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Denken hilft zwar, nutzt aber nichts

Denken hilft zwar, nutzt aber nichts

Titel: Denken hilft zwar, nutzt aber nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Ariely
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flößten ihnen aus der Entfernung das Getränk (Pepsi oder Coke) ein. Währenddessen wurden die Versuchspersonen auf visuellem Weg informiert, wenn Coke oder Pepsi beziehungsweise eines der beiden ohne Nennung der Marke kam. Auf diese Weise konnten die Forscher die Aktivierung des Gehirns der Probanden beobachten, während sie Coke oder Pepsi tranken – sowohl mit dem Wissen, um welches der beiden Getränke es sich handelte, als auch ohne dieses Wissen.
    Und wie sah das Ergebnis aus? Übereinstimmend mit den Werbespots im Fernsehen zeigte sich, dass die Aktivität des Gehirns unterschiedlich ausfiel, je nachdem, ob der Name des Getränks genannt wurde oder nicht: Immer wenn die Probanden einen Schluck Coke oder Pepsi erhielten, wurde der Gehirnbereich, der emotionale Reaktionen steuert und verarbeitet – der sogenannte ventromediale präfrontale Kortex (VMPFC) –, stimuliert. Doch wenn die Teilnehmer wussten, dass sie einen Schluck Coke bekommen würden, geschah noch etwas anderes. Dann nämlich wurde zusätzlich auch der vordere Bereich des Gehirns aktiviert, nämlich der dorsolateraleTeil des präfrontalen Kortex oder DLPFC, ein Bereich, der an höheren Gehirnfunktionen wie etwa dem Arbeitsgedächtnis, Assoziationen sowie Erkenntnissen und Gedanken höherer Ordnung beteiligt ist. Selbstverständlich geschah dies auch beim Trinken der Pepsi, bei Coke jedoch in höherem Maße (und natürlich war die Reaktion bei denen, die eine starke Vorliebe für Coke hatten, stärker).
    Die Reaktion des Gehirns auf den elementaren Genusswert (im Wesentlichen Zucker) war bei beiden Getränken gleich. Die stärkere Reaktion bei Coke beruhte auf der Marke – sie aktivierte die Gehirnfunktionen höherer Ordnung. Diese Zusammenhänge und nicht die chemischen Eigenschaften des Getränks verschafften Coca-Cola seinen Marktvorteil.
    Interessant ist aber auch, wie der vordere Gehirnbereich mit dem Lustzentrum zusammenhängt. Es gibt eine Dopaminverbindung, über die der vordere Gehirnbereich das Lustzentrum aktiviert und steuert. Das ist vermutlich der Grund, warum Coke bevorzugt wurde, wenn der Markenname bekannt war – die Assoziationen waren stärker, so dass der Teil des Gehirns, der für diese Assoziationen zuständig ist, die Aktivität des Lustzentrums im Gehirn verstärken konnte. Das müsste natürlich eine gute Nachricht für jede Werbeagentur sein, denn es bedeutet, dass die leuchtend rote Dose mit dem schwungvollen Schriftzug und die zahllosen Botschaften, die im Lauf der Jahre auf die Konsumenten herabgeregnet sind (wie »Mach mal Pause … trink Coca-Cola«), ebenso verantwortlich sind für die verbreitete Vorliebe für Coca-Cola wie das braune, sprudelnde Zeug, das sich darin befindet.
     
    Erwartungen führen auch zur Entstehung von Stereotypen. Schließlich handelt es sich bei einem Stereotyp um die Kategorisierung von Informationen mit dem Ziel, Erfahrungenvorherzusehen. Das Gehirn kann nicht in jeder neuen Situation bei null anfangen. Es muss auf dem aufbauen, was es zuvor wahrgenommen hat. Aus diesem Grund sind Stereotypen nicht von Haus aus schlecht. In dem nie endenden Versuch, unsere komplexe Umwelt zu verstehen und zu ordnen, beschleunigen sie sozusagen die »Erkenntnis«. Darum erwarten wir beispielsweise, dass ein älterer Mensch Hilfe beim Umgang mit dem Computer braucht oder dass ein Harvard-Student intelligent ist. * Da uns ein Stereotyp jedoch zu bestimmten Erwartungen hinsichtlich der Mitglieder einer Gruppe veranlasst, kann es unsere Wahrnehmung und unser Verhalten auch negativ beeinflussen.
    Die Erforschung der Stereotypen zeigt nicht nur, dass wir anders reagieren, wenn wir eine bestimmte Gruppe von Menschen mit einem Stereotyp belegen, sondern dass die auf diese Weise kategorisierten Menschen selbst ihr Verhalten ändern, wenn sie sich des Etiketts bewusst werden, das ihnen aufgedrückt wird (die Psychologen sprechen in einem solchen Fall von »Priming«, einer Art Vorprägung). Ein Stereotyp für Amerikaner mit asiatischem Hintergrund ist beispielsweise, dass sie eine besondere Begabung für Mathematik und Naturwissenschaften besitzen. Ein übliches Stereotyp für Frauen lautet, dass sie schwach in Mathematik sind. Das bedeutet, dass Amerikanerinnen mit asiatischem Hintergrund von beiden Vorstellungen beeinflusst werden.
    Dies wird durch Tests bestätigt. In einem bemerkenswerten Experiment baten Margaret Shin, Todd Pittinsky und Nalini Ambady Frauen aus der genannten Bevölkerungsgruppe, an einer

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