Denken hilft - frische Ideen für Gedächtnis und Kreativität
Ironie in der Bemerkung eines Gesprächspartners zu entdecken. Und wir verfügen über Muster, nach denen wir beim Italiener die Spaghetti um die Gabel wickeln. Solange wir über die Muster verfügen, ist alles fein. Aber sobald die Muster über uns verfügen, sind wir ausgeliefert.
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Nehmen wir die Zahl 23. Sie verfügen über ein Muster der Zahl 23, das es Ihnen ermöglicht, die Zahl 23 als solche zu erkennen. Zum Beispiel als Hausnummer. Das ist extrem hilfreich, wenn Sie die Hausnummer 23 suchen. Wenn neben dem Haus ein Auto steht, in dessen Kennzeichen ebenfalls die Zahl 23 vorkommt, dann bemerken Sie das mit höherer Wahrscheinlichkeit, als wenn Sie vorher nach der Hausnummer 56 gesucht hätten. Denn das Muster für die Zahl 23 ist durch die Suche nach der richtigen Hausnummer voraktiviert â in Ihrem Gehirn feuert das entsprechende Netzwerk munter vor sich hin. Wenn jetzt die Haustür aufgeht, und der Hausherr trägt ein T-Shirt mit der Zahl 23, dann werden Sie nachdenklich. Sie fahren
mit dem Bus um 23:23 Uhr wieder nach Hause und geben die Zahl 23 bei Google ein. Spätestens jetzt wissen Sie, dass Sie vom Geheimbund der Illuminaten verfolgt werden. Genauso gut kann die Zahl 23 aber auch eine Glückszahl sein. Wie für mich zum Beispiel. Meine Frau und ich sind an einem 23. zum ersten Mal in Salzburg Kutsche gefahren, haben an einem 23. geheiratet, checken in Hotels ständig in Zimmer 23 ein, und meine Uhr zeigt gerade 23:23. Ob Glück, ob Pech: Je stärker das Muster, umso selbsterfüllender die Prophezeiung. Sie nehmen wahr, was Sie aufgrund eines Musters wahrzunehmen erwarten.
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Eine andere Art von Muster übernimmt gern mal die Regie über unser Verhalten: die sogenannten Verhaltensmuster. Wir haben unzählige kleine Drehbücher im Kopf, nach denen wir im Alltag handeln. Wecker aus, aufstehen, Zähne putzen. Und täglich grüÃt das Murmeltier. Eigentlich ist in diesen Drehbüchern immer ein Happy End vorgesehen. Denn wir haben sie angelegt, um unser Leben erfolgreich zu meistern: Hat sich eine Verhaltensweise bewährt, wird sie im Drehbuch dick unterstrichen, und wir wiederholen die Szene das nächste Mal einfach ganz genauso. Wecker aus, aufstehen, Zähne putzen. Nur wenn das Happy End mal nicht eintritt, dann fragen wir uns: »Bin ich hier im falschen Film, oder was? Wo ist die Tube?« Nein, wir sind nicht im falschen Film. Wir haben versäumt, das Drehbuch umzuschreiben â und rechtzeitig neue Zahnpasta zu kaufen.
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Ãhnlich wie Aufstehen und Zähneputzen funktioniert auch Autofahren: Sie können mit dem Auto eine gewohnte Strecke fahren, sagen wir mal von der Arbeit nach Hause, und wenn Sie zu Hause ankommen, dann können Sie sich an die Fahrt selbst überhaupt nicht mehr erinnern. Sie fahren mit einem mentalen Autopiloten. Das ist fürs Gehirn extrem effizient. Denn stellen Sie sich mal vor, Sie müssten an jeder Kreuzung
überlegen: rechts oder links? Wo war nochmal der Blinker? Wie ging es in den zweiten Gang? Das wäre mentale Energieverschwendung. Ihr innerer Autopilot hilft Ihnen, automatisch den Weg von der Arbeit nach Hause zu fahren â übrigens auch dann, wenn Sie eigentlich zum Supermarkt wollten.
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So praktisch das Gewohnheitstier auch ist, es hält uns davon ab, rechtzeitig auf Veränderungen zu reagieren. Das Gewohnheitstier ist böse und gefährlich. Dass seine Existenz sogar unser Leben bedroht, wurde wissenschaftlich nachgewiesen, und zwar im Jahr 1882 in einem Experiment mit Fröschen. Sie können dieses Experiment zu Hause in Ihrer Küche durchführen: Besorgen Sie sich dafür zunächst zwei Frösche. Stellen Sie dann einen Topf Wasser auf Ihren Herd. Setzen Sie einen der beiden Frösche ins Wasser und erhitzen Sie das Wasser langsam. Da denkt sich der Frosch: »Oh, wie schön, es wird wärmer.« Und es wird wärmer, Grad für Grad, aber sehr langsam. Es wird so lange wärmer, bis das Wasser kocht â und der Frosch verbrüht. Ende erste Runde. Stellen Sie jetzt einen zweiten Topf Wasser auf den Herd, und erhitzen Sie das Wasser. Erst wenn das Wasser schon kocht, werfen Sie den zweiten Frosch in den Topf. Sofort reagiert der Frosch und springt wieder aus dem Topf heraus. Der zweite Frosch realisiert: »Hier hat sich etwas dramatisch zu meinem Nachteil verändert!«
Und was hat ihm das Leben
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