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Denk doch, was du willst

Denk doch, was du willst

Titel: Denk doch, was du willst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Havener
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– mit bis zu dreihundert Volt. Selbst als der Schüler nicht mehr antwortet, befiehlt der Professor, die ausbleibende Antwort als Fehler zu werten und mit den Elektroschocks weiterzumachen. Bis zum bitteren Ende   …
    Diese grausame Studie wurde genau so durchgeführt. In Wirklichkeit ging es auch nicht darum, das Lernverhalten zu überprüfen. Es ging darum, die Macht von Autoritäten zu untersuchen. Was tun Menschen einer unschuldigen Person an, wie weit gehen sie, wenn sie im Auftrag einer Autorität handeln? Das Ergebnis war extrem beunruhigend:Denn der Schüler hatte in Wirklichkeit keine Elektroschocks bekommen. Es war nur ein Schauspieler gewesen, der das vorspielte. Eigentlich wurde ja auch der Lehrer getestet – die Person, die die Elektroschocks auf Anordnung des Professors verabreichte.
    Das Ergebnis: Zwei Drittel der Testpersonen erfüllten ihren Auftrag – gnadenlos, bis zum bitteren Ende. Nur ein Drittel zeigte Mitgefühl und weigerte sich ab einem bestimmten Zeitpunkt, dem vermeintlichen Schüler weitere Stromstöße zu verabreichen. Die Studie wurde zudem mit Durchschnittsbürgern durchgeführt, die niemals in ihrem Leben vorher durch irgendetwas Gewalttätiges aufgefallen waren. «Das wichtigste Ergebnis der Untersuchung besteht darin zu erkennen, wie groß die Bereitschaft von Erwachsenen ist, fast alles zu tun, was eine Autorität von ihnen verlangt» . (Milgram, 1974).
    Ursprünglich hatte Milgram untersuchen wollen, wie es möglich war, dass in Deutschland so viele Menschen den grauenhaften Befehlen der Nationalsozialisten gehorcht hatten. Er wollte ihren Grad des Gehorsams überprüfen und nachvollziehbar machen. Nachdem er allerdings die Studie zunächst in Yale durchgeführt hatte, kam er zu der Ansicht, sich den Flug nach Deutschland sparen zu können. In Amerika gehorchten die Teilnehmer so bedingungslos, dass Milgram es für überflüssig hielt, seine Erkenntnisse nochmals in Deutschland zu untermauern.
    Kurz gesagt: Alles, was von einer Autorität gefordert wird, wird von uns ernst genommen, und dem folgen wir. Das liegt daran, dass wir von Kindesbeinen an schon dazu angehalten wurden zu gehorchen: Hör auf deine Mama, deinen Papa, deine Oma, deinen Opa, deinen Lehrer   … Aufdiese Weise läuft in unserem Kopf sofort eine Konditionierung ab, sobald wir einer vermeintlichen Autorität gegenüberstehen. Dieser Mechanismus ist natürlich für das Funktionieren einer Gesellschaft wichtig. Bis zu einem gewissen Punkt. In Notfällen etwa kann es sehr sinnvoll sein, den Verantwortlichen zu folgen.
    Grausam wird es ab dem Moment, in dem die Autorität Schlechtes im Schilde führt: Kirchenmänner oder Lehrer nutzen ihre Autorität aus, missbrauchen Kinder und versuchen dann auch noch, ihre Taten zu vertuschen. Minister schmücken sich mit falschen Doktortiteln, und Hochstapler ziehen sich einen weißen Kittel an und operieren ohne Approbation am offenen Herzen. Die Macht der Autoritäten, auch der schlechten, ist omnipräsent. Und so kommt es zu den bizarrsten Situationen.
    Untersuchungen in Krankenhäusern zum Beispiel haben gezeigt, dass das Pflegepersonal den Anweisungen des Oberarztes auch dann Folge leistet, wenn es weiß, dass die Anordnung falsch ist. So wurden sogar schon unverantwortliche Dosen von Medikamenten verabreicht und, in einem sehr skurrilen Fall, Augentropfen einem Patienten in sein Hinterteil getropft, nur weil der Chefarzt es angeblich so wollte. Dieser Fall ging unter dem Namen «Rektale Ohrenschmerzen» in die Medizingeschichte ein.
    Goethe gefährdet Ihre Gesundheit
    Das geht und ist eine korrekte Aussage, wie Johann Wolfgang von Goethe selbst schon 1774 beweisen konnte: In seinem Buch «Quirkology» beschreibt der Autor Richard Wiseman die Wirkung des Romans «Die Leiden des jungenWerthers» auf die Gesellschaft zur Zeit des großen Dichters.
    Es geht in dem Schüsselwerk der Sturm-und-Drang-Periode um einen jungen Mann, der sich in eine Frau verliebt, die allerdings bereits einem anderen versprochen wurde. Werther liebt sie aber so sehr, dass er sich das Leben nimmt, denn er weiß: Ihre Liebe wird nie eine Chance haben. Das Buch wurde nach dem Erscheinen zu einem riesigen Erfolg. Es ist so mitreißend geschrieben, dass sich nach der Lektüre reihenweise unglücklich verliebte Jünglinge das Leben nahmen. Schließlich begingen so viele junge Menschen im Überschwang der Gefühle Selbstmord, dass das Werk verboten wurde.
    In der Wissenschaft wird das Phänomen

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