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Denken hilft zwar, nutzt aber nichts

Denken hilft zwar, nutzt aber nichts

Titel: Denken hilft zwar, nutzt aber nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Ariely
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und einige ohne ersten Abschluss sowie Investmentbanker, die zu uns ins MIT gekommen waren, um neue Mitarbeiter für ihre Unternehmen anzuwerben. (Ich bin mir nicht sicher, ob den Bankleuten wirklich klar war, was ihnen bevorstand, aber vielleicht gingen ihnen unsere nervtötenden Töne weniger auf die Nerven als Gespräche über Investmentbanking.) Zu Beginn des Experiments präsentierten wir unseren Probanden drei verschiedene Töne, und anschließend fragten wir sie, ob sie bereit wären, sich diese Töne (die als Preisanker dienten) gegen Bezahlung noch einmal anzuhören. Der erste Ton war ein 30 Sekunden dauernder, schriller Ton mit 3000 Hertz, ungefähr so, wie wenn jemand mit hoher Stimme kreischt. Der zweite war ein 30 Sekunden langer Ton mit allen Frequenzen des hörbaren Bereichs (auch weißes Rauschen genannt), einähnliches Geräusch wie bei einem Fernseher mit Empfangsstörung. Der dritte war ein 30 Sekunden dauernder, zwischen hohen und niedrigen Bereichen oszillierender Ton.
    Wir verwendeten Töne, weil es derzeit keinen Markt für nervtötende Töne gibt (die Probanden konnten sich zur Bewertung dieser Töne also nicht an Marktpreisen orientieren). Außerdem verwendeten wir unangenehme Töne, weil niemand sie gerne hört (klassische Musik hätte einigen sicher besser gefallen als anderen). Ich habe sie selbst aus Hunderten computergenerierter Töne ausgewählt, weil sie meiner Meinung nach gleichermaßen unangenehm sind.
    Wir setzten unsere Probanden im Labor vor Computerbildschirme und ließen sie Kopfhörer aufsetzen.
    Während es im Raum ruhig wurde, erschien bei der ersten Gruppe folgende Information auf dem Bildschirm: »In wenigen Sekunden werden wir einen neuen, unangenehmen Ton über Ihre Kopfhörer schicken. Es interessiert uns, wie unangenehm Sie ihn finden. Unmittelbar nachdem Sie den Ton gehört haben, werden wir Sie fragen, ob Sie theoretisch bereit wären, diese Hörerfahrung gegen eine Bezahlung von 10 Cent noch einmal zu machen.« Die zweite Gruppe bekam die gleiche Information, nur dass wir den Probanden 90 statt 10 Cent anboten.
    Würden die unterschiedlichen Ankerpreise etwas ausmachen? Um das herauszufinden, schalteten wir den Ton ein – in diesem Fall den 30 Sekunden dauernden, schrillen Ton mit 3000 Hertz. Einige der Versuchsteilnehmer verzogen das Gesicht, andere verdrehten die Augen.
    Dann wurde der Ton abgestellt und jedem Probanden die als hypothetische Entscheidung formulierte Verankerungsfrage vorgelegt: Wären Sie theoretisch bereit, sich diesen Ton gegen Bezahlung (10 Cent bei der ersten Gruppe, 90 Centbei der zweiten) noch einmal anzuhören? Nach Beantwortung dieser Frage sollten die Probanden den niedrigsten Preis eingeben, zu dem sie bereit wären, sich den Ton noch einmal anzuhören. (Diese Entscheidung war übrigens real, denn von ihr hing ab, ob sie den Ton noch einmal zu hören bekamen – und dafür bezahlt würden.) *
    Kurz nachdem die Versuchsteilnehmer ihre Preise eingegeben hatten, erfuhren sie das Ergebnis. Diejenigen, die niedrig genug geboten hatten, »gewannen« den Ton, konnten das (unangenehme) Hörerlebnis wiederholen und wurden dafür bezahlt. Die anderen, die einen zu hohen Preis geboten hatten, bekamen den Ton nicht zu hören und wurden für diesen Teil des Experiments nicht bezahlt.
    Und der Sinn des Ganzen? Wir wollten herausfinden, ob die ersten von uns vorgeschlagenen Preise (10 Cent und 90 Cent) als Anker fungiert hatten. Und tatsächlich! Diejenigen, die eingangs vor die theoretische Entscheidung gestellt worden waren, ob sie sich den Ton für 10 Cent noch einmal anhören würden, forderten für ihre Bereitschaft zu einer Wiederholung wesentlich weniger Geld (durchschnittlich 33 Cent) als diejenigen, denen eingangs 90 Cent dafür geboten worden waren – diese zweite Gruppe verlangte für dasselbe unangenehme Erlebnis mehr als doppelt so viel (durchschnittlich 73 Cent). Sehen Sie, welche Rolle der jeweils empfohlene Preis spielt?
     
    Aber das war erst der Anfang unserer Untersuchung. Wir wollten auch wissen, als wie stark sich der Anker bei zukünftigenEntscheidungen erweisen würde. Angenommen, wir verschaffen den Probanden eine Gelegenheit, diesen Anker aufzugeben und sich einen anderen zu schnappen? Würden sie es tun? Auf Gänseküken übertragen: Würden sie eine ganze Weile hinter dem Objekt herschwimmen, auf das sie ursprünglich geprägt waren, und dann in der Mitte des Teichs urplötzlich einer neuen Muttergans folgen? Was die

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