Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben

Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben

Titel: Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eckhard Henscheid
Vom Netzwerk:
oder eben Edelgauner gar nicht anders und weniger unedel könnten, wenn sie dürften oder wollten oder sollten. Zeitverbunden mit der auch durchaus schlauen Erkenntnis, dem fixen Kapieren, daß diesem momentanen Weltzustand zu gehorchen ertragreicher und ungleich bequemer sei als im ähbäh Gegenteil. Und damit, rechnet man die zerebralen Möglichkeiten des kulturell abgesonderten und aber immerzu funwilligen Publikums mit hinzu, hat die Sache schon ihr für sämtliche Beteiligten Auswegloses oder genauer: ihr Bewenden als unwiderstehlich Attraktives.
    Und damit wohl vorerst Ewiges.
    »Rattenhaft« folgen heutzutage wohl nicht mehr, wie Robert Gernhardt (Körper in Cafés, 1987) noch wähnte, die »Spaßer« dem »Ernstler« und dem »Ernstbold« (a.a.O.), diese beiden möglichst restlos auszubeuten, auszuschlachten. Sondern mittlerweile bucht man sie und die Häßlichkeitsfreunde hier legitim zusammen, die unentwegten Spaßer mit ihren auch schon spaßhabenden Vätern, um diese und sich selbst ewig unverdrossen weiter zu beerben.
    »Der Insektenwitz der Spötter« – was aber könnte Schiller eigentlich genaugenommen damit gemeint haben? Gewiß, 87,44 Prozent der heute die Kultur Tragenden sind gebürtige und habituelle Wanzen und Zecken und Flöhe und bestenfalls Wespen, aber: Sind das wirklich witzige Tiere und nicht nur infame und intrigante? Zum Beispiel jene leidige Bremse, die mich hier in meinem Garten schon seit Stunden, ja vielleicht Minuten – –?
    Im Namen dessen, der die Stunden spendet: O Herr, laß Abend werden! Und vertilge sie vorher noch allesamt, die Regietheater-Maler-Grafiker-Bande samt der mindestens gleichgesinnten vergammelten globalen Skulpturisten-Gang und – –
    *
    »Euer Herz betrübe sich nicht« (Joh. 14,1) allzu sehr, wenn Ihr, Leser, hier schon mehrfach lesen und zur Kenntnis nehmen mußtet, daß ich, der Autor und also Euer Ansprechpartner und Anführer, von ein paar frühbiografischen Versagungen und schulischen Widrigkeiten halbwegs abzusehen, mit meinen Urteilen und Meinungen, und zum allmählich am Horizont sich abmalenden »Lebensabend« oder doch Buchbeschluß muß ich es sagen dürfen, überhaupt oft, gewaltig oft, ja beinahe, tut mir leid, schon immer jederzeit recht hatte und noch habe; mindestens seitwärts von Arno Schmidt und wohl auch Lichtenberg, die beide ähnlich verwundert oder, sei’s drum, hochgemut zu äußern sich berufen fühlten.
    Recht hatte ich in den überwiegend schon in den »Sudelblättern« von 1986/87 geäußerten Einschätzungen der allesamt haushoch überbewerteten Figuren oder auch Krachnudeln Beuys, Fellini, Allen, Hamsun, Hüsch, Handke, Ingmar Bergmaus usw.; recht und nur allzu recht, wie mir heute aus Leserkreisen nur allzu willig und zum Teil reumütig bestätigt wird, mich als typische »Reuedeutsche« (Hannah Arendt) recht verspätet zu lohnen und mir zu schmeicheln und wohlzutun. Allein, die Sache hat den Haken, hat den durchaus vertrackten oder zumindest schmerzhaften Haken, daß mir als dem wenn nicht geringsten so doch ehernsten und unbeugsamsten der Brüder der eigene am Widerspruch sich hochrankende Mephisto, christlicher gesprochen: der den inneren Schweinehund überwindende Demutsgedanke bitter fehlt und mangelt und –
    Gut, zwei Beispiele marginaler und vorübergehender Täuschung fallen mir ein: Der Wiener Sängerdichter Arik Brauer war und ist nicht das Gelbe vom Ei, das ich in ihm um 1972 zu erkennen vermeinte. Und warum der von mir als Komiker und »Kryptokomiker« erst entdeckte Thomas Bernhard dieser Jahre auch das nicht war, sondern nur der als Gesellschaftskritiker, ja Apokalyptiker kostümierte ewig fortan quengelnde Esel, als der er sich von heute aus durch die Bank offenbart, gleichwohl noch weiterhin sturheil verehrt von irgendwelchen Österreichern und Jelineks; obwohl doch spätestens seit dem »Korrektur«-Roman ein gut mit Bernhard-Kardinalschimpfvokabular gefütterter Schreibcomputer mehr und ästhetisch Belangvolleres zuwege gebracht hätte als der alternde und dabei immer formloser, einfallsärmer vor sich hin sudernde Dichter. Einzuräumen ist immerhin dieser mein Irrtum, der vielleicht einzige beträchtliche meines erwachsenen Le – –
    Und trotzdem zwingte oder gar zwönge sich mir der Verdacht auf, ich sei womöglich doch einer der wenigen Hellseher, ja genau zu nehmen Gottähnlichen, ja wider Fausts und Ratzingers Hybrisverbot Gottgleichen – – läge mir hier nicht urplötzlich das

Weitere Kostenlose Bücher