilfe des exakten Geburtsdatums eine genaue Charakteranalyse und daraus resultierend ein Horoskop für die betreffenden Personen erstellen zu können. Mein Angebot bestand darin,für sechs Teilnehmer ein solches Profil zu schreiben. Schon in der Sendung sollten sie es zu lesen bekommen. Sie mussten dann äußern, wie genau die Analyse sie beschreibe. Das Ergebnis war eindeutig: Auf einer Skala von eins bis zehn bekam ich von keinem weniger als sieben Punkte. Eine Dame dachte sogar, ich hätte in ihrem Fall einen Privatdetektiv beauftragt, weil nur so solch persönliche Einblicke gelingen würden.
Der Schauspieler Armin Rohde war auch in der Sendung und bekam ebenfalls sein Horoskop. Er zitierte eine Passage, die – wie er betonte – zu einhundert Prozent sein Innerstes beschrieb. Es war also ein voller Erfolg. Aber Sie ahnen vielleicht schon, wie die Auflösung ausfällt. Ich bat jetzt die Beteiligten, ihre Horoskope untereinander auszutauschen und erneut zu lesen: Alle hatten exakt denselben Text bekommen.
Dieser Test ist unter dem Namen «Forer Experiment» bekannt geworden. Falls Sie mehr über Forers Arbeit wissen wollen: In «Ich weiß, was du denkst» habe ich das Phänomen bereits vorgestellt. Natürlich fragen Sie sich jetzt: Was war das für ein Test? Den genauen Wortlaut möchte ich hier nicht abdrucken, um ein wenig von dem Geheimnis zu bewahren. Vielleicht versuchen Sie es einfach selbst mal. Ich möchte hier ausschließlich beschreiben, wie ich beim
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