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Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]

Titel: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 1769-1843 Caroline Pichler , 1881-1925 Emil Karl Blümml
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allem hatte der ernste, beinahe düstere Ausdruck seiner blauen Augen etwas Anziehendes, so-wie überhaupt sein ganzes Wesen durch diesen Ernst und eine gewisse ruhige Würde mehr etwas Deutsches als
    Französisches verkündigte. Auch hatte er früher, wie ich erfuhr, während der Revolution, in der sein Vater und seine Brüder unter der Guillotine starben, eine Weile in österreichischen Kriegsdiensten als Ritt-meister unter Kinsky Chevauxlegers gestanden, und während seines damahgen Aufenthaltes in Wien sich viel auf der kaiserlichen Bibliothek aufgehalten, wo er sich wissenschafthch beschäftigte und Deutsch er-lernte, was er denn auch ziemHch geläufig sprach. Ich habe De la Borde viel seltener gesehen als Denon, und eben deswegen, sowie auch seines ernsten,' weniger mitteilenden Sinnes wegei\ nicht soviel mit ihm als mit jenem gesprochen, aber die Erinnerung an ihn wird mir stets werter bleiben, weil in dem, was und wie er sprach, z. B. iii seinen Äußerungen über Chateau-briand ^®i), den er seinen Freund nannte und mit schö-ner Wärme von ihm redete, sich mir ein viel tieferes Ge-müt und ein ernsterer Geist zeigte, als bei dem zwar liebenswürdigen, aber durchaus französischen Denon. Später las ich den Roman der Frau von Fouque: „Das Mädchen aus der Vendee"^"^^, und in diesem ist ein Franzose Sombreuil (wenn ich nicht irre) geschildert, von dem ich immer dachte, er müsse ausgesehen und sich gezeigt haben wie Graf De la Borde.
    Allmählich kam es nun zum Friedensschluß, und wie ungünstig dieser für Österreich ausfiel, wie das teure Tirol, die Lombardie, Venedig, Dalmatien, Kärnten mit Krain, Salzburg usw. verloren gingen, weiß die Welt ohnedies. — Es war eine schmerzliche Zeit für jeden, dem sein Vaterland teuer war.
    Der französische Kaiser hielt sich nun meistens in Schönbrunn auf, wohin er abwechselnd das deutsche Schauspiel und die Oper kommen ließ, um dort auf
    dem kleinen Theater des Palastes zu spielen ^°^). Denon hatte versprochen, uns einmal Billetten zu verschaffen, und er hielt Wort. Mit Frau von Flies fuhr ich in einem Postzug, mit vier Maultieren bespannt, nach Schönbrunn. Die Equipage gehörte einem ihrer Be-kannten, einem französischen General, und ich fand zu meinem Erstaunen, daß diese vier sehr wohlgebil-deten braunen Tiere mit uns so schnell davon Hefen, als wären es engHsche Hengste gewesen, und also durch nichts als die längeren Ohren an ihre Zwitterabkunft erinnerten.
    Im Theater, das sehr niedlich und wohlgebaut ist, angekommen, fanden wir die Galerien mit lauter fran-zösischer Generalität in strahlenden Uniformen be-setzt, und Frau von Flies nannte mir einige ihrer Be-kannten. Der Vorhang war noch zugezogen, man wartete auf den Kaiser. Nachdem dies eine feine Weile gedauert und mir Zeit gelassen hatte, einen verglei-chenden Rückblick auf unsern väterlichen Monarchen zu werfen,, der stets die Ordnung selbst war, pünkt-lich die Stunden einhielt und nie das Publikum oder die Behörden warten ließ, erschallte plötzlich gegen 8 Uhr ein gäher und lauter Trommelwirbel, der die Ankunft des Kaisers verkündete, und ich konnte aber-mals nicht umhin, dies unfreundliche Getöse mit dem unheimlichen Gerolle zu vergleichen, womit bei uns eine Feuersbrunst, folglich ein Unglück, angekündigt zu werden pflegt. Ach, ein Unglück, und ein großes für uns war ja die Anwesenheit dieses Mannes im Lust-schloß unserer Monarchen!
    Er kam und setzte sich, ein Komödienbuch in der Hand, in der Loge nieder; hinter ihm standen seine Adjutanten oder wer die Herren waren, einen darunter,
    GeneralDuroc**•*), nannte mir meine Freundin. Da war er nun, der Erderschütterer, der Mensch, der an allen Thronen Europas gerüttelt, manchen schon um-gestürzt, manchen seiner besten Grundfesten be-raubt hatte! Was konnte er noch tun wollen, er, dem, wie es schien, nichts unmöglich war, und in dessen ab-soluten Willen unser aller Geschick gegeben schien? Das waren meine Gedanken, während ein Akt des Sar-gines ^°^), und dann ein kleines Divertissement vor uns ■aufgeführt wurde, auf welches meine Seele viel weniger -achtete, als auf den Furchtbaren da oben in der Loge — den ein Schuß von geschickter Hand, so wie er sorglos da saß, herabstürzen und somit allen seinen . welterobernden Plänen und dem Elend, das er über die Menschheit gebracht hatte und noch bringen konnte, ein Ende hätte machen l^önnen. Jener Erfurter, der bald darauf bei einer Revue in Schönbrunn er-griffen

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