Denken hilft - frische Ideen für Gedächtnis und Kreativität
die alte Regel bestehen. Wenn jemand sagt: »Das machen wir schon immer so!«, heiÃt das eigentlich nur: »Ich weià auch nicht, warum.«
Regeln lassen sich leicht brechen, weil sie so offensichtlich sind. Man erkennt sie schnell. Sie werden aufgelistet, durchnummeriert und enden mit einem Ausrufezeichen. Ein ideales Ziel also für kreative Zerstörer und andere Revoluzzer. Im Verborgenen dagegen treiben viel fiesere Burschen ihr Unwesen: Annahmen. Viele unserer Gedankengänge fuÃen ausschlieÃlich auf Annahmen. Und während wir den Blick aufs Problem richten, sind uns die Annahmen gar nicht bewusst. Ich hätte hier mal ein kleines Problem für Sie: Stellen Sie sich vor, Sie sind Gärtner. Ihre Aufgabe ist, vier Bäume so einzupflanzen, dass der Abstand zwischen allen vier Bäumen exakt gleich ist. Bitte mal kurz die Augen schlieÃen und überlegen. Verschieben Sie gerade im Geiste vier Bäume in einem Garten hin und her? Und gelingt es dabei nicht, einen gleichen Abstand zwischen allen Bäumen herzustellen? Und ist der Garten eine ebene Fläche? Dann suchen Sie sich jetzt mal bitte einen Hügel. Gefunden? Sie pflanzen einen Baum oben auf den Hügel und die anderen im Dreieck unten rum. So entsteht eine Pyramide aus Dreiecken, die Abstände aller Bäume zueinander sind gleich â und das Problem ist gelöst. Wahrscheinlich war Ihre erste Annahme: Ein Garten ist eine ebene Fläche. So lange diese Annahme gilt, ist das Problem nicht zu lösen.
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Versuchen Sie mal, folgende Frage zu beantworten: »Welche drei Feler stecken in disem Satz?« Richtig, da fehlt das »h« in Feler. Genau, da fehlt das »e« in disem. Und der dritte Fehler? Es sind nur zwei! Und jetzt rekonstruieren wir mal in Zeitlupe, wie Ihr Gehirn das Problem gelöst hat. Sie haben einen ersten Rechtschreibfehler gesucht und gefunden. Sie haben einen zweiten Rechtschreibfehler gesucht und gefunden. Und dann hat Ihr Gehirn den dritten Rechtschreibfehler gesucht. Wenigstens für einen Moment. Denn so funktioniert das Hirn: Wenn eine Strategie zweimal funktioniert hat, dann glauben wir, dieselbe Strategie funktioniert auch ein drittes Mal. Das stimmt
aber nicht. Und das weià jeder, der schon mal den Fahrkartenautomaten der Bahn benutzt hat. Erst wenn wir die Annahme fallenlassen, dass der dritte Fehler auch ein Rechtschreibfehler ist, finden wir die Lösung auf einer ganz anderen Ebene.
Erteilen Sie Annahmen eine Absage! Stellen Sie sich immer die Frage: »Von welchen Annahmen gehe ich hier aus?« Schreiben Sie drei fundamentale Annahmen auf, und lassen Sie eine nach der anderen fallen, wie drei teure Vasen. Dann finden Sie eine Lösung. Wahrscheinlich sogar mehrere. Denn wie lautet das alte Sprichwort, das ich mir in dieser Sekunde ausgedacht habe: »Solange ich annehme, die Erde ist eine Scheibe, ist ein Flug um den Globus schwer zu verkaufen.«
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Noch ein Tipp zum Thema Verkaufen: Wenn Sie das nächste Mal einen nervigen Werbeanruf bekommen, können Sie den Anrufer in Sekundenschnelle auflaufen lassen. Diese Anrufe beginnen immer mit Sätzen wie: »Sie wollen doch bestimmt zum günstigsten Tarif telefonieren?« oder »Sie haben doch sicher Interesse, dass Ihre Werbung die Top-Entscheider erreicht?
« oder »Haben Sie Lust auf einen dreiwöchigen Urlaub in der Karibik zum Nulltarif?« Antworten Sie mit einem gepflegten »Nein!«, und entziehen Sie so der Argumentation die Grundannahme. Aber legen Sie dann auf keinen Fall gleich auf. GenieÃen Sie ein bisschen, wie der arme Callcenter-Agent sehr kreativ sein muss, um die nächsten Worte zu finden.
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Eine falsche Annahme verhinderte auch die schnelle Lösung eines spektakulären Kriminalfalls, der monatelang die Zeitungen füllte. Am 25. April 2007 wurde in Heilbronn eine 22-jährige Polizistin ermordet. Die DNA-Spuren am Tatort stimmten überein mit DNA-Spuren vieler anderer Tatorte und Verbrechen. Dieselbe DNA fand sich im Auto einer ermordeten Pflegehelferin, an einem Keksrest in einem aufgebrochenen Wohnwagen und an einer Coladose nach einem Einbruch in eine Schule. Insgesamt vierzigmal konnte die DNA nachgewiesen werden. Bis zum März 2009 fahndete das Landeskriminalamt in Stuttgart fieberhaft nach der vermeintlichen Täterin, dem »Phantom von Heilbronn«, bis sich herausstellte, dass alle DNA-Spuren von verunreinigten Wattestäbchen der
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