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Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben

Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben

Titel: Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eckhard Henscheid
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Eingeständnis lastend auf der Seele, wie fehlerhaft, irrtümlich, verblendet ich, selbst ich Meister-Schlaumeier, noch vor einem knappen Dezennium die wahre Lage in meinem ureigenen Berufsgenre beurteilt hatte. Nämlich, daß mit dem Auftreten von Namen und Größen wie Polt, Jaeger, Waechter, Bernstein, Gernhardt, mir, Ror Wolf, Goldt, Oliver Schmitt, Oliver Welke, dem jüngeren Harald Schmidt und Hans Zippert gut ein halbes Jahrhundert nach Hüttler die Humorentwicklungsfähigkeit der Deutschen sich entscheidend gebessert hätte. Hat sie nicht im mindesten, man gebe sich keinen Täuschungen hin. »Ich hab jetzt keine Zahlen bei mir« (Franz Josef Strauß im Fernseh), aber sind all diese genannten Namen und Reichtümer und Errungenschaften irgend angekommen im uns so weit bekannten deutschen Volke? Eine der angeblich so geliebten Zeichnungen Waechters, die artistische Gesinnung eines Gernhardt-Gedichts im Volke, in seinem Alltag, in seinem Straßen- oder wenigstens Wirtshausleben? Nein. »Nichts kam zurück« (Heino Jaeger, Kriegserinnerungen). »Was tun«? (Stalin, halt, nein: Lenin) Nun, erst einmal diesen desperaten Gedankengang hier enden. Wenigstens vorübergehend.
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    Liebet eure Feinde und Widersacher? Wie überhaupt alle Nächsten, wie mich selbst? Tu ich ja. Weil doch noch die geringsten der schmierigen Brüder und – wie heißt wieder das andere? genau: – Schwestern Ebenbilder Gottes sind, dann halt in Gottes Namen auch die noch un – – ach was, stimmt doch gar nicht! Nein, nein, z.B. die komplett sklerotische Eitelkeitsexplosion Hamm-Brücher, die sähe ich schon lieber wo nicht in der Hölle, so doch unter den Händen des Schergen für besonders lautstarke Naziwiderständler. Unter dem sie ja nach ihrem eigenen Willen und ihrer persönlichen Einschätzung (Die 100 von Bonn, 1970, S. 97) doch im Grunde seinerzeit auch schon gefallen war. Und um ihr hier zumindest nachträglich noch diesen Gefallen zu tun.
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    Filme sind nun mal nicht mein Bier. Kunstfilme schon kaum gar nicht, und früher sog. Kulturfilme noch viel weniger. Mit einer Ausnahme seit 2007: »Der Fuchs und das Mädchen«. Obwohl dies kleine Mädchen eine Idee zu niedlich, zu sympathisch, auch schon gar zu sommersprossig ist. So oder so unwiderstehlicher: sein Fuchs. Am geradezu unheimlichsten im hohen Moment der Trennung beider, nach dem vermeintlich tödlichen und für den Fuchs gerade noch einmal überstandenen Unfall, dem blutigen Fenstersturz: Diese Augen, die da in einem einzigen knapp drei Sekunden währenden Augenblick gleichzeitig innigste Liebe, Haß und die traurige Weisheit ausdrücken, daß Tier und Mensch nun mal keine Lebensgemeinschaft bilden, im Grunde eben nicht zusammengehören; welches tragische Wissen mit tiefster Wehmut der Fuchsaugen im gleichen Moment in des Mädchens und unseren, der Zuschauer, Herzenstaumel als wahrer Schmerzensfunke überspringt.
    Diese wie auch immer (ich weiß es nicht) filmtechnisch herstellbare physiognomische Gefühlsdichte rund um »das feine unsichtbare Band der Liebe« (Anette Ruttmann), diese ihrerseits feinste Polyvalenz – die soll dem Fuchs irgendsoeine hergelaufene Mona Lisa erst einmal vormachen.
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    Wenn ich 2002ff. Martin Walser beizeiten in seinem reichlich bizarren Kampf mit und gegen FAZ /Schirrmacher – bzw. eigentlich ja noch gegen Reich-Ranicki bzw. noch seit dem Friedenspreis 1998 gegen Bubis – »beigestanden« habe (so steht’s noch heute in einem Lexikon-Artikel), dann war das noch keine besondere Heldentat, zumal ich das Riskante daran noch kaum erahnte und erkannte, allenfalls den ja damit direkt oder indirekt verbundenen Leser- bzw. Auflagenverlust. Es fehlte also das zum zumal tragischen Heroen unabdingbare Bewußtsein. Heldenhafter schon, daß ich’s, das Walser-Beistehen, vor allem in einem langen Gespräch mit der »Jungen Freiheit« tat; weil ich das Wochenblatt, das allenthalben als kriminell rechtsradikal galt, damals genaugenommen auch noch nicht so genau kannte – und die ganze, wie sich herausstellen sollte hochbrisante Affaire sich zuerst im Rahmen eines blitzartigen Telefongesprächs vollzog, im zweiten Teil im Zuge einer Zug-Dienstreise mit kuddelmuddelhaften Zügen. Immerhin hatte ich dabei das Glück, daß der journalistische Telefonpartner sehr sorgfältig und praktisch fehlerlos operierte und so verhinderte, daß ich Argloser dabei doppelt in den Orkus geritten wurde – eine etwas verrutschte Formulierung über meine persönlichen

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