Denkanstöße 2013
Pumpe erfüllt hatten, die oberflächennahes Grundwasser für seinen Garten anzapfen konnte. Sie hatten ein PVC-Rohr mit einem Durchmesser von vierundzwanzig Zentimetern vier Meter tief in die Erde gelegt und einen Hebel angebracht, der eine Klappe an dem Rohrende über der Erde hob und wieder schloss. Wann immer Pompilio pumpte, hörte man das aufsteigende Wasser gurgeln, bis es schlieÃlich oben heraussprudelte. Es war kaum mehr als ein riesiger Strohhalm und funktionierte im Grunde nach demselben Prinzip.
Die Einwohnerzahl von Gaviotas, rund 200 Personen, war seit meinem letzten Besuch kaum gestiegen, doch seine Wirtschaft ernährte mehr als 2000 Menschen im umliegenden Gebiet, unter ihnen viele Guahibo. Die Ilaneros brachten noch immer ihre Kinder zur Schule in Gaviotas. Einige der Schüler waren später dort geblieben, andere in die Stadt gezogen, wo sie manchmal in der Bogotáer Fabrik arbeiteten, in der Windkraftanlagen, Pumpen und Sonnenkollektoren und jetzt auch Biodiesel produziert wurden. Obwohl Belisario Betancurs Nachfolger die Solarwarmwasserbereiter, die Gaviotas vor Jahren auf dem Präsidentenpalast installiert hatte, entfernen lieàâ so wie Ronald Reagan Jimmy Carters Solarpaneele vom Dach des WeiÃen Hauses hatte entfernen lassen â, betrachtete Lugari es als hoffnungsvolles Zeichen, dass zu ihren jüngsten Solarenergiekunden die US-Botschaft in Bogotá zählte.
Obligatorische Solarwarmwasserbereiter, Netzwerke von Fahrradwegen, eine Verdopplung der Massenverkehrsmittel, Hydrokulturgärten auf den Dächern, Kunststoff auf pflanzlicher Basis und Bäume, wo immer möglich: Paolo Lugari hatte nie den Glauben verloren, dass existierende Städte zukunftsfähig werden könnten. Doch die Chance, in dieser riesigen leeren Savanne bei null anzufangen, war eindeutig seine Leidenschaft.
»Ich träume noch immer davon, dass wir Odisea errichten«, sagte er, als wir, begleitet von einer Schar Gavioteros auf Fahrrädern, zur Startbahn unterwegs waren. »Die Leute hatten Angst, hier rauszuziehen. Oder sie gingen nach Arauca und Casanare, weil sie dachten, dort auf den Ãlfeldern Geld zu verdienen. Oder sie lieÃen sich einfach auf dem ersten freien Stück Land nieder, das sie fanden â es gibt noch immer so viel davon, bevor man Gaviotas erreicht. Aber irgendwann wird es Wirklichkeit werden. Inzwischen haben wir angefangen, in unserem Kiefernharzwald Energiepflanzen anzubauen. Wenn das möglich ist, können wir auch Nahrungsmittel anbauen. Einige Reissorten müssen nicht bewässert werden. Dasselbe gilt für Maniok, Mais und Bananen. Sogar Soja. Als Dünger werden wir Rückstände der Biodieselanlage verwenden. Und wir werden das Vorkommen von Mykorrhizen fördern â mit ihrer Hilfe kann hier alles gedeihen.«
Unser Flugzeug zog in einer Schleife über den sich ausdehnenden Wald von Gaviotas. Die Kiefern beim grünen morichal in Odisea waren nun keine jungen Sträucher mehr so wie damals, sondern hohe Bäume. Zwischen ihnen verschwand das umliegende trockene gelbe llano- Gras unter einem tiefgrünen Gewirr einheimischer Flora. Wir flogen ein letztes Mal über das Dorf, lieÃen als Gruà an die Radfahrer am Boden einen Flügel wippen und legten uns dann in eine Kurve Richtung Anden. Die Savanne vor uns schien so groà zu sein wie ein Ozean â nur dass Ozeane nicht brennen, während dieser in Flammen stand und den Himmel mit einem kreidigen Dunstschleier überzog.
Lugari drehte sich vom Copilotensitz zu mir um. »Jedes Jahr legen sie vor dem Einsetzen der Regenzeit Brände in der Savanne, um Kalium freizusetzen, damit das magere Savannengras ein paar dürre Rinder ernähren kann. Tausende Tonnen CO 2 , die ausgestoÃen werden, nur um pro hundert Hektar eine Kuh zu halten.«
Durch den Rauch hindurch erkannte ich eine gezackte orangefarbene Linie, die zum Rand des groÃen caño in Carimagua kroch. Ich zeigte auf einige Buriti- und Ceje-Palmen, die in Flammen standen.
»So dumm.« Paolo deutete auf den verkohlten Boden unter uns. »Hast du den Artikel gelesen, den ich dir gegeben habe?«
Das hatte ich. Das kolumbianische Wirtschaftsmagazin Dinero schätzte, dass Kolumbien mit einer Million Hektar an Afrikanischen Palmen seinen gesamten Dieselbedarf decken könnte.
»Dort unten brennen mindestens sechs Millionen Hektar nieder. In Kolumbien
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