Denn am Sabbat sollst du ruhen
neben dem Telefon erwar tete. Zila blieb bei dem Verhafteten, der weder die Pita noch den frischen Kaffee anrührte, den man ihm gebracht hatte.
Nur weil Eli Bachar ihn so vorwurfsvoll anguckte, überwand sich Michael und nahm einen Bissen von der warmen Mahlzeit, die man auf unerklärlichen Wegen beschafft hatte. Die Art, wie ihn seine Leute – vor allem Zila und Eli – bemutterten, amüsierte Michael ein wenig, rührte ihn aber auch. Endlich stellte er den Teller beiseite und widmete sich dem Kaffee. In der Wohnung war es kalt. Menni erklärte, das Heizöl sei aufgebraucht und die Zentralheizung außer Betrieb. Es gab nur einen elektrischen Ofen, im Wohnzimmer.
Michael streckte die Beine aus und ignorierte die Übelkeit, die ihm der Essensgeruch bereitete. Nur unter großen Anstrengungen nahm er Elis Worte auf, der ihm im Sessel gegenüber saß und von der Hausdurchsuchung erzählte. Er sei nicht bis zum Schluß geblieben, sondern hierher gekommen, nachdem sie den Schuh gefunden hatten. Die Gummi sohle passe genau zu dem Gipsabdruck aus Neidorfs Gar ten. »Er ist eingebrochen und hat die Papiere mitgenom men«, sagte Eli zufrieden, »ich warte nur darauf, daß sie den Kram bei ihm zu Hause finden, zusammen mit den Quittungen vom Steuerberater. Hast du noch Kraft, weiterzumachen?«
Michael sah auf die Uhr. Es war halb elf, am dritten April. Und schlagartig fiel ihm ein, daß er in der Schule sein müßte, daß Juval sein Zeugnis bekam, daß Elterntag war – er hatte es vollkommen vergessen, obwohl er den ganzen Nachmittag über mit Juval zusammen gewesen war. Er nahm den Hörer und wählte seine Nummer zu Hause. Zehnmal mußte er klingeln lassen, bis am anderen Ende abgenom men wurde und Juvals verschlafene Stimme erwiderte, es sei alles in Ordnung. Nein, Zeugnisse gebe es am sechzehnten, nicht heute. »In zehn Tagen, und ich werde dich vorher daran erinnern. Ja, ich habe gegessen, was du übriggelassen hast. Ich bin todmüde. Wann kommst du? Du Ärmster. Nein, ich habe morgen Prüfung. Bibelstudien. Ich gehe schlafen. « Aber Michael fühlte sich nicht erleichtert, auch nicht, als sich herausgestellt hatte, daß er weder die Zeugnisverteilung noch den Elterntag versäumt hatte. Eli fragte zögernd, ob er wolle, daß er ihn ablöse. »Noch nicht«, antwortete Michael, »warten wir, bis er etwas gesteht. Wimmern ist kein Geständnis. « Und er ging ins Zimmer zurück. Alon bat, auf Toilette zu dürfen. Menni begleitete ihn. Das kleine Toilettenfenster war vergittert, eine Flucht ausgeschlossen. Menni wartete neben der Tür und beglei tete ihn in das Zimmer zurück, das auf den Hinterhof führte.
Fünfzehntes Kapitel
Während der ganzen Nacht brannten die Lichter, doch das Verhör dauerte nicht so lange wie befürchtet. Am Morgen hatten sie die ganze Geschichte.
Michael hielt durch; bis Oberst Alon in Gegenwart aller das Geständnis unterschrieb. Da war es fünf Uhr. Was an Fragen noch offen blieb, überließ er Eli Bachar, der sich um zwei Uhr für einige Stunden schlafen gelegt hatte und nun die Vernehmung übernahm.
Als der Festgenommene von der Toilette zurückkam und sich Michael gegenüber setzte, bat er um eine Zigarette. Er hustete, als er den Rauch inhalierte, nachdem Michael sie angezündet hatte. Während er die Zigarette in seiner Hand betrachtete, erklärte er, daß er schon seit Jahren nicht mehr rauche. Dann schwieg er wieder. Und dann sprudelte es aus ihm heraus: Erstens habe er Eva Neidorf nicht ermordet, und vor allem würde er selbst den Täter zu gerne zwischen die Finger kriegen.
In der Terminologie des Instituts hätte man, das wußte Michael, von Übertragung gesprochen, aber er persönlich neigte dazu, es Liebe zu nennen. So nannte es auch Oberst Alon, der wiederholt betonte, daß er sie geliebt habe, sie verehrt habe und ihr voll vertraut habe. Obwohl Michael seine Augen nicht sehen konnte – der Mann sprach zu der Kaffeelache auf dem Fußboden-, entnahm er seiner Stimme ein aufrichtiges Gefühl: Kummer und Schmerz. Die Furcht war gewichen.
Michael verlangte einen detaillierten Bericht.
Alles begann, sagte Oberst Alon zur Kaffeelache, mit dem neuen Posten. Bevor er Truppenkommandant wurde, gab es keine Probleme, auch nicht in seiner Ehe.
Aber als die Probleme dann begannen, kamen sie von allen Seiten, sagte er bitter, sogar der einzige Seitensprung seines Lebens mißlang. Als er sich nicht mehr für seine Frau interessierte, gab er zunächst der Gewöhnung die
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