Denkanstöße 2013
gebraucht«, konstatierte Paolo trocken.
Und Flexibilität â eine Eigenschaft, die die Gavioteros glücklicherweise auszeichnete. Deswegen die Biodieselanlage: eine Ansammlung von 5000-Liter-Fässern, Rohren und verzinkten Tanks, die ich mir in Bogotá angesehen hatte, bevor wir eine einmotorige Cessna nach Gaviotas bestiegen. In dieser Anlage wurde hochwertiger Biodiesel aus Palmöl hergestellt, das man von lokalen Erzeugern bezog â ein Erfolg, der wie so viele andere Experimente, die Gaviotas im Lauf der Jahre durchgeführt hatte, zwar beeindruckend, aber nicht unbedingt profitabel war.
Lugari schüttelte den Kopf und kicherte. »Als die Gruppe aus Colorado kam, war das Rohpalmöl noch für 450 Dollar pro Tonne zu bekommen. Doch dann entdeckte die Welt, dass gehärtete Ãle ungesund sind.« Plötzlich begann die Lebensmittelverarbeitungsindustrie in riesigen Mengen Palmöl zu kaufen. »In den letzten drei Jahren hat sich der Preis für Speisepalmöl fast verdreifacht. Wirtschaftlich gesehen, macht es keinen Sinn, es zu Biodiesel zu verarbeiten.«
Angesichts der verheerenden Folgen von Kohlendioxid für die Atmosphäre würde Biodiesel aus Palmen, die an Orten wuchsen, an denen normalerweise nichts wuchs, aber vielleicht doch Sinn machen, meinten Paolo und Otoniel â vor allem in einer Welt, in der Benzin täglich teurer wurde. Wie um diesem Punkt Nachdruck zu verleihen, kam plötzlich ein grauhaariger Pompilio Arciniegas â der Regierungsförster, der, wie ich zu meiner Freude feststellte, Gaviotas nie verlassen hatte â auf einem Motorroller angefahren.
»Ich dachte, hier seien nur Fahrräder erlaubt«, sagte ich, als wir uns die Hand schüttelten.
»Nicht mehr möglich bei einer so groÃen Baumplantage«, erwiderte Pompilio.
Sie hatten aus dünnen, mit Spanndraht gesicherten Stahlgittern mehrere leichte Feuerwachtürme gebaut, die ständig besetzt waren. Doch in einem Wald dieser GröÃe bei einem Alarm mit Fahrrädern loszuziehen, wäre selbstmörderisch.
»Gaviotasâ bei Weitem gröÃter Erfolg in den letzten zehn Jahren besteht darin, Tausende von Hektar vor dem Abbrennen zu bewahren, die reinen Brennstoff liefern«, sagte Paolo.
Nicht nur zur Feuerbekämpfung waren Kraftstoff verbrauchende Arbeitsgeräte nötig. Gaviotas hatte überlebt, weil es eine agroindustrielle Kooperative geworden war, was bedeutete, dass sie auf Traktoren, Mulcher, Pflüge und Ackerfräsen angewiesen waren. Ihre Biodieselfabrik in Bogotá konnte ausreichende Mengen für den Betrieb all dieser Geräte produzieren. Doch statt weiterhin teures Rohpalmöl zu kaufen und zu raffinieren, könnten sie â so hatten sie ausgerechnet â in wenigen Jahren ihr eigenes produzieren, wenn sie auf dreiÃig Hektar Land schnell wachsende Afrikanische Palmen in dem fruchtbaren Boden zwischen ihren Kiefernreihen anpflanzten. »Wir werden in puncto Kraftstoff völlig autark sein â autark und umweltfreundlich«, sagte Paolo. »Und wir werden genug Ãl zum Kochen übrig haben.«
Es war ein ehrgeiziger Plan, der bereits einen noch gröÃeren nach sich gezogen hatte. ZERI â eben dieselbe Zero Emissions Research and Initiative genannte internationale Stiftung, die Gaviotas 1997 den Preis für saubere Energie verliehen hatte â war an die kolumbianische Regierung herangetreten. Allein im Vichada und der Nachbarprovinz Meta gab es Millionen Hektar unbebauten Lands ähnlich dem, das Gaviotas umgab. Warum baute man dort nicht Kiefern und Palmen an und lieà die Natur hinzufügen, was immer ihr beliebte, um Kohlendioxid aufzufangen und sauberen Biodiesel für das gesamte Land zu produzieren?
Die Regierung zeigte sich interessiert. Schon bald wurde der ZERI-Gründer Gunter Pauli, der als junger Mann den Gründer des Club of Rome, Aurelio Peccei, nach Gaviotas begleitet hatte, samt seinem Mitarbeiterstab und einigen wichtigen Gästen von der kolumbianischen Luftwaffe dorthin geflogen, um zu begutachten, was die Gemeinde erreicht hatte. Von Gaviotas aus reiste die Delegation nach Marandúa, dem 70000 Hektar umfassenden militärischen Schutzgebiet am RÃo Tomo auf halbem Weg zur venezolanischen Grenze, wo der ehemalige kolumbianische Präsident Betancur einen Gaviotas-Wald in groÃem MaÃstab hatte anpflanzen wollen, um
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