Denken hilft zwar, nutzt aber nichts
Abendessen einladen – oder Kinder überreden wollen, ein Gericht zu essen, das sie noch nicht kennen. Ebenso können Sie den Geschmack eines Gerichts verbessern, wenn Sie die Tatsache verschweigen, dass Sie für den Kuchen eine Fertigbackmischunggenommen, den Cocktail mit einem No-Name-statt mit einem Markenorangensaft gemixt haben oder, bei Kindern, die Gelatine im Pudding aus Kuhhufen gemacht wurde. (Damit möchte ich nicht sagen, dass ich solch ein Vorgehen moralisch billige, sondern nur auf das zu erwartende Ergebnis hinweisen.)
Schließlich sollte man auch die Wirkung der Präsentation nicht unterschätzen. Es hat seinen Grund, dass in Kochkursen genauso viel Wert darauf gelegt wird, das Gericht kunstvoll auf dem Teller zu arrangieren, wie aufs richtige Braten und Backen. Auch wenn Sie ein Gericht zum Mitnehmen kaufen, sollten Sie die Styroporpackung entfernen, das Essen auf schönen Tellern servieren und garnieren – insbesondere, wenn Sie nicht allein sind. Es macht viel aus.
Diese Vorschläge liegen mir besonders am Herzen, weil ich neben meinem Beruf als Verhaltensökonom auch hoffnungsvoller Autor eines (noch nicht erschienenen) Ratgebers mit dem Arbeitstitel »Speisen, ohne Krümel zu hinterlassen: Die Kunst, über dem Spülbecken zu essen« bin. Und noch ein Rat: Wenn Sie Ihren Gästen ein besonderes Erlebnis verschaffen wollen, sollten Sie etwas Geld in ein paar schöne Weingläser investieren.
Sollten Sie großen Wert auf Wein legen, rate ich Ihnen darüber hinaus, sich jeweils verschiedene Gläser für Burgunder, Chardonnay, Champagner und so weiter zuzulegen. Jede Glasform soll dem Wein die richtige Umgebung geben, damit er sich voll entfalten kann (dass die Form des Glases, wie kontrollierte Versuche gezeigt haben, bei objektiven Blindtests nicht die geringste Rolle spielt, hält die Leute nicht davon ab, einen bedeutenden Unterschied festzustellen, wenn man ihnen das »richtige« Glas reicht). Außerdem können Sie vielleicht selbst in dem jeweils passenden feinen Glas den Wein bessergenießen, wenn Sie vergessen, dass die Form des Glases wirklich keinerlei Einfluss auf den Geschmack des Weins hat.
Natürlich spielen Erwartungen auch anderswo eine Rolle. Wenn Sie jemanden ins Kino einladen, können Sie sein Vergnügen steigern, indem Sie erwähnen, dass der Film großartige Kritiken bekommen hat. Das ist auch ein wesentlicher Aspekt beim Imageaufbau für eine Marke oder ein Produkt, denn beim Marketing geht es um nichts anderes als darum, den Konsumenten Informationen zu geben, die den zu erwartenden oder tatsächlichen Genuss erhöhen. Aber ist es wirklich so, dass die durch Werbung geweckten Erwartungen eine Rolle dabei spielen, ob etwas uns gefällt beziehungsweise schmeckt oder nicht?
Sicher erinnern Sie sich an die berühmte Werbekampagne »Mach den Pepsi-Test« im Fernsehen (oder Sie haben zumindest davon gehört). Die Werbespots zeigten nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Personen, die Coca-Cola und Pepsi-Cola probierten und dann sagten, welche von beiden ihnen besser schmeckte. Natürlich zogen die Leute bei dem von Pepsi produzierten Werbefilm Pepsi vor. Gleichzeitig hieß es jedoch in der Coca-Cola-Werbung, die Leute zögen Coke vor. Wie konnte das sein? Hatten die beiden Unternehmen ihre Statistiken frisiert?
Die Antwort lautet, dass die beiden Firmen ihr Produkt unterschiedlich testeten. Bei Coca-Cola sollen die Testpersonen gesehen haben, was sie tranken, auch das berühmte rote Logo. Pepsi hingegen arbeitete mit Blindtests und handelsüblichen Plastikbechern, die mit M und Q gekennzeichnet waren. Könnte es sein, dass Pepsi bei Blindtests besser schmeckte und Coke bei identifizierten Tests (also bei Kenntnis der konsumierten Marke)?
Um das Rätsel um Coke versus Pepsi zu entschlüsseln,führte eine Gruppe herausragender Neurowissenschaftler – Sam McClure, Jian Li, Damon Tomlin, Kim Cypert, Latané Montague und Read Montague – eigene Blind- beziehungsweise identifizierte Tests durch. Das Moderne bei diesen Versuchen war die Anwendung der sogenannten funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT), eines bildgebenden Verfahrens, mit dem die Forscher die Gehirnaktivität der Teilnehmer darstellen konnten, während diese das jeweilige Getränk zu sich nahmen.
Das war übrigens nicht einfach, weil die Probanden dabei vollkommen ruhig liegen mussten. Um dieses Problem zu lösen, legten Sam und seine Kollegen den Teilnehmern jeweils einen langen Schlauch in den Mund und
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