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Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben

Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben

Titel: Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eckhard Henscheid
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unsinnig, verblendet dieser einstige Arbeitsbegriff (oder alternativ der des »absurden Theaters«, ist ja eh wurscht und ohnehin absurd) ist und allenthalben verwendet wird, als Passepartout für alles und jedes, für noch jeden theatralischen Stiefel und darüber weit hinaus (Camus! Sisyphos!), heruntergekommen und in seiner Muffigkeit sich selbst überlassen und Beckett in gleichem Zug erledigend; zugunsten am 8.5.1998 einer TV -Vorschau in der »Hör zu«: »Niemand hat die Absurdität des Daseins in so erschreckend absurden Stücken auf die Bühne gebracht wie der Ire (…) Dennoch fand sein Werk den Weg in die Standard-Repertoires und behauptet dort bis heute seinen Platz (…) labern sinnlos (…) starker Tobak« (…)
    3. Besser sieht es schon mit Becketts erzählerischen Arbeiten aus, von den frühen forciert »absurden« Kurzromanen wie »Murphy« und »Watt« bis zu der mit »Molloy« eröffneten sog. Romantrilogie der Einsamkeit. Allerdings, es waren diese Romane damals schon jenseits der akademischen und der spezifischen Beckett-Adorantenkreise immer so gut wie restlos unbekannt, anders als die am Ende noch fürs Laienpfadfindertheater kompatiblen Kurzdramen und Einakter – sie, die Romane, sind heute noch vollständiger vergessen als selbst ein hingegebener Verleger-Aficionado Unseld, müßte er es noch erleben, sich je hätte vorstellen können (…)
    4. Das seinerzeit lediglich von Arno Schmidt, nicht aber von Adorno, Hildesheimer usw. nachgefragte selig vor sich hin verdümmelnde Beckett-Einverständnis einstens aller mit allen, ähnlich wie im Fall Kafka auch der Psychologen, Menschheitserneuerer, Mystagogen, Sozialisten, Katholiken, Psychopathen und selbstverständlich Existentialisten samt ihren schwarzen Rollkragenpullovern – keine Brise und keine Bresche von Aufmüpfigkeit störte seit spätestens 1960 den Consensus fast omnium, daß Beckett sozusagen weltweit unser aller Mann sei, weil (…)
    5. Durch den bloßen Hinweis, daß man bei den ins prononciert Karge reduzierten Beckettschen Formen halt auch poetisch schon gar zu wenig falsch machen könne, mit der Folge, daß der Dichter schon deshalb noch »allemal« (Schirrmacher) den Beifall von der falschesten, der banausischsten Seite zu befürchten habe, bis hin eben zur Wort für Wort Stuß redenden »Hör zu« und darum (…)
    6. Allerdings, so doll wie vor dreißig Jahren finde ich beim Wiederlesen auch die Radfahrer- und Elternkommunikationsmühen-Komik in »Molloy« längst nicht mehr. Könnte sein, daß mir da irgendein Ironisches oder Allegorisches oder irisch Katholisches entgeht, aber am lachhaftesten finde ich heute bei Beckett gerade das, was die betreffenden wohl am wenigsten gern lesen: »Wenn Frauen nicht mehr wissen, was sie tun sollen, ziehen sie sich aus« (Premier amour) und aber das (…)
    7. Man möchte es kaum für möglich halten, daß ein derart bescheidenes Stückchen wie »Warten auf Godot« mit seinem spätestens seit Tschechow schwer abgedroschenen Warte-Motiv seit 60 Jahren ein offenbar schafsgeduldiges Publikum bei Laune hält, während sich die dazu berufenen Kritiker, Historiker usw. unsicht- und unhörbar gemacht haben. Aber: »Dieser Satz hat lange genug gedauert« heißt es in einem der frühen und partiell munteren Kurzromane Becketts (Premier amour) – und ich meine, das gilt auch für diese meine Notate-Sammlung und also
    *
    Wenn die Leute schon sonst nichts hatten, hatten sie wenigstens, so bei Dostojewski im »Jüngling« wie schon beim Hl. Jakobus, ihren zuständigen Mann, den sie »mein Peiniger« nannten. Und dem sie irgendwie demütig untertan waren.
    Mein Peiniger war in den diversen Jahrzehnten meines Lebens und jeweils ziemlich genau ein Jahrzehnt lang ein Mensch, den ich wegen Unansehnlichkeit nicht sehen und wegen Unannehmlichkeit auch schon gar nicht zum Gesprächspartner annehmen wollte, den ich trotzdem immer wieder zur Kenntnis nehmen mußte und der mir deshalb in aller sehrenden Unstatthaftigkeit und in seiner ganzen gewappelten Schlumpfköpfigkeit jeweils starrsinnig und eben deshalb so peinvollst über den Weg – –
    Aber lassen wir das und vergessen wir den in wechselnder Gestalt Auf- und nun wieder Abgetretenen. Sonst ging und geht es mir ja recht gut.
    *
    »Denn alle Lust will Ewigkeit«, weiß Nietzsche, und Mahler läßt es später sogar von einem Alt singen. »Kurz ist der Schmerz, und ewig ist die Freude«, so dagegen Schiller.
    Mir war schon immer die Ist-Form lieber

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