Denken hilft - frische Ideen für Gedächtnis und Kreativität
rütteln und schütteln als seinerzeit Uli HoeneÃ, dann erhalten Sie die Antwort: JA GRINSEN, MELK NUN.
2. KAPITEL
Mehr merken mit Bildern im Kopf
Rudi Carrell, die alten Griechen und der IKEA-Katalog
Die Geschichte der Gedächtniskunst und die Psychologie sinnloser Silben.
»Am laufenden Band«: So hieà die legendäre TV-Show von Rudi Carrell, die zwischen 1974 bis 1979 insgesamt 51-mal gesendet wurde â und Carrell zu einem der beliebtesten Showmaster im Deutschen Fernsehen machte. Im Finale der Show musste sich ein Kandidat möglichst viele Gegenstände merken, die auf einem Laufband vorbeizogen. Was er behielt, durfte er behalten. Ein ganz einfaches Konzept â aber unglaublich erfolgreich. Millionen Zuschauer fieberten mit. Ich selbst auch, als kleiner Knirps mit groÃen viereckigen Augen. Jedes Mal habe ich mich gefragt: »Verdammt nochmal, da muss es doch einen Trick geben, wie man sich so viel merken kann!?«
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Fast 30 Jahre später hat Günther Jauch das legendäre laufende Band noch einmal entstaubt und vor die Kamera geholt: in der »RTL-Grips-Show« 2002. Endlich wurden die Gedächtnistricks verraten, mit denen die Kandidaten von Rudi Carrell abgeräumt hätten. Verona Pooth merkte sich in der Livesendung eine lange Wortliste ohne Probleme. Carrell selbst war Stargast. Und auch ich war als Gehirnakrobat und Rückwärtssprecher eingeladen,
um meine »Bananennummer« zu präsentieren. Bei dieser Nummer vertilge ich genüsslich eine Banane und spreche dabei rückwärts. Die Szene wird anschlieÃend andersherum abgespielt. Und schon ist zu sehen und zu verstehen, wie man eine Banane produziert: Sie kommt Stück für Stück wieder aus meinem Mund und setzt sich zu einem perfekten Stück Obst zusammen. Die »Grips-Show« war ein groÃer Erfolg, denn spätestens seit »Wer wird Millionär?« war der groÃe Hype um die Themen Wissen und Gedächtnis ausgebrochen. Die Geheimnisse der Gehirnakrobaten machten Millionenquote.
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Aber unter uns: Mit denselben Gedächtnistricks haben schon die alten Griechen ihre Reden auswendig gelernt. Und die hatten nicht mal einen Telefonjoker. Wenn die alten Griechen Probleme mit ihrem Gedächtnis hatten, dann haben sie einfach die zuständige Göttin angerufen â Mnemosyne. Der griechischen Mythologie nach hat Zeus mit Mnemosyne die neun Musen gezeugt. Das verrät uns, welch groÃe Bedeutung dem Gedächtnis zugemessen wurde. Und das vollkommen zu Recht: Was habe ich von einer schönen Melodie, wenn ich die einzelnen Töne vergesse? Was habe ich von einem Vers, wenn ich an dessen Ende nicht mehr weiÃ, wie er begonnen hat? Der fruchtbaren Mnemosyne jedenfalls ist es zu verdanken, dass die Methoden der Gedächtniskünstler auch »Mnemotechnik« genannt werden. Dieses Fremdwort schreibt sich, wie die Göttin selbst, tatsächlich mit »Mn« â nur für den Fall, dass Sie mal mit Insiderwissen glänzen möchten.
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Die Mnemotechnik war in der Antike ein fester Bestandteil der Rhetorik. Alle groÃen Redner haben mit ihrer Hilfe lange Vorträge auswendig gelernt. Und heute? Heute dürfen Menschen öffentlich reden oder sich im TV produzieren, ohne sich einen einzigen Satz merken zu können. Es gibt Teleprompter, Videomonitore oder kleine Lautsprecher im Ohr. Vor gut 2000 Jahren brauchte man für diesen Job noch ein funktionierendes Gehirn.
Der Top-Redner im alten Rom hieà Marcus Tullius Cicero: Konsul, Philosoph, Rampensau. Cicero war ein Meister der frei geschwungenen Rede. Und schon zu seiner Zeit war es üblich, als Vortragskünstler auch Bücher zu schreiben. Cicero verfasste etwa 50 v. Chr. das Werk »De oratore«, was übersetzt so viel heiÃt wie »Ãber den Redner«. Darin finden sich Tipps und Tricks für eine ausgefeilte Rhetorik ganz ohne PowerPoint. Vor allem aber schildert Cicero, wie der Legende nach die Mnemotechnik erfunden wurde. Und diese Legende führt uns zum Kern der Gedächtniskunst:
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Cicero berichtet vom griechischen Dichter Simonides. Der wird bei einem groÃen Festmahl kurz aus dem Saal gerufen. Kaum steht er vor der Tür, kracht hinter ihm der ganze Saal zusammen. Simonides ist der einzige Ãberlebende. Alle anderen Gäste sind bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Niemand kann sagen, wer wo unter den Trümmern liegt. Die Leichen
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