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Denken hilft zwar, nutzt aber nichts

Denken hilft zwar, nutzt aber nichts

Titel: Denken hilft zwar, nutzt aber nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Ariely
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ein Schnupfenmittel aus dem Drogeriemarkt nehmen, statt zu einem teuren Produkt zu greifen? Spricht Ihr Asthma auf ein Generikum weniger gut an als auf das neueste Medikament einer bekannten Firma? Mit anderen Worten: Verhält es sich mit Medikamenten wie mit chinesischem Essen, Sofas, Jeans und Werkzeugen? Können wir davon ausgehen, dass ein hoher Preis eine höhere Qualität bedeutet, und schlagen sich unsere Erwartungen in der objektiven Wirksamkeit des Produkts nieder?
    Diese Frage ist besonders wichtig. Tatsache ist, dass man mit einem preiswerteren Essen beim Chinesen oder einer günstigeren Jeans durchaus leben kann. Mit etwas Selbstdisziplin wird es uns normalerweise gelingen, einen Bogen umdie teuersten Markenprodukte zu machen. Aber suchen Sie wirklich nach Schnäppchen, wenn es um Ihre Gesundheit geht? Wenn wir den Schnupfen mal beiseitelassen: Werden viele Menschen knausern, wenn es um ihr Leben geht? Nein, wir wollen das Beste, für uns selbst, für unsere Kinder und unsere Angehörigen.
    Wenn wir das Beste für uns wollen, hilft uns dann ein teures Medikament besser als ein günstigeres? Ist der Preis wirklich ausschlaggebend? Genau das wollten Rebecca Waber (Doktorandin am MIT), Baba Shiv (Professor in Stanford), Ziv Carmon und ich vor einigen Jahren mit Hilfe von Experimenten herausfinden.
     
    Stellen Sie sich vor, Sie nehmen an einem Wirksamkeitstest für ein neues Schmerzmittel namens Veladone-Rx teil. (An dem echten Arzneimitteltest waren rund 100 erwachsene Bostoner beteiligt, aber wir lassen Sie jetzt an ihre Stelle treten.)
    Sie erscheinen morgens im MIT Media Lab. Taya Leary, eine junge Frau in korrektem Business-Anzug – die Studenten und Professoren am MIT sind viel salopper gekleidet –, begrüßt Sie mit herzlichen Worten, aus denen Sie einen leichten russischen Akzent heraushören. Das Schildchen mit Foto an ihrem Revers weist Taya als Vertreterin von Vel Pharmaceuticals aus. Taya bittet Sie, zuerst kurz eine Broschüre über Veladone-Rx durchzulesen. Sie sehen sich um und stellen fest, dass das Zimmer wie eine Arztpraxis aussieht: Auf dem Tisch liegen ein paar ältere Ausgaben von
Time
und
Newsweek
herum, einige Broschüren über Veladone-Rx, und in Reichweite steht ein Becher mit Stiften, auf denen das dekorative Logo des Medikaments prangt. »Veladone ist ein sensationelles neues Arzneimittel aus der Opioid-Familie«, lesen Sie. »Bei klinischen Studien berichteten über 92 Prozent der Patienten,die im kontrollierten Doppelblindversuch Veladone erhielten, von einer signifikanten Schmerzlinderung innerhalb von nur zehn Minuten, die Wirkung hielt bis zu acht Stunden an.« Und wie viel kostet das Medikament? Der Broschüre zufolge 2,50 Dollar pro Einzeldosis.
    Als Sie fertiggelesen haben, ruft Taya Rebecca Waber herein und verlässt den Raum. Rebecca (mit dem weißen Kittel einer Laborantin und einem Stethoskop um den Hals) stellt Ihnen einige Fragen zu Ihrem gesundheitlichen Zustand und den Krankheiten in Ihrer Familie. Sie hört Ihr Herz ab und misst Ihren Blutdruck. Dann werden Sie an eine kompliziert aussehende Maschine angeschlossen, aus der Kabel mit Elektroden am Ende hängen, die Rebecca mit grünem Elektrodengel einschmiert und an Ihren Handgelenken befestigt. Das ist ein Elektroschock-Generator, erklärt sie, und damit werden wir Ihre Schmerzwahrnehmung und -toleranz testen.
    Die Hand am Schalter, schickt Rebecca eine Reihe von Elektroschocks durch die Kabel und in die Elektroden. Die ersten Stromstöße empfinden Sie nur als lästiges Zwicken. Dann werden sie schmerzhaft, noch schmerzhafter und schließlich derart schmerzhaft, dass Sie erschrocken die Augen aufreißen und Ihr Herz zu rasen beginnt. Rebecca protokolliert Ihre Reaktionen. Dann startet sie eine neue Serie Elektroschocks, deren Intensität dieses Mal jedoch zufallsgesteuert schwankt: Manchmal sind die Stromstöße sehr schmerzhaft, ein anderes Mal nur unangenehm. Nach jedem Stromstoß sollen Sie mit Hilfe des Computers, der vor Ihnen steht, die empfundene Stärke des Schmerzes angeben. Dazu klicken Sie mit der Maus auf eine Linie, die von »überhaupt nicht schmerzhaft« bis zu »äußerst schmerzhaft« reicht (eine sogenannte »visuelle Schmerz-Analog-Skala«).
    Als Sie diesen Teil der Tortur hinter sich haben, blickenSie auf. Vor Ihnen steht Rebecca mit einer Veladone-Kapsel in der einen und einem Glas Wasser in der anderen Hand. »Es dauert ungefähr fünfzehn Minuten, bis das Medikament seine maximale

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