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Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]

Titel: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 1769-1843 Caroline Pichler , 1881-1925 Emil Karl Blümml
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nur zu deutlich, daß dies Herz, das trotz vieler andern edlen Eigenschaften doch zu schwach gegen weiblichen Liebreiz war, keiner wahren, dauernden Liebe fähig sei; — ich konnte mir die traurige Wahrheit nicht verbergen, daß ich nicht mehr ausschließend in Fernandos Herzen herrschte, ja daß dieser Alleinbesitz wohl immer nur eine Selbst-täuschung gewesen sein mochte.
    Damals fühlte ich mich sehr unglücklich. Mein Herz war in seinen zartesten Gefühlen verletzt. Ich hatte gehofft, arglos vertraut, ich hatte des jungen Mannes Herz nach dem meinigen beurteilt, ich hatte mich
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    ohne Rückhalt meiner Neigung überlassen, die durch die Vorzüge des Gegenstandes, durch die Empfindung, die er mir zeigte, durch die Beistimmung der beiden Familien gerechtfertigt war. — Ich glaubte, bald ein Band für meine ganze Zukunft schließen zu können, und ich mußte erkennen, daß ich nur das Spielwerk einer flüchtigen Laune gewesen war, und nun rück-sichtslos einer andern angenehmem Beschäftigung eben dieser Laune aufgeopfert wurde.
    Jetzt waren mir Tröstungen höherer Art notwen-dig, als sie die Welt und die Menschen um mich mir geben konnten. — Die religiösen Gefühle wollten ihr altes Recht behaupten und mich mit meinen Schmer-zen dahin leiten, wo allein wahrer Trost und Ruhe zu finden ist, zu Gott, zu seiner Offenbarung, zur Aus-sicht auf ein anderes, besseres Leben. Aber da erhoben sich mit feindlicher Kälte alle jene Zweifel und Un-sicherheiten, welche durch die Lesung von irreligiösen Büchern und Anhörung solcher Gespräche sich nach und nach wie verfinsternde Nebel in mein Gemüt gelagert und mir den tröstlichen Ausblick in die Ewig-keit verdunkelt hatten. Ich glaubte nicht mehr und ich wußte doch nichts; — und diese Haltlosigkeit meines Innern vervielfachte auf die bitterste Weise den Schmerz, der dasselbe zerriß.
    ^-■. In dieser unsichern, peinlichen Stellung meines Geistes griff ich nach allen, Beruhigungen, die ich mir verschaffen konnte. Ich las Mendelssohns Phädon^^^), Hallers Briefe über die Offenbarung^**) und andere Werke ähnlicher Art. Wohl waren sie alle geeignet, dem Herzen, das ohne dies schon im allgemeinen glaubte oder von den Wahr-heiten, die sie mit ihren Gründen zu unterstützen sich

    Karoline und Franz Xaver von Greiner
    (Jugendbildnisse, ca. 1785) Unsigniertes Ölgemälde — Verlagsbuchhändler Franz Pichler, Wien

    bemühten, zum Teil überzeugt war, diese in vollem Lichte zu zeigen; aber ein irregemachtes, zweifelndes Gemüt zu beschwichtigen, fand ich sie wenigstens nicht imstande. Meine Unruhe, und somit mein Schmerz, blieben dieselben. Da fielen mir Youngs Nachtgedanken 2*^) in die Hände, und begierig ver-senkte sich mein blutendes Herz in die Tiefen dieser Schwermut. — Meine Empfindungen waren hier aus-gesprochen — ,,durch die Hintertüre der Vergangen-heit begegneten mir die Geister meiner abgeschie-denen Freuden, ein zahlreicher Haufe" — mir „flocht die Erinnerung die Stacheln entflohenen Glückes in die Geisel ein, womit sie mich nun dop-pelt schmerzhaft züchtigte"; ich erkannte, „daß der Raupe dünnster Faden ein Schiffsseil ist, mit dem Band verglichen, das den Menschen an seine irdische Glückseligkeit bindet, und das jedes Lüft-chen zerreißt"*)2**). Von diesen so wahr, so energisch ausgesprochenen Schmerzen erhob sich mein gedrück-ter Geist zu den überirdischen Tröstungen, welche dem Dichter die Religion beut und die beiden Nächte, ich denke, es ist die siebente und achte, welche die Auf-schrift führen: The Infidel reclaimed^*^^), vollendeten auch meine Bekehrung. Was philosophische Speku-lation und wohlgemeinte Abhandlungen nicht ver-mochten, bewirkte die Poesie, die unmittelbar an das t-iefverletzte Gefühl sprach und aus dessen eigenem Grund die Wahrheiten entwickelte, denen der Ver-stand seinen Beifall nicht versagen konnte. Nun ward mir wieder leichter. Mit beruhigterem Gefühl blickte ich auf mein getrübtes Leben; denn jenseits desselben öffnete sich mir die Aussicht in die Ewigkeit, und es ) Stellen aus Youngs Nachtgedanken.
    war die Vorsicht, der Wille eines höchst weisen, un-endlich gütigen und allmächtigen Wesens, das mir diese Wunden geschlagen und mein Glück zertrümmert hatte. Es war doch zu meinem Besten, davon fühlte ich mich überzeugt, und so gewann ich Ergebung und Ruhe.
    Wohl schmerzte K**s Flattersinn und meine zer-störten Hoffnungen mich tief; — wohl war meine be-ängstigte Seele durch schwere Kämpfe

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