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Denn am Sabbat sollst du ruhen

Denn am Sabbat sollst du ruhen

Titel: Denn am Sabbat sollst du ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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kompliziertem Liebesleben zu tun gehabt. Und dann schwieg er wieder.
    Michael Ochajon zündete sich noch eine Zigarette an, und als er fragte, mit wem Elischa denn befreundet gewe sen sei, da blickte sich Jakob erneut unbehaglich um. Gold brachte den Kaffee und betrachtete beide verständnislos. Jakob starrte an die Wand, und Michael schaute auf den Kaffee in seiner Tasse. Dann fragte er ganz leise, ob Jakob wisse, daß Eva Neidorf tot sei.
    Der junge Mann erstarrte auf seinem Platz. Mit zitternder Stimme fragte er: »Wann?« Michael gab die Antwort. Dann fragte Jakob: »Wie?« und erhielt einen kurzen Bericht. Einige Minuten war es still im Raum. Jakob atmete kaum, und Gold erhob sich von seinem Platz und stellte sich neben das Fenster, so daß er die beiden sehen konnte. Er verstand den Zusammenhang nicht, auch Jakob begriff nicht und fragte, was das alles zu bedeuten habe.
    Anstatt zu antworten, fragte Michael Ochajon, ob er in London keine israelischen Zeitungen gelesen habe. »Nein«, sagte der junge Mann, »auch meine Eltern und Elischas Vater nicht, aber Elischa«, sagte er verwundert, »hat es sicher gewußt und nicht davon gesprochen. Wir haben eine Tour durch Schottland gemacht, während der ersten vierzehn Tage. Elischas Vater war irgendwo in Europa, wir haben uns nur während der beiden letzten Tage getroffen. Aber warum hat Elischa mir nicht davon erzählt?«
    Michael fragte, ob Jakob Eva Neidorf gekannt habe.
    Gold betrachtete den jungen Mann erst neugierig und dann erstaunt. Ja, er habe sie gekannt, sagte Jakob. Er sei sogar bei ihr gewesen und habe mit ihr gesprochen.
    Gold drängten sich Fragen auf, doch er stellte sie nicht, sondern hörte gespannt dem Inspektor zu.
    »Wann hat das Gespräch stattgefunden?«
    »Vor drei Monaten ungefähr, ich erinnere mich nicht genau, aber ungefähr vor drei Monaten. Zwei Wochen später ist sie ins Ausland gefahren«, sagte Jakob. Er nahm die Brille ab, putzte die Gläser mit einem Zipfel des gestärkten Bettuchs, setzte sie wieder auf und starrte Michael an. Dann blickte er wieder an die Wand.
    »Warum sind Sie zu ihr gegangen?« fragte Michael Ocha jon, und Gold Wußte, daß er diesmal nicht lockerlassen würde.
    »Wegen Elischa«, sagte der junge Mann niedergeschmet tert und klagte über Schwindelgefühle. Gold reichte ihm ein Glas Wasser und öffnete das Fenster.
    »Was war mit Elischa? Weshalb seinetwegen?« fragte der Inspektor und steckte sich eine Zigarette an, während der junge Mann das Wasser trank.
    »Wegen dem, was in der Klinik geschehen war.«
    »Was war dort geschehen? Sie meinen die psychiatrische Klinik?« Michael schnippte die Asche in den Papierkorb, ohne Jakob aus den Augen zu lassen, der nickte und schwieg.
    Höflich bat Michael Ochajon, daß Gold sie alleinlasse. Jakob protestierte nicht dagegen, warf aber dem Inspektor einen Blick zu, der Gold die Kühnheit verlieh, zu fragen, ob es notwendig sei. Das Gesicht des Polizisten war etwas verlegen, aber da bat Jakob, daß Gold im Zimmer bleiben möge. Gold sah Michael an, der mit den Schultern zuckte und sagte: »Wie Sie wollen. Ich will Sie nicht unter Druck setzen, Sie haben heute Nacht genug durchgemacht.« Gold setzte sich hinter den dunklen Schreibtisch des kleinen Zimmers, in dem tagsüber Therapiesitzungen stattfanden. Michael blieb auf der Bettkante sitzen, neben dem jungen Mann, der sich an die Wand lehnte.
    »Was geschah in der Klinik?« fragte der Inspektor leise. »Jetzt ist schon alles egal, er ist ohnehin tot, und was ich seinem Vater sagen werde, weiß ich nicht.« Jakob sah den Inspektor an, der nichts von seiner Geduld eingebüßt hatte, sondern die Frage wiederholte.
    »Es war so«, sagte der junge Mann schnell, als wolle er sich von einer Last befreien, »daß sich dieses Miststück in ihn verliebte.«
    Gold fühlte, wie sich das Zimmer um ihn zu drehen begann, er hielt sich am Tisch fest. Seine Kehle wurde trocken; und etwas von dem Entsetzen jenes Sabbats, als er Neidorf gefunden hatte, kehrte zurück. Er riß die Augen auf und hörte, wie Michael geduldig fragte: »Wer hat sich in ihn verliebt?«
    »Seine Therapeutin, seine Psychologin, diese Dina Silber.« Der junge Mann sah auf die Wand ihm gegenüber. Gold traute seinen Ohren nicht und wollte schon protestieren, aber da begann Jakob in einem wahren Redefluß zu erzählen, gleichmütig und eintönig: Er habe zuerst nicht begriffen, was los sei. Elischa, der sich nie um seine Meinung gekümmert habe, der stets seine

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