Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]
in jenem Kloster; bei den Serviten, Liguorianern, Franziskanern und zuletzt bei den Augustinern, wo er bis an seinen Tod verblieb. Sein Wirken als Prediger werden wir später zu schildern Gelegenheit haben.
Die Gestaltung der damaligen Zeit, in welcher das Deutsche Reich zusammengestürzt war, Napoleon durch den Rheinbund ins Herz aller deutschen Staaten, ins Herz der ganzen Nation mit eisernen Händen griff, das Schwankende, Unsichere aller politischen und somit auch aller sozialen Verhältnisse, das stets kühnere und gewaltsamere Ausbreiten der französischen Macht: dies alles drängte die Geister aus der freudenlosen, zer-rütteten Gegenwart in die feststehende Vergangenheit zurück, an der wenigstens ein Eroberer und Unter-drücker aller politischer wie aller literarischen Freiheit nichts mehr ändern konnte, so gern er auch in den römischen Klassikern die Stellen, welche die Sache der Freiheit gegen Anmaßungen der Gewalt verteidigen,
weggewünscht hätte. Das Studium der Geschichte fing an, bei der damaligen Generation ein lebhaftes Interesse zu erregen. Viele Gelehrte verlegten sich darauf, und man suchte Halt und Trost in der Be-trachtung der Vergangenheit. Diese allgemeine Stim-mung und der häufige Umgang mit Hormayr, Rid-ler^*'^, Vierthaler5<'*) regten auch in mir eine lebhafte Teilnahme für die Geschichte im allgemeinen und be-sonders für die meines Vaterlandes auf. Österreichs Plutarch erschien danials und erregte lebhafte Teil-nahme^®^). Mit Grund und überzeugenden Nach-weisungen ward von Sachverständigen vieles an dem Werke getadelt, tndes erreichte es den einen Zweck, den sich der Verfasser vielleicht vorgesetzt hatte, es weckte bei vielen wie bei mir den Sinn für vater-ländische Geschichte und sprach Phantasie und Ge-fühl an, weil es mit Wärme und dichterischer Auf-fassung geschrieben war. Auch sonst noch suchte Hormayr auf seine Freunde und durch sie aufs Publi-kum nach dieser Richtung zu wirken. Er wußte die beiden Collin für seine Absicht, Dichtung und Künste mit vaterländischen Gegenständen zu beschäftigen, zu gewinnen, er regte noch mehrere andere Geister an, die sich um ihn willig sammelten; er suchte Künst-lern denselben Sinn einzuflößen, und vieles geschah damals und auch später für die österreichische Ge-schichte, was den ersten Impuls durch Hormayr erhielt. Dies Verdienst muß man ihm zugestehen, obgleich er zwanzig Jahre später dieser Gesinnung in der Haupt-sache ungetreu wurde^®^).
Im Herbste des Jahres 1807, in der Nacht des MichaeHstages, erhob sich jejier denkwürdige Orkan, der in Wien Häuser abdeckte, den Turm der Augu-
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stinerkirche herabwarf — glücklicherweise ohne jemand zu beschädigen — Fenster eindrückte und im Augarten und in der Brigittenau die größten Bäume entwurzelte und niederwarf, so daß der Garten und die Au am folgenden Tage einem großen Verhaue glichen, durch den man kaum durchkommen konnte^"'').
Mein Name fing damals an, durch die Gleichnisse, Olivier^"^, Leonore^"*) usw. in Deutschland bekannt zu werden. Ich erhielt Aufforderungen von Buch-händlern, ihnen Beiträge zu Almanachen, Journalen usw. zu liefern. Die beachtenswertesten Aufforde-rungen der Art waren die von Fleischer in Leipzig für die Minerva ^1°), eines der besten damals erscheinenden Taschenbücher, und von Cotta in Stuttgart für den Damenkalender^^^) mitzuarbeiten. Der erste wies sich durch seine Briefe an mich, durch sehr hübsche Geschenke an Büchern, die er teils meiner Tochter, teils mir selbst noch über das sehr bedeutende Honorar verehrte, als ein wohlwollender Freund, und zeigte sich auch im Umgang so, als er 1810 eine Weile in Wien war und uns oft besuchte. Später scheinen häusliche Mißverhältnisse und eine, Wie mich dünkte, etwas zu jugendliche Neigung zu einem Schweizer-Landmäd-chen, das er heiratete, ihn bewogen zu haben, Leipzig und seine Geschäfte zu verlassen und sich in die Schweiz zu begeben. Seitdem habe ich nichts mehr gehört und dies aufrichtig bedauert; denn Fleischer war mir sehr würdig und wohlwollend zugleich er-schienen ^^2).
Cottas Aufforderungen brachten mich in'ein noch werteres Verhältnis; Madame Huber^^^, Heynes Tochter und Witwe von zwei ausgezeichneten Gelehr-ten: G. Forster und Huber, redigierte damals das
Morgenblatt. Sie schrieb mir »bei Gelegenheit einer Sendung für den Damenkalender. Von da entspann sich zwischen uns ein fleißiger und nach und nach so herzlicher, zusagender Briefwechsel, daß wir
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