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Denn am Sabbat sollst du ruhen

Denn am Sabbat sollst du ruhen

Titel: Denn am Sabbat sollst du ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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bedrückter, unklarer Empfindung zurück, als er den Verhörten zur Tür begleitete. Es fällt dir schwer zu glauben, daß das, was du siehst, alles ist, sagte er sich. Aber das ist niemals der Fall, man sieht nicht einmal die Spitze des Eisberges. Aber vielleicht hat er tatsächlich nichts damit zu tun, dachte er, als er auf die Uhr sah, das Tonband zurückspulte und Zila zunickte, die, ohne anzuklopfen, hereinkam und sagte, es sei schon drei Uhr und Zeit für die Mittagspause. Die Versuche Michaels, auf den Berg Arbeit zu verweisen, mißlangen.
    »Nur eine Kleinigkeit um die Ecke, ich hasse es, allein zu essen, das weißt du, und du hast mir Eli weggenommen, der nicht einmal angerufen hat.«
    Seufzend nahm Michael seinen Parka, reichte Zila den Arm, und auf dem Weg nahmen sie noch Menni mit. »Alles kann warten«, sagte Zila zufrieden. Als Michael seinen Mokka trank, den der liebenswürdige Alte am Imbiß berei tet hatte und ihnen an dem wackligen Tisch servierte, fiel ihm plötzlich ein, daß Dr. Böhm mehr als jeder andere den Wunsch gezeigt hatte, gefällig zu sein und sich beliebt zu machen, auch wenn keinerlei Ähnlichkeit mit Linders Verzweiflung vorlag, der bereits am Ende seines Weges angelangt war. Aber auch dieser Gedanke half ihm nicht, die Trauer in Böhms Augen zu begreifen. Auch das muß ich einmal mit Hildesheimer erörtern, dachte er.
     
     
     

Vierzehntes Kapitel
     
     
    Vierzehn Tage waren vergangen, seit Balilati begonnen hatte, Erkundigungen über Oberst Joav Alon anzustellen, und er schien wie vom Erdboden verschluckt. Zunächst maß Michael dem keinerlei Bedeutung bei, als aber fünf Tage verstrichen waren, begann er wie ein Verrückter zu suchen. Er konnte ihn erst spät in der Nacht zu Hause erreichen, aber Balilati weigerte sich, zu sprechen. »Ich arbeite, mein Freund. Wenn ich etwas zu sagen habe, wirst du der erste sein, der es erfährt, glaub mir.«
    Michael glaubte ihm, war aber ungeduldig. »Was ist mit dem Mädchen? Kannst du mir wenigstens über sie etwas berichten«, drängte er Balilati, der ihn warnte, nicht am Telefon zu sprechen.
    Der Fall entwickelte sich immer mehr zu reiner Routinearbeit. Das Wetter wurde angenehmer. Die Partyteilnehmer waren alle vernommen worden, auch die Patienten. Der Lügendetektor zeigte, daß alle die Wahrheit sagten. Dina Silber war noch nicht mit dem Apparat untersucht worden. Sie litt unter einer schweren Sinusitis und bat um Aufschub. Es zeichneten sich keine neuen Entwicklungen ab. Zeit, um etwas zu inszenieren, dachte Michael. »Wir müssen ein bißchen Aufregung schaffen, damit etwas geschieht«, sagte er zu Eli Bachar bei einer ihrer täglichen Begegnungen.
    Jedesmal wenn Michael an einer Untersuchung beteiligt war, behaupteten seine Mitarbeiter, war »er von einem Dybbuk besessen«. So formulierte es Schorr anläßlich ihrer Gespräche in dieser Übergangszeit. »Jetzt ist Dina Silber Ihr Dybbuk? Ich behaupte nicht, daß Sie sich immer geirrt haben, aber sagen Sie nicht, daß Sie immer Recht hatten. Sie hat eine Lungenentzündung, ich habe mit dem Hausarzt gesprochen. Und auch wenn sie nicht krank ist: Nichts berechtigt Sie, Druck auszuüben. Sie haben nur Vermutungen. Und vergessen Sie nicht, wer ihr Mann ist.«
    Nach Dienstschluß, beim Abendessen im Restaurant auf dem Schuk, gestand Schorr, daß er mit ihr, wäre sie nicht mit »Hämmerchen« verheiratet, weniger nachsichtig umgehen würde. »Aber«, sagte er und legte die Gabel auf den Teller, »es liegt auch an Ihnen. Bringen Sie jemand, der ihr Auto an jenem Sabbatmorgen gesehen hat, bringen Sie jemand!«
    Michael, der in den letzten Wochen seinen Appetit verloren hatte, erzählte frustriert von den Gesprächen mit den Nachbarn, mit den Tennisspielern, die morgens auf dem Platz gegenüber vom Institut gespielt hatten, und sogar mit Leuten von der Bürgerwehr. »Niemand hat gesehen, wie sie das Haus verließ. Eine Menge Leute hat sie pünktlich um zehn im Institut ankommen sehen, aber niemand am frühen Morgen. Trotzdem, ich habe ein merkwürdiges Gefühl.«
    »Wie Sie wissen, arbeitet man hier nicht nur mit Gefühlen«, sagte Schorr, als er sich den Bierschaum von der Oberlippe wischte, »nicht daß ich die Bedeutung der Gefühle leugne, aber hier geht es um die Gattin des Bezirksrichters. Sie hat eine Lungenentzündung, sie flüchtet nicht aus dem Land, und vor allem: Ich sehe nicht, welches Motiv sie gehabt haben könnte. Sie haben selbst gesagt, daß ihr diese Klinik eine

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