Denken hilft zwar, nutzt aber nichts
Gänseküken angeht, so wissen Sie bestimmt, dass sie weiterhin ihrer ursprünglichen Mutter folgen würden. Aber wie ist es bei Menschen? Die nächsten beiden Phasen des Experiments sollten uns eine Antwort auf diese Frage liefern.
In der zweiten Phase nahmen wir Probanden aus der früheren 10-Cent-Gruppe und der 90-Cent-Gruppe und spielten ihnen 30 Sekunden lang weißes Rauschen auf die Kopfhörer. »Würden Sie sich diesen Ton für 50 Cent noch einmal anhören?«, fragten wir sie am Ende, worauf die Befragten einen Knopf an ihrem Computer drücken mussten, um Ja oder Nein zu antworten.
»Gut,
wie viel
müssten wir Ihnen auf jeden Fall dafür bezahlen?«, fragten wir weiter. Die Versuchsteilnehmer gaben ihren niedrigsten Preis ein, der Computer machte seine Arbeit, und dann hörten, je nach gebotenem Preis, einige Probanden noch einmal den Ton und wurden dafür bezahlt, die anderen nicht. Beim Vergleich der gebotenen Preise zeigte sich, dass die 10-Cent-Gruppe wesentlich niedrigere Gebote abgegeben hatte als die 90-Cent-Gruppe. Das bedeutet, dass, obwohl beiden Gruppen dieselbe 50-Cent-Offerte als neuer Anker (die Frage: »Würden Sie sich diesen Ton theoretisch für 50 Cent noch einmal anhören?«) angeboten wurde, der erste Anker in dieser Unangenehmer-Ton-Kategorie (bei den einen 10 Cent, bei den anderen 90 Cent) die Oberhand behielt.
Warum? Weil sich die Probanden der 10-Cent-Gruppe vermutlichFolgendes sagten: »Also, ich habe mir diesen unangenehmen Ton vorher für einen niedrigen Betrag angehört. Dieser Ton ist nicht viel anders, also kann ich ihn wohl für ungefähr denselben Preis wieder ertragen.« Die Probanden der 90-Cent-Gruppe folgten derselben Logik, doch da ihr Ausgangspreis ein anderer gewesen war, unterschied sich ihr Endpreis entsprechend. Diese Versuchsteilnehmer sagten sich: »Also, ich habe mir diesen unangenehmen Ton vorher für einen hohen Betrag angehört. Dieser Ton ist nicht viel anders, also kann ich ihn wohl für ungefähr denselben Preis wieder ertragen.« Der Einfluss des ersten Ankers hielt also tatsächlich an – was darauf hinweist, dass Anker eine bleibende Wirkung haben, auf gegenwärtige wie auch zukünftige Preise.
Nun ging unser Experiment in die dritte Phase. Dieses Mal ließen wir unsere Probanden 30 Sekunden lang den auf- und abschwellenden Ton hören. Wir fragten unsere 10-Cent-Gruppe: »Würden Sie sich diesen Ton theoretisch für 90 Cent noch einmal anhören?« Und dann die 90-Cent-Gruppe: »Würden Sie sich diesen Ton für 10 Cent noch einmal anhören?« Jetzt, bei vertauschten Ankern, würde sich herausstellen, welcher den größeren Einfluss hatte.
Die Probanden gaben erneut Ja oder Nein ein. Dann baten wir sie um reale Gebote: »Wie viel müssten wir Ihnen zahlen, damit Sie sich diesen Ton noch einmal anhören?« Jetzt konnten sie auf insgesamt drei Anker zurückgreifen: den ersten zu Beginn des Experiments (entweder 10 Cent oder 90 Cent), den zweiten (50 Cent) und den neuesten (entweder 90 Cent oder 10 Cent). Welcher von ihnen würde den größten Einfluss darauf haben, welchen Preis sie für das nochmalige Anhören des Tons verlangten?
Und wieder war es, als würde ihr Verstand den Probanden sagen: »Wenn ich mir den ersten Ton für x Cent angehörthabe und den zweiten ebenfalls für x Cent, dann kann ich mir diesen doch auch für x Cent anhören!« Diejenigen, die als Erstes mit dem 10-Cent-Anker konfrontiert worden waren, akzeptierten niedrige Preise, selbst nachdem wir ihnen 90 Cent als Anker angeboten hatten. Hingegen verlangten diejenigen, die als Erstes den 90-Cent-Anker bekommen hatten, weiterhin viel höhere Preise, ungeachtet der verschiedenen nachfolgenden Anker.
Was haben wir damit gezeigt? Dass unsere ersten Entscheidungen noch eine ganze Weile nachhallen und weitere Entscheidungen beeinflussen. Der erste Eindruck ist ausschlaggebend, ob damit die Erinnerung verbunden ist, dass unser erster DVD-Player viel mehr gekostet hat als derartige Geräte heute (und feststellen, dass wir sie im Vergleich dazu jetzt fast geschenkt bekommen), oder ob wir uns daran erinnern, dass der Benzinpreis einmal weniger als die Hälfte des heutigen Preises betrug, was jeden Besuch bei der Tankstelle zu einem schmerzlichen Erlebnis macht. In all diesen Fällen bleiben die Zufallsanker, denen wir im Laufe der Zeit begegnet sind und die uns beeinflusst haben, noch lange nach der ursprünglichen Entscheidung in uns erhalten.
Da wir jetzt wissen, dass wir uns wie
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