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Denkanstöße 2013

Denkanstöße 2013

Titel: Denkanstöße 2013 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabella Nelte
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Tausende aus den überfüllten Städten des Landes vertriebene Kolumbianer dort anzusiedeln und für sie in einer neuen kolumbianischen Hauptstadt der Savanne Arbeitsplätze zu schaffen.
    Ob dieser Traum in einem politisch so komplexen Land wie Kolumbien dieses Mal verwirklicht werden wird, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, nicht zuletzt davon, die Finanzierung für das zu sichern, was das größte Nachhaltigkeitsprojekt der Welt sein könnte. Doch allein die Tatsache, dass dieser Traum nicht gestorben war, als entsetzliche nationale Ereignisse vor zwanzig Jahren seine Realisierung verhinderten, machte mir Mut. Und das, was Paolo Lugari mir als Nächstes zeigte, bestätigte, dass in Gaviotas Träume, an denen man lange genug festhält, schließlich Wirklichkeit werden können.
    Â»Ich werd verrückt. Ihr habt es wirklich geschafft.«
    Wir betraten ein großes Parabolzelt, eine Art Wellblechhütte direkt neben der Harzfabrik von Gaviotas. Drinnen stand, festgezurrt mit Nylonseilen, die größte Silberkugel, die ich je gesehen hatte. Gaviotas besaß endlich sein Luftschiff.
    Â»Gefällt es dir? Wir haben es selbst gebaut, ohne technische Hilfe.«
    Das glatte, glänzende, knapp zwanzig Meter lange und dreieinhalb Meter breite Luftschiff war hergestellt aus Mylar, Polyurethan und Polyäthylen, die man mit Fördermitteln der Vereinten Nationen und der kolumbianischen Regierung in Höhe von 50000 Dollar gekauft hatte. Es diente jedoch nicht dem Zweck, für den es ursprünglich gedacht war – einem Benzin sparenden Transport von Kiefernharz über die llanos mit einem Luftfahrzeug, das leichter als Luft war.
    Â»Uns war nicht klar, welche Kosten und technischen Schwierigkeiten mit dem Bau eines Luftschiffs verbunden sein würden, das groß genug war, um so viel Fracht samt einer Crew zu befördern.« Dieses hier, per Fernbedienung betrieben, hatte nur eine Infrarotvideokamera an Bord, die Hot Spots im Wald überwachte, bevor sie zu Waldbränden wurden. Von oben konnte es 4000 Hektar auf einmal erfassen.
    Die Idee, Wasserstoff aus Wasser zu gewinnen, um das Luftschiff damit zu füllen, war ebenfalls im Keim erstickt worden, als die Wetterstation der Regierung, die einst in Gaviotas Wetterballons hatte steigen lassen, verlegt wurde und damit auch kein Elektrolyseur mehr zur Verfügung stand. »Wir verwenden Helium. Vielleicht finden wir eines Tages heraus, wie wir es mithilfe von Fabrikabgasen mit heißer Luft füllen können.«
    Wir hatten schon die mit Ausschussholz aus dem Wald von Gaviotas befeuerte Kraft-Wärme-Kopplungsanlage besichtigt: Sie sorgte für die Hitze zur Verarbeitung des Kiefernharzes und trieb mittels Dampf eine Turbine an, die das ganze Dorf mit Strom versorgte. Die Harzfabrik wurde noch immer von Hernán Landaeta geleitet; er beschäftigte ein Dutzend Männer, die gerade Paletten mit Säcken, voll mit aromatisch duftendem, frisch geerntetem Kiefernharz, transportierten. Hernán führte mich weiter zu einer neuen Gaviotas-Erfindung.
    Es handelte sich um eine röhrenförmige Stahlsäule, die, wie Landaeta erklärte, ähnlich wie eine Öl-Destillationssäule funktionierte. Doch statt das Rohöl in seine verschiedenen Bestandteile von Teer bis zu Benzin und Gas zu zerlegen, trennte diese Säule das raffinierte Kiefernharz in achtzehn neue mögliche Produkte, angefangen bei einem Grundstoff für Kaugummi bis hin zu hochwertigem Gaviotas-Kolophonium und einem Kiefernöl-Desinfektionsmittel.
    Diese neuen Produkte waren aus einem Gebot der Stunde entstanden. Bis 2007 hatte die kolumbianische Farbenindustrie fast die gesamte jährliche Harzernte der Gavioteros gekauft. Dann drängte China in der für dieses Land typischen Art mit aller Macht in den Markt: mit 500000 Tonnen Harz aus Kiefernwäldern in seinem ländlichen Westen, der in letzter Zeit von Beijing subventioniert wurde, damit er sich dem atemberaubenden Entwicklungstempo der östlichen Provinzen anpassen konnte. Das chinesische Produkt war zwar nicht ganz so hochwertig wie das Gaviotas-Kolophonium, doch seine Qualität reichte aus für die Farbherstellung, und es ließ die Preise in den Keller sacken.
    Â»Deswegen mussten wir unser Geschäft ausweiten«, erklärte Paolo und hielt zärtlich einen Glaskolben mit Kiefernöl-Bodenreiniger zwischen den dicken Fingern. »Wir

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