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Denkanstöße 2013

Denkanstöße 2013

Titel: Denkanstöße 2013 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabella Nelte
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unseres Aufenthalts war sie zu Tränen gerührt, dass in ihrem Land eine so friedliche Zufluchtsstätte existieren konnte. Doch die Geschichte von Gaviotas berührte offensichtlich auch eine grundlegende Sehnsucht in meinem eigenen Erste-Welt-Land: Bis zum heutigen Tag höre ich von Menschen, die meine NPR-Dokumentation verfolgt haben, oder von Lesern eines nachfolgenden Artikels im Los Angeles Times Magazine, dass sie sich wünschen, sie könnten in Gaviotas leben oder in den Vereinigten Staaten ihr eigenes Gaviotas gründen.
    Ich bin inzwischen zweimal nach Gaviotas zurückgekehrt, das erste Mal über Land, das zweite Mal im August 1996 in Pepe Gómez’ alter einmotoriger Piper Dakota, die nun einem benachbarten Farmer gehört. Dieser Flug war ratsam, weil ein Großteil der Straßen während dieser Zeit sintflutartiger Regenfälle überschwemmt war und teilweise – vor allem die Strecke über die Anden zwischen Bogotá und Villavicencio – von der Guerilla kontrolliert wurde. Seit dieser Zeit hat sich an Kolumbiens schmerzlicher politischer Situation nichts geändert; dennoch entwickelt Gaviotas sich weiter. Der Heizkessel der Harzfabrik, der mit Ausschussholz aus dem eigenen Wald betrieben wird, wurde erfolgreich so eingestellt, dass kein sichtbarer Rauch entweicht. Der dampfbetriebene 2-Zylinder-Motor, der inzwischen installiert ist, erweist sich als so effektiv, dass die Dieselanlage, die lange Zeit die 10-Kilowatt-Mikrowasserturbinen unterstützt hat, endlich entsorgt werden konnte, sodass Gaviotas jetzt energieautark ist. Als Folge wurde Gaviotas 1977 von ZERI, der United Nations’ Zero Emissions Research Initiative, mit dem Preis für Nullemission ausgezeichnet.
    Im selben Jahr deklarierte Gaviotas einen Teil seiner Savanne zum Schutzgebiet für essbare Ameisen, nachdem die Populationen dieser Sechsbeiner, eine einzigartige kolumbianische Delikatesse, aufgrund der landesweit ständig größer werdenden Nachfrage immer stärker zurückgingen.
    Ein überraschender Schritt hin zu vollständiger Zukunftsfähigkeit waren der Verkauf der Rinderherde und der Einsatz neuer Techniken zur Aufzucht von Kaninchen, Hühnern und Fisch. Diese Systeme, die effektiver sind als die Technologien, die Gaviotas zur Verfügung standen, als das Friedenskorps noch dort weilte, werden von Gavioteros als private Unternehmen geführt werden, und zwar in der Hoffnung, zusammen mit ihrer Forstwirtschafts- und Harzindustrie zu einer gesunden ökonomischen Mischung zu gelangen. »Es veranschaulicht auch unsere Erkenntnis«, sagte mir Paolo Lugari, »dass zu viel rotes Fleisch schlecht für uns ist, dass zu viele Kuhweiden schlecht für die Umwelt sind und dass zu viel hamburgerización schlecht für die Welt ist.«
    Die Welt: Sie hat es weit gebracht, seit meine Freundschaft mit einer kolumbianischen Journalistin, die für die Sowjets arbeitete, dazu führte, dass ihre Kollegen sie davon zu überzeugen versuchten, ich sei ein CIA-Agent, und die US-Botschaft mich davor warnte, mit kommunistischen Spionen zu verkehren. Doch das Abklingen des Kalten Kriegs hat deutlich gemacht, dass in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts ein viel glühenderer und langwierigerer Krieg – ein potenziell apokalyptischer Krieg um Ressourcen – still und heimlich an Intensität zugenommen hat. Trotz anhaltender Bemühungen, die menschliche Weisheit und den menschlichen Willen zur Verteidigung von Natur und Vernunft zu mobilisieren, haben wir noch immer nicht die Flammen gelöscht, die unsere Wälder verschlingen, oder die Gier gedämpft, die unsere Exzesse schürt.
    Doch ein Ort wie Gaviotas legt Zeugnis davon ab, dass wir durchaus in der Lage sind, unsere Sache gut zu machen, selbst angesichts von scheinbar unüberwindlichen Hindernissen. Mit diesen Seiten bin ich zu der Quelle der Inspiration zurückgekehrt, die Gaviotas verkörpert, um selbst wieder Hoffnung zu tanken. Mögen unsere Gedanken immer wieder dorthin reisen, um mit dieser Hoffnung nach Hause zurückzukehren und sie hinaus in die Welt zu tragen.
10 Jahre später
    Die neu gepflanzten Palmen, nur ein Dutzend, waren etwa 1,20 Meter hoch: eine einzelne Reihe grüner gefiederter Palmwedel in einem Abstand von je 90 Zentimetern. Bis jetzt sah das Ganze noch nicht sehr beeindruckend aus, doch Paolo Lugari strahlte, als er herbeihüpfte, um sie

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