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Denkanstöße 2013

Denkanstöße 2013

Titel: Denkanstöße 2013 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabella Nelte
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was?«
    Â»Es sei denn, wir lernen, aus erneuerbarem Palmöl biologisch abbaubares Plastik herzustellen.«
    Â»Ist das geplant?«
    Â»Geplant ist, das zu versuchen«, sagte er. »Hör mal, wenn du fünfundzwanzig Jahre lang täglich zwei Flaschen von diesem Wasser trinken würdest, würdest du mit dem Geld, das du dafür ausgibst, die Regeneration von neun Hektar Wald unterstützen, die wiederum 165 Tonnen Kohlendioxid absorbieren. Selbst wenn wir die Flaschen nicht aus Palmöl herstellen können, werden die Nachteile durch all die Bäume, die wir anpflanzen, tausendmal aufgewogen.«
    Schon möglich. Zumindest war klar, dass der Verkauf von Gourmetwasser für Gaviotas bei dem Versuch, auf einer zunehmend unsicheren globalen Bühne zu überleben und sogar zu gedeihen – und zwar nachhaltig –, ein finanzieller Glücksfall sein könnte. Zum Glück wurden wir an diesem Punkt von Teresa Valencia, la profesora, unterbrochen, die uns zum Mittagessen holen wollte.
    Eine üppige Weichholzaue spendete Schatten auf der Straße, die ins Zentrum von Gaviotas führte. Grüne Papageien und Safranammern schwirrten durch eine Luft, die vor Feuchtigkeit geradezu stand – ein Zeichen dafür, dass es bald regnen würde. Neben der kleinen Brücke über den Caño Urimica badeten zwei Gavioteros ihren kleinen Sohn in dem flachen Bach. In der Nähe standen zwei Pfeifreiher, deren lange Hälse sich wie Periskope drehten, als wir vorbeikamen. Irgendwo hoch oben im Baumkronendach hörte ich Affen herumhüpfen.
    Alonso Gutiérrez, so erzählte Teresa mir, war nach wie vor in der Kaffeeindustrie tätig, kam aber nach Gaviotas, wann immer die Arbeit ihm dies erlaubte. Manchmal trafen sie sich in Villavicencio, wo ihre Tochter Natalia nun zur Sekundarschule ging.
    Â»Sie war noch ein Baby …«
    Â»Ich weiß. Ich wünschte, du könntest sie sehen. Sie ist eine echte gaviotera. «
    Â»Wie ihre Mutter.«
    Als Juan David Bernals wiederkehrende gesundheitliche Probleme seine Familie vor ein paar Jahren zwangen, nach Bogotá zurückzukehren, schien es nur logisch, dass Teresa Gonzalos Posten als Koordinator übernahm – obwohl Gaviotas, wie sie mir erklärte, eigentlich gar keinen Koordinator nötig hatte. Jeder wusste, was getan werden musste, und jeder tat seine Arbeit. Man hatte ihr jedoch viele Verwaltungsaufgaben übertragen, und aus Cartagena war eine neue Lehrerin als Leiterin der Grundschule gekommen. Teresa unterrichtete aber noch, und beim Mittagessen scharte sich ein Dutzend Kinder um sie, um von den Kunstprojekten an diesem Morgen zu berichten.
    Wir aßen Fischsalat aus einheimischem cachama, einer Salmlerart, die Gaviotas nun in seinen eigenen Teichen züchtete. Ich war überrascht, dass das Gemüse nicht länger in Hydrokulturgärten angepflanzt wurde. Während der schlimmsten Unruhen der jüngsten Zeit, die Kolumbiens Finanzsystem ins Taumeln gebracht hatten, hatten die Gavioteros beschlossen, die Kosten für Hydrokulturnährstoffe einzusparen. Stattdessen kauften sie Salat, Karotten, Tomaten und Lauch von Nachbarn, die gelernt hatten, sie den Savannenböden abzutrotzen, indem sie diese mit Küchenasche sowie Hühner- und Schweinemist düngten.
    Es war schwer, sich Gaviotas ohne eine Hydrokulturgärtnerei vorzustellen, und offensichtlich war ich nicht der Einzige, dem es so erging. Jeder vermisste es, Spinat, Radieschen, Koriander, Zwiebeln und Rote Bete zur Verfügung zu haben, die in den lokalen Gartenbaubetrieben nicht sonderlich gut gediehen. »Wir werden wieder zur Hydrokultur zurückkehren, sobald unsere neuen Produkte Geld einbringen«, sagte Paolo. »Wir sind dabei, die organische Hydrokultur zu erforschen, für die man keine künstlichen Chemikalien braucht. Wenn wir den Boden in unserem Wald urbar machen können, warum sollte es uns dann nicht gelingen, unsere eigenen Nährstoffe herzustellen? Auch diese Technologie können wir dann an unsere Nachbarn weitergeben.«
    Ich hatte gelernt, jede Idee, die in Gaviotas angedacht wurde, ernst zu nehmen, egal, wie unmöglich ihre Realisierung erschien. Selbst Ideen, deren Umsetzung misslang, führten oft zu etwas, das funktionierte. Auf dem Rasen vor dem Gemeindezentrum zeigte Pompilio mir die neueste Erfindung, mit der sie den Wunsch eines Nachbarn nach einer wirklich preisgünstigen

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