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Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]

Titel: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 1769-1843 Caroline Pichler , 1881-1925 Emil Karl Blümml
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berichte. Hätte Pichler dies nicht getan, dann würden wir eben die Frau an ihr vermissen, würden sie als Schrift-stellerin gewiß ebenso hochschätzen wie sonst, aber be-dauern, daß sie um des bißchen Ruhmes wegen ihr Haus-frauen- und Mutterglück preisgab. Daß Karoline Pich-ler in ihren „Denkwürdigkeiten" auch in dieser Hinsicht wahr blieb und sich ganz und gar als Frau gab, ist ihr
    hoch anzurechnen und sollte sie vor jeder Verunglimp-fung, die sie deswegen schon öfter erfuhr, schützen. Frauenart ist nun einmal, den Kindern ein Maß über-schwenglicher Liebe gepaart mit großer Entsagung ent-gegenzubringen, die dem Manne vielfach fremd ist, und da Karoline Pichler über ihr Geschlecht nicht hinaus-konnte, übrigens auch nicht wollte i), so müssen wir uns damit abfinden, daß sie im vierten Buche ihrer „Denk-würdigkeiten" ein wenig viel von ihrer Tochter und den Ereignissen, die sich in deren Familienkreis zutrugen, berichtet. Dieses Buch ist überhaupt das schwächste, denn es ist den ersten drei Büchern gegenüber ereignis-arm. Pichlers Sonne hatte sich gegen Abend geneigt, Österreich war nach den Befreiungskriegen, wo das Volk in heller Begeisterung seine ganze Kraft eingesetzt hatte, infolge der Karlsbader Beschlüsse in schmähliche Polizei-fesseln geschlagen, die gesellschaftlichen Verhältnisse hatten sich, eben unter dem Polizeidruck gründlich ge-ändert, das gegenseitige Vertrauen war vielfach ge-schwunden und jeder zog sich scheu vor der Öffentlich-keit zurück. Was hätte da eine alte Frau über diese Zeit sagen sollen ? Günstiges hätte sie über das Österreich der zwanziger und dreißiger Jahre-nicht viel berichten kön-nen. Das wollte sie aber auch nicht, denn ihr Patriotis-mus und die Überlieferungen einer alten Beamtenfami-lie, die sie hochhielt, verboten es ihr, über Österreichs Verhältnisse mißbilligende Betrachtungen anzustellen und so zog sie es eben vor, über das Harmlosere, das Familiäre, Rechenschaft zu geben.
    ^) Schon im 12. und 13. Jahrhundert finden wir in den Selbst-biographien (Visionen) der deutschen Mystikerinnen das starke Hervortreten der mütterHcheu Gefühle in deren Christkindkult; vgl. Bezold, a. a. O., S. 17.
    LXXV
    Die Anordnung der „Denkwürdigkeiten" ist eine chro-nologische. Schrittweise können wir Pichlers Leben gleichzeitig mit den Ereignissen, die in ihrer Umwelt vorgehen, verfolgen. Alles entwickelt sich folgerichtig. Abschweifungen oder Einstreuungen, wie etwa die Ab-handlung über das Gebet (II, S. 343 ff.), treten selten auf und der chronologische Gang der Handlung erleidet hauptsächlich nur an zwei Stellen, wo sie über Grill-parzer (II, S. ii4ff.) und Bauernfeld (II, S. 301 ff.) in einem Zuge berichtet, Unterbrechungen. Karoline Pichler hat eben auch hier im Formellen die Dichterin nicht verleugnen können und die Meisterschaft der Dar-stellung ähnlich wie Goethe bekundet, ein Vorzug, der besonders dann ins Auge fällt, wenn man z.B.Castellis Art dagegen hält. Aber auch gegen ihre bedeutendste Nachfahrin, die Gräfin Lulu Thürheim befindet sich Karoline Pichler durch ihre Art der Darstellung in Vor-teil, denn sie bietet ein abgerundeteis Ganze, das auch künstlerisch als solches wirkt, während dieThürheim, die Verarbeitetes mit Tagebuchblättern bunt durchein-andermengt, durch diese Darstellungsweise etwas Zer-rissenes und Zerfahrenes an sich hat, das den künstleri-schen Genuß stört, wenn auch die Unmittelbarkeit und das Persönliche dadurch oft besser zum Ausdruck ge-langen.
    Im März oder anfangs April 1844 waren, wie aus der Beschwerde des Grafen Friedrich Wilczek hervorgeht (oben S. LXVIII), die „Denkwürdigkeiten aus meinem Leben" der Karoline Pichler, gebornen von Greiner, in vier Bänden bei ihrer Schwägerin Elisabeth Pichler erschienen^). Sie machten zwar einiges Aufsehen in der Wiener Gesellschaft, doch groß scheint ihre Wirkung
    1) 4 Bände, 8", (IV), 243; (IV) 257; (IV) 179 und (IV) 254 Seiten.
    nicht gewesen zu sein, sonst hätte sich die Kritik mit ihnen wohl mehr befaßt. Außer einer ganz kurzen An-zeige von L. A. FrankU), der zur Illustrierung des Ge-sagten auch den Abschnitt über die Kaiserin Maria Theresia mit einigen Auslassungen abdruckte 2), erschien in Wien nur noch eine Kritik, mit S. gezeichnet3), die der Feder des Schriftstellers Andreas Schumacher, der bereits öfters Pichlersche Schriften besprochen hat-te*), entstammen dürfte. Er nennt darin die „Denkwür-digkeiten" ein „Vermächtnis,

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