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Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]

Titel: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 1769-1843 Caroline Pichler , 1881-1925 Emil Karl Blümml
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sich ebensowenig als in den übrigen Erb-staaten hatte krönen oder huldigen, und deren Krone er wie die böhmische und den Herzogshut von Öster-reich aus den respektiven Orten, wo sie bisher als HeiHgtümer waren bewahrt worden, nach Wien hatte bringen lassen, ihm die ihrige noch bei seinem Leben ab, und er mußte es zugeben, daß sie wie im Triumphe von ihnen nach Ungarn zurückgeführt wurde ^^). Die Niederlande waren in vollem Aufstande; die Steuer-regulierung, die wohl eigentlich dem Untertan zu emer großen Erleichterung gemeint und wohltätig ge-wesen wäre, hatte den ganzen Adel gegen den Mo-narchen aufgeregt; die Geistlichkeit, die sich seiner
    nie und nirgends zu beloben, Ursache gehabt hatte, suchte die Herzen des Volkes von ihm abzuwenden. — Überall war Unzufriedenheit, Gärung, und zuletzt mußte der unglückliche Fürst noch den schmerzlichen Schlag in seinem Hause erleben, daß die Gemahlin seines Neffen und Nachfolgers, unsers geliebten Kaisers Franz, die liebenswürdige Elisabeth von Würt-temberg, zwei Tage vor ihm an den Folgen einer schweren Niederkunft starb ^^^). Sie war dem k. rus-sischen Hause nahe verwandt, diese Rücksicht machte diese Verbindung dem Kaiser besonders wert, der Erz-herzog liebte seine junge Gemahlin, alles das zerstörte der kalte Hauch des Todes, und Josef sah so noch, bevor er die Augen schloß, die meisten seiner Pläne zusammenbrechen und seine Hoffnungen vernichtet. Die Erzherzogin war am i8. Februar 1790 um 6 Uhr morgens verschieden; Kaiser Josef folgte ihr am 20. darauf, und zwei fürstliche Leichen lagen zugleich im kaiserlichen Palast auf den Paradebetten.
    Es sei mir erlaubt, einige Züge, einzelne Striche zu dem Bilde des großen Verewigten, das in seiner vollen Herrlichkeit nun vor den Augen der Nachwelt steht, hier einzuschalten, welche, wie mich dünkt, manche Eigentümlichkeit seiner Sinnes- und Hand-lungsart erklären, und die ich teils den Erzählungen meiner Mutter, teils Mitteilungen von Personen danke, die wohlunterrichtet sein konnten, weil ihre Geburt und Stellung in der Welt sie dem Hofe nahe brachten.
    Kaiser Josef war ein äußerst schönes, herrliches, geistvolles Kind, mit ausgezeichneten Anlagen und einer" sehr starken Willenskraft. Diese Willenskraft
    wurde gefürchtet; man wollte sie bändigen, man wollte dem eigensinnigen Knaben, wie man sich ausdrückte, den Kopf brechen. Das wäre auf jeden Fall ein mißliches Unternehmen gewesen, auch wenn Eltern und Erzieher alle nötige Kraft, Einsicht und Mui3e besessen hätten, um dies Experiment zu leiten. Aber Maria Theresia war Regenti^ großer Staaten, und konnte, so wichtig ihr ihre Mutterpflicht war, sich dieser doch nicht widmen. Ihr Gemahl war von allen Geschäften entfernt. Wohl wählte sie die Männer, deren Leitung sie den Prinzen, den künftigen Erben ihrer Krone übergeben wollte, mit Rücksicht und Sorg-falt; dennoch fielen diese Wahlen unglücklich aus, und der Prinz, mit seinem überwiegenden Geiste, mit seinem vorstrebenden Genius, sah sich von Männern umgeben, und, was schlimmer war, solchen untergeben, die er weit und leicht übersah. Seine Ansichten, seine Entschlüsse waren immer die bessern, klügern, passen-deren gewesen, und er wurde gezwungen, sie fahren zu lassen, um sich beschränkten, unstatthaften Mei-nungen zu fügen, die ihm noch dazu mit einer kränken-den Superiorität aufgedrungen wurden. Das wars, was man hieß: ihm den Kopf brechen, und was vielleicht den Keim jenes Starrsinns in ihm entwickelte und mächtig nährte, der ihn später zu manchem falschen Schritt verleitete ^^^). Kaiser Josef hatte mehrere Brüder, wovon einige ihn überlebten. In früherer Jugend stand ihm der Zweitgeborne, der Sohn des Kaisers, während Josef nur der Sohn des Groß-herzogs war, am nächsten. Dieser Erzherzog, Karl ge-nannt, scheint in vieler Rücksicht in einer Art von Opposition mit dem altern Bruder gestanden zu haben. Schon der Vorzug der Purpurgeburt — so zufällig,
    so unbedleutend er bei dem entschiedenen Rechte des Erstgebornen sein mußte, war eine Art von Zankapfel zwischen den Knaben, von denen der ältere das Über-gewicht durch Verstand und Geisteskraft, sowie der jüngere durch Gemüt und Liebenswürdigkeit be-hauptete. Immer aber ist solch ein Antagonismus von schädlichem Einfluß auf die Herzen der Geschwister, und es war vielleicht ein Glück, daß ein frühzeitiger Tod im beginnenden Jünglingsalter den gefährlichen Nebenbuhler Karl hinraffte und so diesen Zwist

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