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Denken aus Leidenschaft: Acht Philosophinnen und ihr Leben

Denken aus Leidenschaft: Acht Philosophinnen und ihr Leben

Titel: Denken aus Leidenschaft: Acht Philosophinnen und ihr Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Gleichauf
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Themen.
     
    Seit einigen Jahren beschäftigt sich Petra Gehring stark mit all dem, was man unter den Begriffen »Biotechnologie« oder »Bioethik«
     zusammenfassen kann: Hirnforschung, Gentechnik, Sterbehilfe, Organtransplantation, Stammzellenforschung. Dabei geht es Gehring
     weniger um die Konzeption einer neuen Ethik als darum, zu allererst einmal zu verstehen, was in all diesen Bereichen geschieht,
     wie Wirklichkeit hier ausgelegt wird, vielleicht neue Wirklichkeit geschaffen wird. Warum überhaupt sind Fragen der Biotechnologie
     so in aller Munde, werden in der Öffentlichkeit immer präsenter? Und welche Worte verwendet man, wenn es um diese Themen geht?
     Wie undwarum werden die neuen Technologien so und nicht anders problematisiert? Gehrings Anliegen ist es also nicht, Handlungsanregungen
     zu geben, sich zu fragen, welches Handeln am besten, ethisch vertretbar wäre. Ihre Fragen sind grundsätzlicherer Natur: Wie
     kommt es überhaupt zu einer solchen Vorrangstellung biotechnologischer Forschung? Und auch jetzt wieder ist ihre Vorgehensweise
     in Teilen historisch: Wann hat man angefangen, sich dem rein physischen, stofflichen Leben von Menschen näher zuzuwenden,
     das Körperliche als solches in den Blick zu nehmen?
    Ausgehend vom Werk des französischen Philosophen Michel Foucault (1926   –   1984) untersucht Gehring in ihrem 2006 erschienenen Buch
Was ist Biomacht. Vom zweifelhaften Mehrwert des Lebens
die wachsende Bedeutung der Beschäftigung mit dem »Leben« in einem physisch-naturwissenschaftlichen Sinn. Foucault geht in
     seiner Untersuchung vom 18.   Jahrhundert aus. Dort sieht er die wachsende Tendenz, sich mit dem Körper, mit den physischen Gegebenheiten der Menschen intensiv
     wissenschaftlich zu befassen und die Ergebnisse dann auch politisch zu verwerten. So kommt zur Biomacht die Biopolitik hinzu.
    Petra Gehring geht aber, wie wir bereits mehrfach sehen konnten, nicht nur historisch vor, sondern stellt sich den Herausforderungen
     unserer Zeit: Stammzellenforschung, Organtransplantation, Hirnforschung, Sterbehilfe. Der Körper oder Teile des Körpers sind
     zu etwas geworden, das benutzt werden kann, mit dem man arbeitet, das verwertet wird: »Eine der Revolutionen des biomedizinischen
     Zeitalters ist die bioindustrielle Erschließung und die ökonomische Inwertsetzung des menschlichen Körpers.   ... Die Biomedizin hat den Körper als Ressource entdeckt.« 11 Das sind Gedanken, auf die man selbst nicht unbedingt kommen würde, die aber sofort einleuchten. Man ist es bereits gewöhnt,
     ganz selbstverständlich zum Beispiel über Organtransplantation zu sprechen, und ist sich nicht klar darüber, dass der Körper
     in diesem Fall eigentlich wie eine Art Ersatzteillager behandelt wird. Was mithilfe der »Ersatzteile« hergestellt werden soll,
     ist Gesundheit. »Nicht mehr durch das Umgehen mit Kranken definiert sich in der Moderne die Medizin, sondern als das Feld
     der Herstellung von Gesundheit, das Feld einer Gesundheitsproduktion.« 12 Was bedeutet das zum Beispiel für die Eigentumsrechte an Körperteilen? Wem gehört ein Spenderorgan? Man weiß, dass in Drittweltländern
     Menschen mit dubiosen Argumenten dazu gebracht werden, Organe zur Verfügung zu stellen, die dann sozusagen exportiert werden.
     Gehring fragt, was denn zum Beispiel passiert, wenn ein solches Spenderorgan auf dem Transportweg abhandenkommt, zerstört
     wird: Wer haftet dann, wer hat eventuell Schadenersatzzahlungen zu leisten?
    Solche Fragen stellen wir uns normalerweise nicht. Gehring schärft unsere Aufmerksamkeit, indem sie auf Probleme dieser Art
     hinweist. Sie weckt zum Beispiel ein Interesse für den rechtsphilosophischen Aspekt. Diese »unruhige« Philosophin öffnet immer
     wieder neue, ungewöhnliche Türen, zeigt, wie spannend es ist, sich mit anscheinend gar nicht so wichtigen, allzu abstrakt
     erscheinenden Dingen zu beschäftigen. Sie macht damit deutlich, dass vieles konkreter ist, als wir glauben, und uns selbst
     betreffen kann, bevor wir uns versehen. Nichts ist so weit weg, dass diese Denkerin es nicht hereinholen könnte in die philosophische
     Auseinandersetzung. Damit zeigt sie natürlich auch, wie sehr sich die Zeiten geändert haben.Die Philosophie hat es heute mit einer Wirklichkeit zu tun, die in ungeheurem Maße an Komplexität gewonnen hat. Und Gehring
     gehört nicht zu denen, die sich »bescheiden«, die Abstriche machen, sich nur um einen kleinen Teil dessen kümmern, was

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