Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]
— sehr begreiflicherweise hatte ihn Calpurnia viel mehr als Larissa angesprochen, so daß er sich versucht fühlte, den Roman so umzuarbeiten, daß jene, nicht Agathokles die Hauptperson sein sollte — und, schrieb er, die Pichler kann es mir als Verdienst anrechnen, daß mir ihr Buch so wohl gefiel, obwohl die Grundsätze, welche darin triumphierend auftreten, nicht die meini-gen sind, und meiner heidnischen Sippschaft im Kaiser Hadrian übel mitgespielt wird. Kurz, der Brief freute mich sehr, denn er sprach ein unaufgefordertes, unpar-teiisches Lob über ein Buch aus, das denn auch nun all-
mählich bekannt zu werden, und sich in Deutschland und Frankreich, in dem es Frau v. Montolieu durch ihre Übersetzung einführte^'^), Bahn zu machen anfing ^'^^).
Viel Ehre und Auszeichnung hat mir dies Werk er-worben, mehr noch, als jedes folgende einzelne, es war gleichsam die Ehrenpforte, durch welche die übrigen in die Welt einzogen. Aber mehr als alle diese Auszeichnung und Aufmerksamkeit hat mich jederzeit die gute Mei-nung, das Zutrauen, das Wohlwollen so vieler, mir ganz unbekannter, in entfernten Ländern lebender Menschen erfreut, die durch den Agathokles und meine andern Schriften, hauptsächlich aber durch jenen bewogen — sich entweder brieflich oder auf Reisen persönlich an mich gewendet, und öfters mich um Rat, Empfehlun-gen, Trost oder Beruhigung angesprochen haben. Wie manches edle Herz wurde mir auf diese Weise zuge-wendet, wie manches Gute gewirkt oder Nützliche ver-breitet ! Das alles erkenne ich nun freilich mit dank-barer Demut als ein Geschenk und gnädige Fügung Gottes, welche nicht allein jene Gabe der Dichtkunst in meine Seele gelegt, sondern auch mein Geschick durch edle Eltern und würdige Freunde so geleitet hat, daß dies Talent sich aufs Rechte und Gute gelenkt, und mir so jene Freuden erworben hat, aber ich muß mit Tassos Sanvitale sagen^'*):
Am Ende bist du's doch, und hast es doch —
es kam mir doch vielfältig zu Guten und ebnete und verschönte meinen Lebensweg.
In der Mitte des Sommers hatte Pichler abermals eine Reise in die Gebirge hinter Lilienfeld bis Maria-Zeil usw. zu machen. Er ging allein, denn meiner Mut-ter Jahre erlaubten ihr nicht mehr, so wie früher ge-
schehen, wo sie mit uns in Steiermark und Oberöster-reich gewesen war, uns durch mehrere Wochen zu be-gleiten, und ich durfte auch nicht daran denken, sie auf so lange Zeit zu verlassen; aber fünf, sechs oder acht Tage, konnte ich mich doch entfernen, da ich damals jenes junge Mädchen, ein Fräulein Kirchstettern, nach dem Tode ihres Vaters ins Haus genommen hatte, welche meiner Mutter Gesellschaft leisten, ihr vorlesen, und im Hause an die Hand gehen konnte. So wurde denn verabredet, daß ich Pichler in St. Polten abholen, und mit ihm einen, mir noch ganz neuen Weg über Waidhofen, Gaming und Lunz nach Maria-Zeil machen und von dort über Lilienfeld nach Hause kehren sollte. Ein sehr werter, nun auch schon vorausgegangener Freund, der Regierungsrat Ridler, ein M^nn, der als Gelehrter und Mensch mir gleich schätzbar, und ein Liebhaber von Berggegenden war, entschloß sich, uns zu begleiten, und die kleine Tour mit uns zu machen, da er die Lunzerseen noch nicht gesehen hatte. Schon ehe wir abreisten, schrieb mir mein Mann aus Lilien-feld sehr viel von einem Geistlichen daselbst, dem da-maligen Prior P. Ladislaus^'^^), den wir mehrere Jahre früher als BibHothekar dort getroffen, und schon damals eine Geistesbildung, wie sie in den Klöstern nicht sehr gewöhnlich ist, in ihm erkannt hatten. Dieser Mann, der jetzt, wie gesagt. Prior, und bei der bevorstehenden Prälatenwahl nahe daran war, diese Würdfe zu erlangen, hatte sich meinem Manne als ein sehr wertvoller Dich-ter gezeigt, und Pichler mir einige seiner Gedichte in Briefen mitgeteilt. Ihn näher kennen zu lernen, war mir daher eine angenehme Aussicht, und so trafen wir denn, Ridler, meine Tochter und ich mit Pichler, der von ein paar Kreisbeamten begleitet war, an einem
schönen Sommerabend in St. Polten zusammen, und freuten uns herzlich des Wiedersehens nach einer Tren-nung von mehreren Wochen. ■" ,
Sogleich den andern Tag traten wir unsern fernem Weg an, aber das Wetter begünstigte uns nicht. Regen-ströme stürzten nieder, und nur immer durch wenige heitere Stunden konnten wir uns des AnbHcks der wunderschönen Gebirgsketten erfreuen. So kamen wir nach Gaming, eine jetzt zerstörte Kartause in einem eng umschlossenen stillen, melanchohschen
Weitere Kostenlose Bücher