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Denken hilft zwar, nutzt aber nichts

Denken hilft zwar, nutzt aber nichts

Titel: Denken hilft zwar, nutzt aber nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Ariely
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stellten sie fest, dass sich ihre Wirkung zu 75 Prozent im Placebo-Kontrollversuch wiederholen ließ. 12 Gleiches galt für operative Eingriffe im Gehirn bei der Parkinson-Krankheit. 13 Als Chirurgen bei mehreren Patienten, um die Wirksamkeit dieser Operationen zu überprüfen, Löcher in den Schädel bohrten, jedoch ohne den gesamten Eingriff durchzuführen, war das Ergebnis bei den Patienten mit der simulierten Operation dasselbe wie bei denjenigen, die tatsächlich operiert worden waren. Und natürlich ließe sich die Liste nahezu unendlich fortführen.
    Zur Verteidigung dieser modernen Methoden und Medikamente wird sicher mancher vorbringen, dass sie in bester Absicht entwickelt wurden. Das stimmt. Aber es gilt größtenteils auch für die Anwendung ägyptischer Mumie. Und manchmal half das Mumienpulver genauso gut (oder zumindest nicht weniger) wie andere Mittel.
    Die Wahrheit lautet: Placebos funktionieren durch die Kraft der Suggestion. Sie wirken, weil die Menschen an sie glauben. Man sieht seinen Arzt oder nimmt eine Tablette, und schon geht es einem besser. Und wenn der behandelnde Arzt ein allseits gerühmter Spezialist ist oder das Medikament, das einem verschrieben wird, irgendein neues Wundermittel, dann geht es einem gleich noch ein Stückchen besser. Aber in welcher Weise beeinflusst uns Suggestion?
     
    Es sind im Großen und Ganzen zwei Mechanismen, die eine die Placebowirkung hervorrufende Erwartungshaltung erzeugen. Der eine Mechanismus ist der Glaube – unser Vertrauen in oder unser Glaube an das Medikament, die Behandlungsmethode oder den Behandler. Manchmal bewirkt schondie Tatsache, dass uns ein Arzt oder eine Krankenschwester Zuwendung zuteilwerden lässt oder uns beruhigend zuredet, dass es uns nicht nur bessergeht, sondern auch ein innerlicher Heilungsprozess angestoßen wird. Selbst die Begeisterung eines Arztes für eine bestimmte Behandlung oder Operation kann den Erfolg fördern.
    Der zweite Mechanismus ist die Konditionierung. Wie die berühmten Pawlowschen Hunde (die lernten, Speichel zu bilden, wenn eine Glocke ertönte) baut auch der menschliche Körper nach mehrmals wiederholter Erfahrung eine Erwartungshaltung auf. Angenommen, Sie haben eine Pizza bestellt. Wenn der Pizza-Bote an der Tür klingelt, beginnen Ihre Verdauungssäfte zu fließen, noch ehe Ihnen der appetitanregende Geruch in die Nase gestiegen ist. Oder nehmen wir an, Sie sind in den Flitterwochen. Während Sie mit Ihrem Liebespartner zusammengekuschelt auf dem Sofa liegen und in ein prasselndes Kaminfeuer schauen, setzt die Aussicht auf Sex Endorphine frei, die Sie auf das Kommende vorbereiten und Ihnen ein unendlich gesteigertes Wohlgefühl vermitteln.
    Bei Schmerzen können Erwartungen Hormone und Neurotransmitter freisetzen, zum Beispiel Endorphine und körpereigene Opiate, die nicht nur Schmerzen abblocken, sondern ein starkes Hochgefühl auslösen (Endorphine docken an denselben Rezeptoren an wie Kokain). So kann ich mich noch sehr gut an die Zeit erinnern, als ich mit schrecklichen Schmerzen auf der Station für Brandverletzte lag: Was für eine Erlösung, sobald ich die Schwester mit einer Spritze kommen sah, von der schon fast das Schmerzmittel tropfte! Mein Gehirn schüttete schmerzstillende Opioide aus, noch ehe sie mir die Nadel in die Haut stach.
    Etwas Bekanntes mag vielleicht Verachtung hervorrufen, aber auf jeden Fall erzeugt es Erwartungen. Markennamen,eine bestimmte Verpackung und die beruhigende Zuwendung einer behandelnden Person können bewirken, dass es uns bessergeht. Aber wie steht es mit dem Preis? Kann auch der Preis eines Medikaments unsere Reaktion darauf beeinflussen?
     
    Gehen wir allein vom Preis aus, können wir uns leicht vorstellen, dass ein Sofa für 4000 Dollar bequemer sein wird als eines für 400 Dollar; dass eine Designer-Jeans besser genäht und bequemer sein dürfte als eine von Wal-Mart; dass ein teures elektrisches Schleifgerät besser funktioniert als ein billiges; und dass die gebratene Ente bei Imperial Dynasty (für 19,95 Dollar) uns wesentlich besser munden wird als die von Wong’s Noodle Shop (für 10,95 Dollar). Aber kann solch ein unterstellter Qualitätsunterschied das tatsächliche Erleben beeinflussen, und zeigt sich dieser Einfluss auch bei objektiven Erfahrungen wie der Reaktion auf Medikamente?
    Ist ein preisgünstiges Schmerzmittel beispielsweise weniger wirksam als eines, das mehr kostet? Müssen Sie sich mit Ihrer Erkältung im Winter mehr quälen, wenn Sie

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