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Denn am Sabbat sollst du ruhen

Denn am Sabbat sollst du ruhen

Titel: Denn am Sabbat sollst du ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Sie? Sagen Sie mir, worum es geht, und ich werde Ihnen alles erklären. Und dann entschuldigen Sie sich, wie es sich gehört, und bringen mich nach Hause. Wer sind Sie überhaupt?« Bei seiner letzten Frage hob er zornig die Stimme, und Michael betrachtete ihn einige Minuten ruhig, ohne etwas zu erwidern. Dann klärte er ihn über seine Rechte auf: Alles was er sage, könne im Prozeß gegen ihn verwendet werden. Der Festgenommene verlor die Beherrschung. Er sprach von Kafka, von der Sowjetunion, von den südamerikanischen Diktaturen und schrie schließlich: »Das ist absurd, was hier geschieht, sagen Sie mir wenigstens, wer Sie sind und weswegen ich hier bin!«
    Da erschien Rafi mit zwei Gläsern, aus denen Duft türkischen Kaffees aufstieg. Ein Glas stellte er Michael, das andere Alon vor die Füße. Alon blickte von Rafi zu Michael und schließlich wieder zu Rafi, der das Zimmer verließ und die Tür hinter sich schloß. Dann gab der Oberst dem Glas einen leichten Stoß, es kippte um, ohne zu zerbre chen, und eine schwarze, trostlose Pfütze entstand auf den Fliesen zwischen den Stühlen, Michael rührte sich nicht von seinem Platz und schwieg. Mit zunehmender Verzweiflung sagte Alon: »Sehen Sie, Sie sagen, das geschieht mit Wissen des Generalstabschefs, aber ich habe es nicht nachgeprüft, und wenn Sie gelogen haben, werde ich Ihnen das Leben zur Hölle machen, ich werde Sie verklagen. Wissen Sie, wer ich bin? Wissen Sie, wie viel Verhöre ich in meinem Leben durchgeführt habe? Ich kenne alle Tricks. Ich weiß auch, daß es Ihre Pflicht ist, sich auszuweisen, und ich verlange zu wissen, worum es geht!« Hilflose Wut verdrängte jedes andere Gefühl, die Farbe kehrte in sein Gesicht zurück.
    Michael sagte ruhig, daß er erwarte, vom Festgenommenen selbst zu hören, weshalb er hier sei.
    »Primitiv, mein Lieber, primitiv. Von mir werden Sie nichts hören. Sie haben keinen Grund für Ihre Maßnah men, und ich sehe keinen Anlaß, über Ihre Motive zu spekulieren.«
    Erst da betrat Menni das Zimmer. Oberst Joav Alon warf ihm einen Blick zu und erblaßte, und diesmal konnte man deutlich Frucht erkennen. Menni war der einzige, den er kannte, er hatte den rechten Augenblick abgewartet, um nun so überraschend zu erscheinen wie das Kaninchen aus dem Hut des Zauberers.
    Michael fragte, ob er Menni kenne.
    »Ja«, sagte Alon in einem veränderten, nachgiebigeren Ton. »Er hat mich vor einiger Zeit als Zeugen vernommen. Jetzt verstehe ich. Aber ich habe ihm alles gesagt, was ich weiß. Warum verhaftet man mich dann?«
    Menni blieb neben der Tür stehen, als Michael seinen Na men und seinen Rang nannte und sagte, worum es ging: um die Ermittlungen im Mordfall Eva Neidorf. Er solle dankbar sein, daß man seine Festnahme geheim halte, nicht mal seine Frau habe man unterrichtet, man habe sie auch gebeten, nichts über die Hausdurchsuchung verlauten zu lassen.
    »Was für eine Hausdurchsuchung?« schrie Alon. »Was können Sie schon suchen? Haben Sie einen Befehl? Geben Sie sich keine überflüssige Mühe, ich kenne diese Tricks. Ich habe genug Verhöre geleitet.«
    Im Zimmer war es still, nur Alons schwere Atemzüge waren zu hören. Dann sagte er: »Ich soll Ihnen dankbar sein? Diesen Mist können Sie sich an den Hut stecken. Was hat Sie daran gehindert, mich in aller Öffentlichkeit zu verhören? Ich habe nichts zu verbergen. Ich habe Ihnen alles gesagt. Sie hätten mich zum Russischen Platz vorladen können, von mir aus. Auch dort hätten Sie nichts Neues gehört. Ich habe diese Frau Neidorf doch nur vom Hörensagen gekannt.«
    »Was haben Sie denn gehört?« fragte Michael, der bemerkte, daß die Furcht aufs neue begann, Alon zu beherrschen. Sein Gesicht wurde wieder bleich, die Hände zitterten, die hellen Augen waren trüb geworden.
    »Alles mögliche, nichts, was mit diesem Fall zu tun hat. Sie haben keinen Grund, mich hier festzuhalten. Ich werde jetzt gehen!« Oberst Alon erhob sich von seinem Stuhl und ging eilig auf die Tür zu.
    Er benötigte genau vier Schritte. Michael rührte sich nicht vom Fleck. Menni blieb vor der Tür stehen. Alon hob die Hand gegen Menni. Menni packte blitzschnell Alons Handgelenk, verdrehte den Arm und führte ihn an seinen Platz zurück. Keiner sagte etwas. Menni kehrte an die Tür zurück, Alon setzte sich auf seinen Stuhl, inmitten der braunen Pfütze. Michael steckte sich eine Zigarette an und fragte ihn, ob er unter Klaustrophobie leide. Keine Reaktion. Als ob nichts geschehen sei,

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