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Denkanstöße 2013

Denkanstöße 2013

Titel: Denkanstöße 2013 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabella Nelte
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Guerillaführer mitnahmen auf eine Reise durch eine unvergleichliche biologische Pracht, die nur durch Kokafelder unterbrochen wurde – und durch einen plötzlichen Überfall des Militärs, bei dem die Mehrzahl eines vierzigköpfigen FARC-Kommandos ausgelöscht wurde, nur Minuten bevor wir uns mit ihm treffen sollten. Meinen letzten Blick von der Serranía de la Macarena erhaschte ich, als ich, über die Schulter blickend, vor aus Hubschraubern feuernden MG-Schützen und Schwadronen von T-33-Bombern der kolumbianischen Luftwaffe davonrannte, die ein weiteres Stück des Paradieses in Schutt und Asche legten.
    Schon bald nachdem ich meinen Bericht abgegeben hatte, flog ich nach Hause. »Eines Tages«, sagte die Journalistin, deren Verbindungen mir diesen flüchtigen Eindruck von der Schönheit und dem Leid der Macarena ermöglicht hatten, »musst du zurückkehren und über die hiesige Umwelt eine Geschichte schreiben, die Anlass zu Hoffnung gibt.« Noch immer erschüttert von dem, was ich gerade miterlebt hatte, konnte ich mir nicht vorstellen, welche Hoffnung ich in diesem gequälten Land entdecken sollte. Dann erzählte sie mir von einer bemerkenswerten Gemeinde, die seit Jahren die Kämpfe um sie herum ignoriere und an einem völlig ungewöhnlichen Ort gedeihe: den kargen llanos im Osten Kolumbiens. Die Gemeinde hieß Gaviotas.
    Ich erinnerte mich wieder an den Namen: Während meines Forschungsaufenthalts war ich eines Tages Technikern begegnet, deren Kappen das grün-gelbe Gaviotas-Logo trugen. Sie verwandelten Dächer in einem Bogotáer Slum in blühende Hydrokulturgärten. Jahre sollten vergehen, bevor ich sie wiedersah. Von 1990 bis 1992 produzierte ich zusammen mit drei anderen Journalisten eine 23-teilige Serie für National Public Radio, die dokumentierte, wie der sogenannte Fortschritt traditionelle Kulturen in gefährdete Arten verwandelte, oft, indem er ihnen sprichwörtlich den Boden unter den Füßen wegzog. Unsere Serie, Vanishing Homelands, die in einem Dutzend Entwicklungsländer aufgenommen wurde, beschrieb die Bedrohung, die die Menschheit nun für ihren eigenen Lebensraum darstellte. Sie endete damit, dass ich das antarktische Ozonloch betrachtete und darüber nachdachte, ob nun der gesamte Planet – unser aller Heimat – in Gefahr sei.
    Diese ernüchternden Berichte führten zu Searching for Solutions, einer Radioserie, die mögliche Gegenmittel gegen die Leiden dieser Erde untersuchte. In den nächsten zwei Jahren dokumentierten wir an Orten wie Brasilien, Indien, Europa, dem Mittleren Osten und zu Hause in den Vereinigten Staaten Versuche, genug Nahrungsmittel und Strom für die ärmeren Bevölkerungsschichten zu produzieren – und das Wachstum dieser Bevölkerungen auf humane Weise zu kontrollieren –, ohne dabei Natur und Kultur zu opfern. Vor allem fanden wir heraus, wie schwierig die Lösungen sein werden. Doch als ermutigendste Sendung der Serie erwies sich diejenige, die ich – ausgerechnet – aus Kolumbien mitgebracht hatte.
    Um diese Geschichte zu bekommen, war ich im Februar 1994 in einem Daihatsu-Jeep von Bogotá nach Gaviotas gereist. Die Fahrt dauerte einschließlich der Verzögerungen durch offizielle Straßensperren und durch Lastwagen voller Bewaffneter, deren Zugehörigkeit sich nicht so leicht einordnen ließ, sechzehn Stunden. Die Leibesvisitationen und Durchsuchungen des Wagens waren angesichts des unglaublichen Gerumpels über einen Highway, den es als solchen nie gegeben hatte, geradezu eine Erleichterung. Aufgrund der Trockenzeit – die Straße ist während des restlichen Jahres oft unbefahrbar – war ich so über und über mit pulvrigem Lehm bedeckt, dass ein Sergeant bezweifelte, ob ich auch wirklich die Person auf dem Passfoto sei.
    Auf dieser Reise begleitete mich meine Journalistenfreundin aus Bogotá, die früher für die Nachrichtenagentur der ehemaligen Sowjetunion gearbeitet hatte. Ich reiste nach Gaviotas, um nachhaltige Technologie zu sehen, geschaffen in der und für die Dritte Welt. Das Interesse meiner Begleiterin, die hatte miterleben müssen, wie Angehörige und Kollegen ermordet worden waren, galt vor allem Gaviotas’ Ruf als Insel der Hoffnung inmitten von Kolumbiens anhaltender Tragödie. Wir vermuteten, dass es eine Verbindung geben könne.
    Während

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