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Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]

Titel: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 1769-1843 Caroline Pichler , 1881-1925 Emil Karl Blümml
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Pich-lers Wunsch nicht abweisen, und so fing ich denn an,
    mich nach einem Stoff zu einer Tragödie (denn daß ich kein Lustspiel schreiben konnte, war ich überzeugt) in -der Geschichte umzusehen. Unsers verewigten Freun-des Collin Beispiel leuchtete mir hell vor, die ganze Richtung meiner Bildung, die eigentlich das war, was man jetzt im Gegensatze mit dem Romantischen klas-sisch nennt, stimmte dazu. — Tacitus war stets ein mir " sehr zusagender Autor gewesen, und Germanicus' Cha-rakter und Schicksal vor vielen Helden des Altertums würdig, edel und hochtragisch erschienen^^^). Über-dies lag in diesem Geschick und Charakter noch eine nahe und geheime Beziehung, welche mich diesen Helden vor vielen andern zu wählen bestimmte. Ich fand näm-lich in der miHtärischen Größe desselben, in seiner menschHchen Würde, und in manchen amtlichen und vom bösen Willen anderer herrührenden Verfolgungen viel Ähnlichkeit mit unserm, von mir stets so innig ge-achteten Erzherzog Karl. Dies machte mir den Nef-fen des Tiberius noch teurer — und mein Stoff war ge-wählt.
    Nun sah ich mich noch in der römischen Geschichte etwas genauer nach der Epoche um, in welche ich meine Handlung verlegen woUte, und so trat denn allmählich aus dem Dunkel meiner Seele der fertige Plan zu dem Stücke hervor, und die Liebesgeschichte, welche ich hineinverweben zu müssen glaubte, schien mir damals anziehend, passend, und ein glücklicher Gedanke. Viele Ausdrücke im Tacitus weisen darauf hin, daß Agrippi-nens Charakter ernst, würdig, aber nicht angenehm ge-wesen sein mußte. Leidenschaftliche Heftigkeit und unweibliche Schärfe mögen sie oft über die zarten Schranken gerissen haben, die Sitte und Pflicht der Frau vorschreiben. Ihr Gemahl selbst warnt sie noch
    auf dem Todbette davor, und empfiehlt ihr, ihr Rache-gefühl zu bemeistern. Dieser achtungs-, aber nicht lie-benswürdigen Frau mußte nun — so entwarf ich, wie ich jetzt wohl einsehe mit zu modernem Sinn, den Plan — Germanicus nur aus Familienrücksichten die Hand gereicht, doch auf jeden Fall eine zufriedene und von der Welt geachtete Ehe mit ihr geführt haben. Seine schönern Jugendempfindungen waren seiner ersten Liebe, eben jener Plancina zugewendet, die er in Asien nach langer, ganz hoffnungsloser Trennung als die un-glückliche Gattin seines bittersten Feindes, des Pro-konsul Calpurnius Piso wiederfindet. Plancina hat eben-falls den Jugendgeliebten nicht vergessen, und da ihr die Rachepläne ihres Gemahls bekannt werden, wagt sie es, als Sklave verkleidet, den Feldherrn zu warnen. Er erkennt sie — ihre Herzen öffnen sich gegeneinander; aber die Pflicht gebeut, sie sind getrennt und bleiben es, bis der Tod durch Gift, den Calpurnius dem Ger-manicus bereitet, und ihm Plancina aus Eifersucht oder Rache voraussendet, sie vereinigt. Das zu Moderne, und daher der Würde der Tragödie nicht Entsprechende leuchtete mir später wohl ein, aber es stand nicht mehr zu ändern; denn das hätte ein gänzhches Umarbeiten des Planes erfordert, und da ich wohl berechnen konnte, daß das Stück auch dann kein großes Glück machen würde, so ließ ich es, wie es war.
    Das Stück wurde ohne meinen Namen aufgeführt. Es mißfiel eben nicht, aber es erlebte — was vorauszu-sehen war — nur wenige Vorstellungen ^^^) . Ich verstand das Theater, und das, was man theatralischen Effekt nennt, zu wenig, und ich glaube, daß überhaupt die heroische Tragödie etwas ist, dessen glückliche Bearbei-tung über den Horizont weiblicher Kräfte geht.
    Indessen mein hauptsächlichster Zweck, Pichlers Wunsch zu erfüllen, und ihm Freude zu machen, war erreicht. Er war zufrieden auch mit dem wenigen Sukzeß, den dieser erste Versuch seines Weibes er-langt, und feuerte mich an, ferner auf dieser Bahn fortzuschreiten.
    Es war dies im Winter von 12 auf 13 geschehen. In dieser Zeit, die überhaupt sehr angenehm war, kam icli auch oft in das Haus des Fürsten von Lobkowitz, der sich, so wie seine vortreffliche Gattin ^^3) (sie beide sind auch längst dahingegangen) lebhaft für meine Arbeiten inter-essierte, und bei dessen Abendgesellschaften, theatraH-schen Vorstellungen oder Konzerten ich mich sehr oft mitten unter dem höchsten Adel, ja in Gegenwart eines oder des andern unserer kaiserlichen Prinzen fand. Nie aber, ich müßte unwahr sein, wenn ich es anders T)e-haupten wollte, wurde ich durch irgend eine Unart oder Zurückweisung von Seite der Damen an den Unter-schied unsers Standes in der

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