Denken hilft zwar, nutzt aber nichts
dazwischen, und einige wenige legten sie knapp hintereinander. Die Studenten, die sich zwischen den Abgabeterminen nicht genügend Zeit ließen, zogen die Durchschnittsnote des Kurses nach unten. Waren die Termine nicht vernünftig verteilt – Termine, die die Studenten gezwungen hätten, sich früher im Semester mit ihren Arbeiten zu beschäftigen –, war die Abschlussarbeit im Allgemeinen hastig angefertigt und schlecht geschrieben und erbrachte auch ohne zusätzlichen Punktabzug als Strafe für jeden Tag Verspätung eine schlechtere Note.
Interessanterweise lassen diese Ergebnisse darauf schließen, dass zwar jeder Mensch Probleme mit dem Hinausschieben hat, dass aber diejenigen, die diese Schwäche erkannt und sich eingestanden haben, eher das Instrument der Selbstverpflichtung zur Überwindung dieser Schwäche einsetzen können.
So weit meine Erfahrungen mit meinen Studenten. Aber was haben sie mit dem Alltagsleben zu tun? Eine ganze Menge, denke ich. Versuchungen zu widerstehen und Selbstdisziplin zu üben sind allgemeine menschliche Ziele, und aus der Tatsache, dass wir immer wieder an ihnen scheitern, erwächst uns viel Leid. Um mich herum sehe ich überall Menschen, die sich wirklich bemühen, das Richtige zu tun, ob sie nun eine Diät halten wollen und sich schwören, den verführerischen Dessertwagen vorbeifahren zu lassen, oder Familien, die sich vornehmen, weniger auszugeben und mehr zu sparen. Der Kampf um Selbstdisziplin ist allgegenwärtig. Wir begegnen ihm in Büchern und Zeitschriften, Radio und Fernsehen bombardieren uns unablässig mit Botschaften zur persönlichen Weiterentwicklung und Selbsthilfe.
Und dennoch: Trotz all des elektronischen Geplappers und ausführlichster Behandlung des Themas in Druckerzeugnissen geraten wir immer wieder in dasselbe Dilemma wie meine Studenten – wir erreichen unsere langfristigen Ziele nicht. Warum? Weil wir ohne eine gewisse Selbstverpflichtung immer wieder der Versuchung erliegen.
Was wäre die Alternative? Aus den oben beschriebenen Experimenten lässt sich insbesondere der Schluss ziehen, dass, wenn eine »Stimme von außen« die Anweisungen erteilt, die meisten von uns sofort strammstehen. Schließlich schnitten die Studenten, denen ich die Termine vorgab – gewissermaßen als »elterliche« Stimme – am besten ab. Aber auch wenn es sehrwirkungsvoll sein mag, barsche Befehle zu erteilen; es ist nicht immer möglich oder wünschenswert. Wie könnte ein guter Kompromiss aussehen? Die beste Strategie scheint zu sein, den Menschen Gelegenheit zu geben, sich im Voraus auf die von ihnen bevorzugte Vorgehensweise festzulegen. Dieser Ansatz mag vielleicht nicht so effektiv sein wie ein diktatorisches Vorgehen, er kann aber helfen, uns in die richtige Richtung zu lenken (wahrscheinlich mit noch größerem Erfolg, wenn wir die Leute darin trainieren, so dass sie am eigenen Leibe erfahren, wie es ist, Termine selbst festzulegen).
Und das Fazit? Wir haben Probleme mit der Selbstdisziplin, wenn es um sofortige oder spätere Befriedigung geht – gar kein Zweifel. Aber für jedes Problem, mit dem wir konfrontiert werden, gibt es auch eine Methode der Selbstdisziplin. Wenn es uns nicht gelingt, einen Teil unseres Gehalts auf die hohe Kante zu legen, können wir das Angebot der automatischen Abbuchung eines bestimmten Betrages nutzen, das unser Arbeitgeber anbietet; wenn wir nicht die Willenskraft aufbringen, allein regelmäßig Sport zu treiben, können wir mit Freunden einen festen Termin für eine gemeinsame sportliche Aktivität vereinbaren. Diese Instrumente können wir uns zunutze machen, um mit ihrer Hilfe zu den Menschen zu werden, die wir sein wollen.
Welche anderen durch Hinausschieben entstehenden Probleme könnte eine solche Selbstverpflichtungsstrategie lösen helfen? Nehmen wir als Beispiele die Gesundheitsvorsorge und Verbraucherkredite.
Gesundheitsvorsorge
Jedermann weiß, dass Gesundheitsvorsorge in der Regel – für den Einzelnen wie für die Gesellschaft – kosteneffektiver ist als unser gegenwärtiges System der Behandlung von Erkrankungen. Vorbeugung bedeutet, sich regelmäßig untersuchen zu lassen, bevor sich Krankheiten entwickeln. Aber eine Darmspiegelung oder Mammographie sind immer sehr belastend. Selbst eine Kontrolle des Cholesterinspiegels, für die Blut abgenommen werden muss, ist unangenehm. Während also auf lange Sicht unsere Gesundheit und ein langes Leben von solchen regelmäßigen Untersuchungen abhängen, schieben
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