Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]

Titel: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 1769-1843 Caroline Pichler , 1881-1925 Emil Karl Blümml
Vom Netzwerk:
als Schriftsteller sowie überhaupt als geistreicher Mann ausgezeichneter Preuße, Herr Varnhagen*"^) war, der, wie so manche seiner Landsleute, öster-reichische Dienste genommen und den gegenwärtigen Feldzug mitgemacht hatte, wie denn auch ein Aufsatz von ihm über die Vorfälle desselben erst neuerlich in einem historischen Taschenbuche erschienen ist*^°). Damals war er ein junger Mann, und noch nicht durch seine eigenen und seiner nicht minder berühmten Frau geistsprühende Schriften merkwürdig geworden; aber schon damals war seine Unterhaltung sehr lebhaft und geistvoll, und schon damals sprach sich sein eminentes Talent, Charaktere zu schildern, freilich nur erst in höchst charakteristisch aus Papier ausgeschnittenen Figürchen aus. Denselben Abend waren auch De la Borde und Denon zugegen, und die Stunden verflossen angenehm im Kreise so hochgebildeter Personen.
    Endlich verließen die fremden Truppen die Stadt und das Land^^^), und nur wenige blieben in Wien, welche durch irgendein noch zu berichtigendes Geschäft hier aufgehalten wurden. Nun durften wir endHch der An-kunft unsers Kaisers, des Hofes und der langabwesen-den Freunde entgegensehen. Welches Wiedersehen nach so vielen Leiden, nach so viel Unglück und Ver-lust im Vaterlande! Und wie geschah es so ganz anders, als wohl jedermann geglaubt hatte!
    Es war am 27. November 1809 an einem trüben Herbstabend, wie sie in dieser Jahreszeit zu sein pflegen, als unser geliebter Kaiser, vermutlich um auf keine
    Weise Aufsehen zu erregen, in der Husarenuniform sei-nes Regimentes, wie man ihn hier nicht gewöhnhch zu sehen pflegte, nur vom einzigen Grafen Wrbna^^^) be-gleitet, in einer unscheinbaren und, wie man erzählte, sogar bepackten Chaise zum Stubentor, etwa um vier Uhr nachmittags, in die Stadt hereinfuhr. Aber sein Volk erkannte auf der Stelle den geHebten Vater. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht durch die Straßen. — Alles Uef zusammen, bald ward der Wagen umringt, und unter lautem Vivatrufen und dem Freu-denjubel des Volkes in die Burg begleitet. Ein Fran-zose von den wenigen Zurückgebliebenen, der am Stephansplatze auf einem Eckstein stehend, dieses Schauspiel mit ansah, soll sich nicht haben enthalten können auszurufen, indem er einem Bürger auf die Achsel klopfte: Braves Volk!
    In der Burg angelangt, wo sich schon eine zahllose Menschenmenge zusammengefunden hatte, war das Gedränge an und auf der Treppe so groß, daß sie ihren geliebten Monarchen, wenn er es nur gestattet hätte, auf den Schultern bis in seine Gemächer getragen hät-ten. Binnen einer Stunde wußte man im ganzen Um- j kreis der weiten Vorstädte die frohe Kunde, und so wie es ganz dunkel ward, entbrannte — wie in allen Herzen
    — so auch in allen Fenstern der Stadt und Vorstädte eine — nicht gebotene, nicht vorbereitete, eine wahr-haft aus Liebe und Treue improvisierte Illumination.
    — Die Leute waren ganz freudetrunken — der Kaiser war wieder da! die Feinde abgezogen — das alte Öster-reich konnte wieder ins Leben treten! Schwärmer und Raketen, Polier und Freudenschüsse knallten den gan-zen Abend und die Nacht durch die dunkle Luft! Es-war ein großer, ein herrlicher Tag — um so größer,
    ,.,_^
    um so herrlicher, weil er nicht auf Sieg und Triumph folgte, sondern im Unglück, nach Verlust und Schmer-zen die alte Liebe und Treue nur desto glänzender sich erwies ^^2).
    Das unglückliche und doch für Österreich in so vie-lem Sinne ehrenvolle Jahr 1809 war nun vorüber. Un-sers geliebten Kaisers heldenmütiger Bruder hatte den bisher Unbesiegten in einer groi3en Schlacht überwun-den, und unser Österreich hatte, wie Körner in der Schlacht von Aspern bald darauf sang:
    Einen Tag und einen Mann'")!
    Es hatte sich starkmütig und kräftig gegen den Feind, in rührender Treue gegen sein Herrscherhaus, und mit-ten in Bedrängnissen mildtätig und menschenfreund-lich auch gegen leidende Feinde gezeigt; es hatte end-lich den unerschöpflichen Reichtum seines von Gott gesegneten Bodens durch die Menge von Lebensmitteln bewiesen, welche trotz allem, den Sommer über not-wendig gewordenem Verbrauche, bei so zahlreichen Heeren, die in Österreich lagen, und bei der nicht zu vermeidenden Verschwendung, welche dabei statt hatte, jetzt, da die Feinde abgezogen waren, auf unsern Märk-ten erschienen, gleich als wären gar keine ungebetenen Gäste dagewesen. Aber aller dieser tröstlichen Betrach-tungen ungeachtet, blutete es aus zu vielen Wunden, als

Weitere Kostenlose Bücher