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Denken aus Leidenschaft: Acht Philosophinnen und ihr Leben

Denken aus Leidenschaft: Acht Philosophinnen und ihr Leben

Titel: Denken aus Leidenschaft: Acht Philosophinnen und ihr Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Gleichauf
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vor allem ein StückLeichtigkeit und fröhliches, ungezwungenes Beisammensein, was Günderrode ansonsten eher entbehren muss.
    Eine andere gute Freundin ist Lisette von Mettingh. Sie lebt in Frankfurt und ist daher für Günderrode leicht zu erreichen.
     Lisette von Mettingh ist ebenso stark wie Günderrode an Weiterbildung und Vertiefung des angeeigneten Wissens interessiert.
     Zumindest bis zu ihrer Verheiratung mit dem Mediziner und Naturwissenschaftler Nees von Esenbeck im Jahr 1804 ist sie für
     Günderrode eine echte geistige Gesprächspartnerin. Mettingh bewundert Günderrode einerseits und gibt andererseits auch Ratschläge,
     was Leben und Arbeit der Freundin betrifft. In einem sind sie völlig eins: Beide verabscheuen ein Leben, das im Dienst an
     Mann, Kindern und Haushalt aufgehen soll. Im Juni schreibt Mettingh an Günderrode: »Ich kann mich täglich weniger in die Welt
     und die bürgerliche Ordnung fügen, Karoline, mein ganzes Wesen strebt nach einer Freiheit des Lebens, wie ich sie nimmer finden
     werde.« 6
     
    Im Frühsommer 1799 verliebt sich Günderrode in den Jurastudenten Friedrich Carl von Savigny. Sie lernt ihn bei Karoline von
     Barkhaus kennen. Einen Monat später schreibt sie an die Freundin: »Schon beim ersten Anblick machte Savigny einen tiefen Eindruck
     auf mich, ich suchte es mir zu verbergen und überredete mich, es sei bloß Theilnahme an dem sanften Schmerz, den sein ganzes
     Wesen ausdrückt, aber bald, sehr bald belehrte mich die zunehmende Stärke meines Gefühls, dass es Leidenschaft sei, was ich
     fühlte.« 7
    Savigny, einzig verbliebener Sprössling einer reichen Adelsfamilie, zieht sich nicht, wie von der Familie gewünscht,auf seine Güter zurück, sondern entscheidet sich für das Studium der Jurisprudenz. Er macht auf seine Mitmenschen den Eindruck
     einer sehr rationalen Natur, er strebt eine wissenschaftliche Karriere an, arbeitet diszipliniert und ist überhaupt ernst
     und streng. Im Juli 1800 schreibt er an einen Freund: »Kennen Sie vielleicht die Günderrode? Ich weiß nicht, ob ich über dieses
     Mädchen dem Gerücht glauben soll, nach welchem sie kokett oder prüd oder ein starker männlicher Geist sein müsst, oder ihren
     blauen Augen, in denen viel sanfte Weiblichkeit wohnt?« 8 Günderrode verwirrt ihn, er kann nicht schlau werden aus ihrem schillernden Wesen. Einerseits diese weichen Gesichtszüge,
     andererseits die Gerüchte, wonach denen sie eine »männlich« denkende Frau sein soll!
    Außerdem stellt Savigny hohe Anforderungen an die Frau: Sie sollte vollkommen gebildet und auf keinen Fall verarmt sein. Eine
     Verbindung mit der Tochter der Witwe Günderrode kann ihm daher nicht unbedingt vorteilhaft erscheinen. Angezogen fühlt er
     sich trotzdem von ihr. Vielleicht reizt ihn gerade das, was er selbst nicht besitzt: Gefühlstiefe und eine in die Ferne gerichtete
     Denktätigkeit. Savigny spürt nicht die Sehnsucht nach dem Unendlichen in seinem Inneren, er ist ein praktisch denkender, auf
     das nächste zu erreichende Ziel ausgerichteter Mensch. Und ausgerechnet so einen sucht sich Günderrode als erste große Liebe
     aus! Obwohl ihr klar ist, dass er nicht zu ihr passt, kann sie ihre Neigung nicht überwinden. Savigny ist ein eher kräftiger
     Mann mit ausgeprägten Gesichtszügen. Die schweren Augenlider geben ihm etwas Ernstes, Melancholisches. Die Strenge ist ihm
     nicht anzusehen. Äußerlich macht er einen sensiblen, weichen Eindruck. Er trägt einen Mittelscheitel, der die hohe Stirn betont.
     DasHaar fällt zu beiden Seiten in sanften Wellen herab. Alles in allem ein schöner, ansprechender Mensch.
    Das Verwirrspiel dauert vier Jahre, bis Savigny, nachdem er die Ehe mit Günderrode durchaus erwogen hatte, 1804 schließlich
     die vermögende Gunda Brentano heiratet. In diesen vier Jahren sehen sie sich immer wieder, vor allem aber wechseln sie regelmäßig
     Briefe. Günderrode wird von Savigny wie von anderen Freunden zumeist »Günderrödchen« genannt, als wollte man sie kindischer
     und harmloser haben, als sie in Wirklichkeit ist. Diese Anrede täuscht eine Nähe vor, die Günderrode den meisten ihrer Freunde
     gegenüber nicht empfindet, eine Vertraulichkeit, die den anderen und ihr selbst schwerfällt. Sie leidet darunter, macht sich
     oft Vorwürfe und nennt sich in Briefen »ein schlechtes Günderrödchen«. Sie weiß um das Flüchtige ihres inneren Lebens, um
     die wechselnden Stimmungen, die Sehnsucht nach vollkommener Harmonie,

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