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Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]

Titel: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 1769-1843 Caroline Pichler , 1881-1925 Emil Karl Blümml
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Gemüt stets ausgezeichnet waren, dessen endliche Erhebung auf den Fürstenstuhl für seinen gediegenen Wert beweist, und ich denke gern an die
    längstvergangene Zeit, zwischen die und jetzt sich ein halbes Jahrhundert drängt, wo ich mit ihm jugend-liche Freuden teilte oder zehn Jahre später, als er schon Priester war, mich an seinem geistreichen Um-gang ergötzte oder an seinen Predigten erbaute, die wirklich sehr gut waren und ein zahlreiches Publikum hatten.
    Das berühmte Kürassierregiment ,^Hohenzollern (vor 200 Jahren Dampierre, später Großfürst Konstantin, oder wie es jetzt heißen mag) marschierte durch Wien, und wie es sich dies Vorrecht durch die Befreiung Kaiser Ferdinands II. im Jahre 1619 verdient, zog es durch die Stadt, durch die kaiserliche Burg, und schlug sein Werbgezelt auf dem Burgplatze auf, wo sich so-gleich zwei Fürsten Liechtenstein^'*) anwerben ließen. Mich regte das alles ungemein auf, und ich dichtete eine Romanze, deren Inhalt diese Rettung des Kaisers und das von diesem Regimente erworbene Vorrecht waren. Die Romanze^**) erschien, wenn ich nicht irre, an dem Tage selbst, wo der Einmarsch statthatte, und ich sah die ganze Zeremonie mit wahrhaft klopfendem Herzen und unter frommen, aber zitternden Wünschen für den glücklichen Ausgang aller dieser Bestrebungen aus den Fenstern des k. k. Archivs an Hormayrs Seite an, dfsr voll stolzer Hoffnungen war und sich anschickte, als Generalintendant nach Tirol zu gehen und dort den Landsturm gegen die Bayern und Franzosen zu organisieren^"). Es war wohl nur Zufall, aber doch ein böses Omen, daß er gerade am Karfreitag zu dieser Mission von hier abging.
    Die Würfel waren geworfen, die Regimenter mar-schierten gegen den Feind. In unserm Kreise befanden sich mehrere Familien von Offizieren; die Frauen, die
    Verwandten sahen mit noch bangerem Gefühl als wir übrigen dem Schicksale der kommenden Tage ent-gegen; denn manche traurige Erfahrung von 1797, 1800, 1805, Preußens Schicksal in den Jahren 1806 bis 1807 hatten uns die frohe Zuversicht in das Glück der österreichischen Waffen im Konflikt mit jenen bis dahin unüberwindlichen Armeen sehr geschwächt. Jedoch lebte noch manche freundliche Hoffnung in uns, gestützt auf die Größe und Wirksamkeit der An-stalten, auf den Ruhm des Erzherzogs Karl, der zum GeneraHssimus ernannt war, und den neuen patrio-tischen Geist, der die ganze Nation beseelte.
    So vergingen einige Tage. Es waren, um den Schutz des Himmels für unsere wirklich gerechte Sache an-zuflehen, Bittgänge angeordnet, an denen der Hof und die ganze Stadt teilnahmen^"). Ehe der Tag zu diesen Prozessionen erschien, ereilten uns schon trübe, unglückverkündende Botschaften. Der Unfall bei Regensburg war eingetreten ^^^. Von einem Vorrücken oder Angreifen keine Rede mehr. Die Armee des Erz-herzogs zog sich nach Böhmen. Mit welchen Gefühlen der Angst und inbrünstiger Andacht um Abwendung der abermals drohenden Gefahr wurde diese Pro-zession begangen! Mit welchen schmerzHchen Ge-fühlen betrachtete ich den Dom von St. Stephan, während die Prozessionen der Vorstädte laut betend und den Herrn der Könige, der „ihre Herzen wie Wasserbäche lenkt" ^'^), um Schutz und Segen für den Monarchen, für das Vaterland, für jeden einzelnen anrufend, in denselben einzogen! Ach, dieser Dom! welche Schicksale hatte er nicht schon gesehen, was hatte er nicht mit Österreich mitgemacht! Ruhm und Glanz, Not und Gefahr, Elementarstürme und Be-
    lagerungen! Es kam mir in dem Augenblick das ehr-würdige Gebäude mit seinen kolossalen Dimensionen, mit seiner altertümlichen Pracht, mit seinen, durch fünf Jahrhunderte dauernden Mauern wie ein Symbol, wie ein Repräsentant von Österreich und von seinem Kaiserhause vor. Waren es denn nicht einige der ersten Herzoge aus diesem Hause, welche den, von den Babenbergern gegründeten kleinen Bau nach einem größern Plan erweitert und in der Pracht hergestellt hatten, in der wir ihn noch sehen ? Gerade wie auch das Haus Habsburg die anfangs kleine Macht der Ostmark endlich zu der Größe von Bedeutenheit und Gewalt gebracht hat, deren sich Österreich jetzt erfreuen durfte.
    Durch unsern werten Freund, Baron, jetzt Graf Rothkirch, der als Major vom Generalstabe mit der Armee fortgezogen war, bekam ich die erste ausführ-hchere Nachricht von jenen Unglücksfällen. Sein Brief, in sehr düsterm Ton geschrieben, war aus einem kleinen Flecken an der böhmischen Grenze datiert. Er schickte mir durch

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