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Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben

Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben

Titel: Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eckhard Henscheid
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als der Volontativ oder Optativ oder wie immer er heißen mag. Also Schiller. Nietzsche ist ja insgesamt ein Unheil, und Mahler wird bald eins. Nämlich spätestens mit dem doppelten Jubiläumsjahr 2010/11 noch restloser kulturindustrialisiert, daß Gott erbarm; und überhaupt und andererseits wird er jetzt auch schon gar zu massig überschätzt.
    *
    Das Wort habe neuerlich Jürgen Roth (Die Poesie des Biers, 2010, S. 48) – ich kann mich an den Fall nicht erinnern, aber er könnte sich genau so zugetragen haben, wohl zum Ende noch des letzten Jahrhunderts:
    An einem Frankfurter Stehimbiß, an dem Eckhard Henscheid in unregelmäßigen Abständen zu einem Gemeinschaftssnack und zum anschließenden »Elendstrinken« lädt, wurde der Romancier, als er gerade einen Happen Schaschlik zum Mund führte, von einem Redakteur gefragt, ob er gedenke, demnächst wieder »einen großen Roman« zu schreiben.
    »Nein«, versetzte Henscheid und kaute weiter.
    *
    1996. Bedauerlicherweise kann ich es dem zehn Jahre später verstorbenen Robert Gernhardt nicht mehr persönlich sagen. Aber seine damals aktuelle Reminiszenz an mich in Gedichtform (»Herz in Not«), genauer an die nach seiner Bypass-Operation entstandenen Verse »Post-Op«, ist schon wieder nicht sehr korrekt; wenn auch der Pointe willen als solche entschuldbar.
    »Als ich den Freund,
    der selber gern kränkelte,
    anrief und ihm
    en passant auch von meinem
    Herzstillstand berichtete,
    fragte der gekränkt:
    ›Was ist? Willst jetzt angeben?‹«
    In Wahrheit war es so, daß ich von der lebensgefährlichen Herzoperation keinen Schimmer gehabt hatte noch vom Überstehen der Operation – und beides aber am Telefon überraschend schnell und hell begriff. Und erstaunlich gut reagierte. Nämlich statt rhetorisch und pathetisch zu werden, flink den mir passabler dünkenden leichten Ton anschlug. Und keineswegs »gekränkt« war; sondern gewissermaßen stolz auf meine Geistesgegenwart.
    So interferentiell geht’s zu zwischen den Dichtern, zwischen poetischer und Lebenswahrheit.
    Mein »Kränkeln« war im übrigen und allerdings ab Herbst 1987 und dann vor allem ab Frühjahr 1989 gleichfalls und ohne Hoffart ein sehr beachtliches. Es betraf eine schwer durchschaubare komplexe Halswirbel-Muskelkrankheit und hörte auf mehrere geheimnisvolle Namen wie »myotendinitisches Schmerzsyndrom« und dergleichen mehr. Mehr oder weniger in den Griff kriegte ich den im Prinzip unheilbaren Unfug im Herbst 1993 – wer genauere Kenntnis gewinnen will, der gewinne sie mit der Geschichte »Ein Schmerz« von 1996/97; die allerdings, wie Gernhardt, poetisch übertreibt und dramatisch zuspitzt.
    *
    Eigentlich hätte dem FAZ -Herausgeber und vormaligen Literaturblattleiter F. Schirrmacher meine etwas ausufernde Erzählung »10:9 für Stroh« sehr zusagen können, ja müssen, denn er wollte sie nach der Erstplanung des Prosastücks partout in der FAZ -Samstagsbeilage abdrucken, als sie freilich noch auf etwa 20 Buchseiten gehen sollte; er war im Juli 1991 auf der Hin- und Heimfahrt Frankfurt-Konstanz mit dabei, saß nach Gustav Seibts Rigorosum am Steuer des FAZ -Wagens; er war in statu nascendi der Erzählung an ihr beteiligt und von der Sache sogar Feuer und Flamme; und sein nach ca. sechs Jahren Unterbrechung zustande gekommenes novellistisches Alterego »Dr. Frank O. Schummetpeter« ist zwar eine ein wenig schwindelerregende Gestalt (wie der junge Schirrmacher im Umfeld seiner Kafka-Magisterarbeit usw. selber); aber immerhin keine trübe Tasse, sondern eine recht farbige, wenn auch leicht geistesgaunerhafte buchstäblich zentrale, steuernde Nebenfigur.
    Allein, es erschien dann kein Vorabdruck – dazu war der Text inzwischen viel zu lang; noch erschien in der FAZ eine Rezension: »Schummetpeter« war’s offenbar nicht recht zufrieden. Oder wollte den Autor abstrafen oder was auch immer Gehaltvolles.
    Nicht zufrieden, wie zu vernehmen, waren auch allesamt die drei im Erzähltext mehr oder weniger portraitierten Professoren »Stroh«, »Bock« und »Stierl«, alle drei für Kenner leicht zu dechiffrieren. Ein ganzes Leben hatten sich alle drei mit Literatur befaßt und waren dabei aber offenbar nie auf den Einfall gekommen, eventuell selber Literatur zu sein oder zu werden. Erstaunlich allerdings das spätere Echo von »Prof. Strohs« Sohn mir gegenüber: Akkurat so sei sein Alter! Hundertprozentig! Wunderbar! Dabei hatte ich »Stroh« realiter doch bloß ca 3,5 Stunden lang erlebt. 1:0

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