Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]
löste ^^^). Aber in Josefs Seele keimte nach und nach etwas Bitteres, Scharfes, Schneidendes empor, das einen verdunkelnden Schatten auf seine großen Eigenschaften warf.
Das Unglück seiner beiden Ehen mochte ebenfalls vieles dazu beigetragen haben. Man hatte die Prin-zessin von Parma, Isabella, für ihn gewählt. Diese Prinzessin hatte sich früher dem Kloster bestimmt, und eine Anekdote, welche ich von ihr erzählen hörte, läßt helle Blicke in die Tiefe ihres kräftigen und eigentüm-lichen Gemütes werfen. Ihr war eine geliebte Person — wenn ich nicht irre, ihre Mutter — gestorben. Ganz in den tiefsten Schmerz aufgelöst, kniete sie am Sarge und flehte zu Gott, sie bald mit der Vorangegangenen zu vereinigen. Da war es ihr, als spräche jemand die Zahl drei aus. Ihre hocherhobene Seele ergriff mit Begierde diesen, wie sie glaubte, prophetischen Aus-spruch, und in drei Tagen hoffte sie die Erfüllung ihres sehnlichen Wunsches. — Aber es vergingen drei Tage, drei Wochen, drei Monate, und der erwartete Friedensbote, der die der Welt Überdrüssige abrufen sollte, erschien nicht. Wohl aber erschienen bald dar-auf die Boten des österreichischen Hofes, welche die
Hand der Prinzessin für den Erben so vieler Kronen, für einen der schönsten, geistvollsten und versprechend-sten Prinzen forderten. Nur ungern, nur aus Zwang entsagte die Prinzessin ihrem Wunsche, ihr Leben in Einsamkeit und Trauer hinzubringen und ward des römischen Königs (denn das war Josef damals schon) Frau. Er umfaßte die nicht schöne, aber höchst liebens-würdige und anziehende Braut mit aller leidenschaft-lichen Glut eines starken Gemütes. Er liebte sie hef-tig, innig, zärtlich, und obwohl sie, diese Gefühle zu erwidern, sich außerstand fühlte, so mußte sie doch, von ihrem richtigen Verstand und einem geläuterten Gefühle geleitet, sehr wohl verstanden haben, selbst den Forderungen seines liebenden Herzens zu ent-sprechen; denn solange sie lebte, glaubte er sich von ihr geliebt.
Eine Prinzessin ^37) ward bald darauf zum neuen, be-glückenden Bande zwischen den jungen Eheleuten; doch dies Glück sollte nicht von Dauer sein. Ehe drei Jahre nach jenem verhängnisvollen Ereignis am Sarge der Verewigten dahingegangen waren, starb Isabella von Parma an bösartigen Blattern im Arme ihres verzweifelten Gemahls ^^s).
Während ihres kurzen Lebens an seiner Seite hatte sich ihr Herz, vor allen andern, einer seiner Schwe-stern, der wunderschönen Erzherzogin-Christina, nach-maligen Gouvernantin der Niederlande, zugeneigt. Mit dieser hatte die Verstorbene einen Freundschafts-bund errichtet und häufige Briefe gewechselt, in wel-chen sie ihr Herz und den wahren Stand ihrer Emp-findungen treu darstellte. Als nun Christina ihren ge-liebten Bruder so der Verzweiflung zum Raube sah, sie, die doch wußte, daß er um ein Gut trauerte, was
er im Grunde nie besessen, um Isabellas Liebe — glaubte sie sich aus Mitgefühl und Rechtlichkeit ver-pflichtet, dem Getäuschten die Wahrheit zu eröffnen, und so seinen allzuheftigen Schmerz zu mäßigen. — Sie zeigte ihm die Briefe der Verstorbenen. — Es war ein Mißgriff, ein unseliger Einfall! und er verfehlte seine Wirkung nicht. Josef sah sein blutendes, hin-gebendes Herz verschmäht"— getäuscht; seine hohe Meinung von der Verstorbenen zernichtet 2^^). — Wohl mögen seine Tränen um die Verlorne versiegt sein; aber Erbitterung, Verachtung gegen das ganze weibliche Geschlecht setzten sich in seiner Brust fest, von denen sein besserer Sinn nur wenige ausnahm, indes er die übrigen als bloße Puppen oder Gegen-stände der Sinnlichkeit betrachtete. — Dennoch be-suchte er in spätem Jahren gern einige ältere Damen, eine Fürstin Liechtenstein, eine Kaunitz und andere, und unterhielt sich gern mit ihnen, die verständige, gebildete Matronen waren ^^°).
Seine zweite Vermählung war nicht geeignet, diese Vorstellungen zu berichtigen. Schon vor der Be-werbung hatte er sich schroff und kalt über die Not-wendigkeit seiner Wiederverheiratung und die traurige Wahl zwischen mehreren, gleich unliebenswürdigen Kompetentinnen um seine Hand ausgesprochen, aus welchen er doch seine künftige Lebensgefährtin wählen müsse. Eine Prinzessin von Bayern traf dieses un-glückliche Los. Von der Natur höchst stiefmütterlich behandelt, ohne Anmut, ohne Takt, um den Charak-ter ihres Gemahls aufzufassen und sich in ihn zu schicken, dienten selbst ihre guten Eigenschaften, ihre Sanftmut, Herzensgüte und Liebe
Weitere Kostenlose Bücher