Denn am Sabbat sollst du ruhen
es für Joe ist, daß alle ihn mögen. Er war immer wegen meiner beruflichen Beziehung zu Dr. Neidorf besorgt.«
»Wissen Sie, wo sich der Revolver in Linders Haus befin det?«
»Irgendwo im Schlafzimmer, von dort hat er ihn jedesmal geholt, wenn er ihn zeigen wollte, aber ich weiß nicht genau, wo im Schlafzimmer.«
»Sie haben doch am Abend der Party sicher das Schlafzimmer betreten, um Ihren Mantel abzulegen? Waren Sie dabei alleine?«
»Es war niemand sonst im Zimmer. Ich weiß noch, daß ich das schlafende Kind betrachtet habe. Die Mäntel lagen auf dem Sofa.« Auf Michaels Frage sagte sie, daß sie niemals einen Revolver benutzt habe.
Während des Militärdienstes habe sie psychologische Tests durchgeführt und nach der Grundausbildung keine Waffe mehr angerührt. Ja, damals habe sie gelernt, ein Gewehr zu bedienen, ein tschechisches Modell, »aber es ist mir kein einziges Mal gelungen, das Ziel zu treffen. Ich bin technisch unbegabt«. Joe habe einmal erklärt, wie sein Revolver funktioniere und auch betont, daß er ständig geladen sei, aber sie habe es nicht versucht, obwohl er sie gedrängt habe. »Waffen jagen mir Furcht ein.«
Die letzten Worte sagte sie mit einer gewissen Koketterie, sie zeigte ihre Grübchen und zwinkerte sogar. Aber Michael fühlte sich wie jemand, der die Büchse der Pandora geöffnet hatte, ohne das Eigentliche zu erkennen.
Bevor er sich von ihr verabschiedete, schon in der Tür, fragte er sie so beiläufig, als sei es ihm eben eingefallen, ob sie bereit sei, sich mit einem Lügendetektor vernehmen zu lassen. Ein vorsichtiger Blick in ihre Augen enthüllte einen Anflug von Furcht, aber sie sagte nur, daß sie darüber nachdenken müsse. »Das eilt doch nicht«, – war das eine Feststellung oder eine Frage? Er schüttelte den Kopf, es eilte nicht.
Man kann nicht wissen, dachte er, ob sie einfach skeptisch ist, oder ob sie Zeit gewinnen will. Nach Michaels Erfahrung erschraken die Menschen manchmal auch dann vor einer Vernehmung mit dem Lügendetektor, wenn sie nichts zu verbergen hatten. Schon halb auf dem Gang fragte er, ob sie etwas über Neidorfs Vortrag wisse.
Nein, sie habe nur den Titel gehört, sagte sie, aber es sei ihr bekannt, daß Hildesheimer Dr. Neidorf stets bei der Vorbereitung der Vorträge geholfen habe, und sie sah Michael fragend an.
Er antwortete nicht und dankte ihr nur höflich dafür, daß sie ihm den Namen der zusätzlichen Patientin übermittelt habe. Sein Gesicht verriet nichts von seiner Verlegenheit und der Unklarheit, in der er sich befand. Als er wieder neben seinem Tisch stand, spulte er das Tonband zurück und hörte sich noch einmal das Gespräch an, das während der letzten drei Stunden in seinem Zimmer stattgefunden hatte. Er nahm den Telefonhörer ab, ohne das Gerät auszuschalten, und wählte die Nummer von Balilatis Zimmer im dritten Stock. »Ich bin gerade angekommen«, sagte Balilati kurzatmig, »ich hab' vergessen, wie das ist, wenn man mit dir arbeitet. Ich bin in zwei Minuten da.«
Aus den zwei Minuten wurden fünfzehn. Michael hatte es sich auf seinem Stuhl inzwischen bequem gemacht und die Beine ausgestreckt. Mehrmals hörte er den letzten Teil des Gesprächs ab, in dem es über ihre Beziehung zu dem Jungen, zu Neidorf, Linder und Hildesheimer ging. Als Balilati das Zimmer betrat – schnaufend und eine Tasse Kaffee in der Hand –, schob Michael ihm einen Bogen Papier zu und fragte ihn, ob er mit ihm einige Fragen durchgehen könne. Balilati war einverstanden. »Aber vorher«, sagte er, »kann ich deine Frage beantworten, was die Informationen über den Oberst betrifft.« Hier machte er eine Pause für die Ausrufe des Entzückens, die er erwartete.
Wenn Balilati auch bescheiden wäre, dachte Michael, wäre er wirklich vollkommen. Aber das Lob, das er verlangte, war kein zu hoher Preis für seine Mitarbeit. »Du bist wirklich großartig, unersetzlich«, sagte Michael, und das genügte, um dem Nachrichtenoffizier ein Lächeln von Ohr zu Ohr ins Gesicht zu zaubern. Balilati steckte die Hemdenzipfel, die unter seinem Pullover hervorschauten, in die Hose. Den Pullover hatte zweifellos seine Frau selbst gestrickt – Michael erinnerte sich undeutlich an eine einfache, etwas dickliche Frau, den Berichten zufolge eine erstklassige Köchin. Balilati fuhr fort: »Also, es ist dir egal, wie ich an die Information komme, unter der Bedingung, daß niemand davon erfährt, abgemacht? Es wird sich kaum in einigen Stunden erledigen lassen, es
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