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Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]

Titel: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 1769-1843 Caroline Pichler , 1881-1925 Emil Karl Blümml
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unglück-lichen Schlacht bei Wagram, Waffenstillstand geschlossen worden, zwischen Champagny^^^) und dem damaligen Grafen Metternich^^') abgehandelt wurden. Da uns alle verläßlichen Nachrichten unmittelbar von unsern Leuten fehlten, so mußten oder sollten wir alles glau-ben, was die Franzosen aus eigener Ansicht oder Rodomontade uns aufheften wollten. Dazu kam noch, daß gar viele hier lebten, die es im Herzen mit den Feinden hielten, und alles, was uns nachteilig klang, als das Wahrscheinlichste begierig auffaßten und eifrig verbreiteten. Daß Tirol, das edle, treue Land, nachdem es durch unsäghche eigene Anstrengungen sich selbst vom Joche der Feinde befreit hatte, doch wdeder an Bayern, das sich so undeutsch in jeder Rücksicht gegen Österreich bewiesen hatte, verloren werden sollte, war schon ausgemacht und erregte den tiefsten, unwilHgsten Schmerz bei allen echt österreichischen Herzen; aber die Grenzlinie der abzutretenden Länder wurde im Anfange, wenigstens durch das Gerücht, so nahe ge-zogen, daß man hätte darüber verzweifeln können. Allmählich erweiterte sich aber diese Schranke, ging über die Steiermark hinaus und über Ungarn, und schloß sich zuletzt an dem illyrischen Königreiche^^*). Ich will auch glauben, daß dies nicht bloß Gerücht, sondern wirklich der Gang der Unterhandlungen war,
    und daß der Sieger im Beginne seine Forderungen nicht hoch genug spannen zu können glaubte. Haben es seine Leute doch mit allen ihrenForderungen also gemacht, und wenn sie schrieben: Je vous invite (das war der Ausdruck) de nous fournir 10,000 rations de pain oder de foin usw., so waren sie zuletzt mit 4000 oder 3000 auch zufrieden. ■
    So kam endHch der Herbst heran, und mit ihm ein Anfang des geseUigen Lebens. Bei meiner treuen mütterKchen Freundin Flies lernte ich zwei sehr aus-gezeichnete Männer kennen, welche dem französischen Kaiser nach Wien gefolgt waren, den berühmten Rei-senden Denon und den Grafen Alexandre De la Borde. Der erste war wahrscheinlich jetzt während der Unter-handlungen berufen worden, um sich hier in Biblio-theken und Kunstsammlungen umzusehen und zu nehmen, was ihm und seinem Kaiser gefiel; der zweite. De la Borde, war mit der Direktion der kaiserHchen Domänen beauftragt, und der Tiergarten wurde da-mals ziemlich von Bäumen entblößt, welche die Fran-zosen fällen und verkaufen ließen.
    Denon ^^^), ein ansehnlicher Mann von sechzig Jahren ungefähr, dessen bedeutende Züge und halbkahler Scheitel an die Darstellungen des Apostels Petrus er-innerten, war im Umgange höchst angenehm und ganz so, wie ein echter Gelehrter, der zugleich Welt hat, sein sollte. Sein vieles Wissen, seine zahlreichen Kenntnisse traten in der Gesellschaft nie unger^fen hervor. Nur ihr Resultat, eine geistreiche Unterhal-tung, und ein gebildetes, gründliches Urteil über jeden vorkommenden Gegenstand gab sich im Gespräche kund. Brachte man ihn aber gefHssentlich auf irgend-eine Sache, eine Begebenheit, die in sein Fach ein-
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    schlug, fragte man ihn geradezu um irgend etwas der Art, dann gab er auch mit Redseligkeit Bescheid, und wußte die Gesellschaft mit Anekdoten und einzelnen Zügen seiner Erlebnisse geistreich und belehrend zu unterhalten. Er ließ sich auch bei uns vorstellen, zeichnete meine Mutter sehr aus und lieferte mir durch seine Erzählungen Stoff zu ein paar Novellen, um deren Bearbeitung er sich höchlich interessierte. Meine Tochter, damals noch fast ein Kind, spielte schon ziemlich artig Fortepiano, in welcher Kunst ich sie selbst unterrichtet hatte. Es kam die Rede darauf; Denon hätte gern das organisierte Piano, das ich damals noch besaß, gehört; Lottchen wurde auf-gefordert, zu spielen und machte es recht artig, wofür ihr denn der galante Denon die Hand küßte. — Das war dem Mädchen noch nie widerfahren, und es war komisch anzusehen, wie Freude und Verwirrung, Respekt vor dem übergelehrten Herrn, den sie als etwas Außergewöhnliches betrachten gelernt hatte, und Ge-fühl der eigenen Wichtigkeit, die ihr dieser Hand-kuß zu geben schien, sich in dem lieblichen Gesichtchen malten.
    Wenn nun Denon durch Geist und Kenntnisse so-wie durch sein von aller Pedanterie entferntes Betragen einen vorteilhaften Eindruck auf die Gesellschaft machte, so flößte De la Borde *°ö) ein Interesse ganz ver-schiedener Art ein. Ohne Anspruch auf Schönheit zu machen, waren Figur und Züge dieses Mannes, der kaum sein vierzigstes Jahr erreicht haben mochte, sehr angenehm. Vor

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