Denk doch, was du willst
Kinderlähmung und konnte mit seinen Methoden sein eigenes Leiden mittels Selbsthypnose lindern. Seine Herangehensweise war vollkommen neu. Statt als autoritärer und mystischer Hypnotiseur aufzutreten, nahm er sich als Person zurück und stellte nicht sich, sondern seine Patienten in den Mittelpunkt. Gerade dadurch machte er die Hypnotherapie reif für die Moderne und erhielt einen Status und eine Anhängerschaft, die Mesmer – trotz seiner violetten Anzüge – sehr blass werden ließ. Nun können wir uns dem praktischeren Teil des Phänomens zuwenden und uns damit beschäftigen, was die Hypnose mit uns macht.
Wie geht das, in Tiefschlaf versetzen?
Ich wurde schon in sehr vielen meiner Radio- und Fernsehinterviews gebeten, einen Menschen live in Trance zu versetzen. Ich habe mich stets geweigert, dies zu tun. Ich tat es hauptsächlich, weil ich wusste, dass die von mir ausgesprochenenWorte nicht nur den jeweiligen Zuschauer im Raum erreichen, sondern auch die, die sonst wo zuhören oder zuschauen. Ich hatte einmal in einer Sendung jemanden hypnotisiert. Als ich meine Worte ausgesprochen hatte, war nicht nur der Zuschauer in Trance, sondern auch der Toningenieur, der meinen Beitrag per Kopfhörer mitverfolgt hatte. Es wäre folglich hochgradig leichtsinnig und unmoralisch, einen Menschen unkontrolliert zu hypnotisieren, ohne sicherzustellen, wen man mit der Hypnose erreicht. Bei einer Livesendung würden wahrscheinlich auch Hunderte von Autofahrern auf mein Kommando einschlafen, sobald ich so was im Radio machen würde. Das hätte zwar eine große Schlagzeile zu Folge, aber dies ist eine Form von PR, die ich nicht suche.
Genauso wenig übrigens, wie ich die Aufmerksamkeit über das RT L-Dschungelcamp auf mich ziehen möchte. Der Sender hatte bei mir nachgefragt, ob ich mitreisen möchte. Dort könnte ich Tierhoden essen, Elektroschocks bekommen, sei mit abgerutschten Promis eingesperrt und würde rund um die Uhr beobachtet. Na ja, das alles ist zwar ein sehr aufregendes psychologisches Experiment – ich nehme aber lieber mit einem Glas Single Malt in meinem Wohnzimmer daran teil. Das Ganze kommt mir eher vor wie eine Mischung aus den Sendungen «Lost» und «Teletubbies». Darum lehne ich so etwas stets ab.
Unvorstellbar, bei einem Fernsehauftritt wären noch mehr Menschen gefährdet, aus Versehen in Trance zu fallen. Bei mittelmäßigen Bedingungen sind bei einer Sendung eine Million Zuschauer dabei – und das wäre noch eine sehr schlechte Quote. Es wären buchstäblich Hunderttausende gefährdet, mithypnotisiert zu werden. Eine gewaltigeMenge und gigantische Reichweite für eine hypnotische Manipulation. Selbst wenn von dieser großen Zahl nur eine Handvoll Menschen ganz auf die Manipulationen ansprechen würde, wäre die Gefahr, die davon ausginge, immens. Wissen Sie, lieber Leser, zu hundert Prozent, dass Sie nicht dazugehören würden?
Eine der perfidesten Manipulationen wäre ein sogenannter posthypnotischer Befehl. Das sind Anweisungen, die dem Zuschauer während der Hypnose mit der Aufforderung gegeben werden, sie erst zu einem späteren Zeitpunkt auszuführen. Ich erinnere mich an eine Hypnoseshow, die ich einmal in einem Freizeitpark gesehen habe. Dort wurde den Zuschauern auf der Bühne befohlen, bei dem Wort «super» sofort wieder in den hypnotischen Zustand, die Trance, zurückzufallen. Dieser Befehl wurde vom Hypnotiseur nicht wieder rückgängig gemacht. Zufällig stand ich zirka eine Stunde später direkt hinter einem der hypnotisierten Zuschauer in der Warteschlange für die Achterbahn. Er unterhielt sich mit seiner Freundin und sagte sinngemäß: «Hast du eigentlich kein mulmiges Gefühl vor der Fahrt?» Die Freundin sagte: «Nein, ich glaube, das wird super …!» Und ruck, zuck befand sich ihr Freund wieder in Trance und war nicht mehr ansprechbar. Die Dame an der Kasse wählte sofort auswendig (!) die Nummer des Hypnotiseurs. Der kam auch umgehend und weckte den jungen Mann wieder auf. Der Befehl wurde erst dann gelöscht. Die Kassiererin meinte, das sei jetzt schon das dritte Mal in dieser Woche passiert!
Was genau ist denn da schon das dritte Mal in einer Woche geschehen? Nun, eine Definition steht in Kurt Tepperweins Buch «Die hohe Schule der Hypnose». Demzufolgeist Hypnose nach Dr. L. Chertok ein «vorübergehender Zustand veränderter Aufmerksamkeit beim Patienten, ein Zustand, in dem verschiedene Phänomene spontan oder als Reaktion auf verbale und andere Reize
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