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Denn am Sabbat sollst du ruhen

Denn am Sabbat sollst du ruhen

Titel: Denn am Sabbat sollst du ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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vier Uhr morgens war, und er fragte sich, wie er so lange hatte schlafen können. Professor Gruner erriet seine Gedanken und erzählte ihm, daß er, als er ins Krankenhaus gekommen sei, die Abteilung in Aufruhr vorgefunden habe. »Dvora war einfach großartig. Wie es ihr gelungen ist, mich in diesem Chaos zu verständigen, weiß ich nicht. Wir haben die Ambulanz gerufen, aber bis sie ankam, waren Sie schon aufgewacht und sind sogar selbst hierher gegangen, von der Abteilung bis in mein Zimmer. Dann kam der Arzt und hat Sie verbunden und Ihnen auch etwas zum Schlafen gegeben.« Baum betastete seinen Hals, der sich in einem steifen Verband befand. In seinem Kopf drehte es sich, seine Kehle brannte. »Als hätte man einen Scheiterhaufen drinnen angezündet«, sagte er später, als er sprechen konnte, zu Chedva. »Die Polizei glaubt«, fuhr Gruner fort, »daß dieser Revolver, den Tobol hatte, mit dem Mord an Dr. Neidorf zu tun hat. Daher hat man gewartet, bis Sie aufgewacht sind, vielleicht wissen Sie, wie er zu der Waffe gekommen ist.«
    Baum sah den Direktor an. Das Licht tat ihm weh. Er machte eine schwache Handbewegung, um zu zeigen, daß er nichts wisse, und schloß die Augen. Als er sie öffnete, stand Gruner noch immer vor ihm, und die Uhr hinter ihm zeigte viertel nach vier, und Gruner sah ihn besorgt an. Gruner war für Baum der »Schrecken des Krankenhauses«, und dieser besorgte Blick, sagte er später zu Chedva, habe »alles aufgewogen. Kannst du dir das vorstellen? Ich wußte doch nicht einmal, ob er mich überhaupt kennt.« Chedva antwortete: »Red keinen Unsinn«, und er sagte: »Nein, wirklich, manchmal ist er an mir vorbeigegangen, als sei ich durchsichtig. Einmal hat er mich sogar gefragt, wie ich heiße. Er ist doch erst gut fünfzig.« »Fünfundfünfzig«, korrigierte Chedva und schürzte die Lippen, »und sprich nicht so über ihn. Ich glaube, daß er ein Mensch ist, ein wirklicher Mensch. Du hättest die Empfehlung sehen sollen, die er mir fürs Institut gegeben hat.« »Ah, das Institut! Wer bin ich denn überhaupt? Die vom Institut sind für dich natürlich alles Halbgötter. Ich sage nicht, daß er ein Idiot ist, aber gib zu, daß er kein Genie ist, oder wenigstens, daß er zerstreut ist, um nicht zu sagen, senil.«
    Doch dies sagte Dr. Baum später. Nun traten die zwei Männer, die als »die Polizei« vorgestellt worden waren, zur Seite und unterhielten sich miteinander. Danach wandte sich einer von ihnen flüsternd an Gruner, der darauf verneinend den Kopf schüttelte und sagte: »Nur eine Handbewegung, wenn Sie wollen.« Dann sagte er zu Baum: »Dr. Baum, wissen Sie, wie der Revolver zu Tobol kam? Antwor ten Sie mit der Hand, bitte.« Baum bewegte wieder die Hand verneinend, worauf ihn einer der Polizisten, der rothaarige, fragte, ob er den Revolver vor dem Geschehen gesehen habe. Wieder bewegte Baum verneinend die Hand. Er war sehr müde, und als er die Augen schloß, hörte er den Rothaarigen sagen: »Gut, komm, klären wir die Einzelhei ten über den Revolver, und fangen wir an, das Gebiet zu untersuchen.« Dann schlief Baum ein.
     
     

Achtes Kapitel
     
     
    Wie Schlomo Gold spottete auch Michael Ochajon über den Aberglauben. Trotzdem wurden Erinnerungen in ihm wach an seine Mutter und ihre Warnungen vor dem »bösen Blick«, als man ihn am Eingang des Polizeihauptquartiers am Russischen Platz zum Fund der Waffe beglückwünschte. Seine Proteste gegen den Glückwunsch und seine vorsichtige Bemerkung über die ballistische Untersuchung, die noch einige Zeit dauern würde, wurden in den Wind geschlagen. »Keine Bescheidenheit«, sagte Polizeiinspektor Levi, Leiter einer Sonderkommission, die gerade einen anderen Mord aufklärte, »wie viele Revolver können denn an einem Sabbatmorgen in der Montefiorestraße liegen? Wie lang ist denn die verdammte Straße?« Michael lächelte nicht. Das war alles schon vorgekommen. Aber er mußte zur Gerichtsmedizin und zur Margoa-Klinik.
    Von dem Revolver hatte er über Sprechfunk erfahren, um fünf Uhr morgens, als er auf dem Weg von Rechavia zum Russischen Platz war. Es sei nicht nötig, sagte man ihm, daß er zum Krankenhaus komme, aber er machte dennoch den Umweg zur Montefiorestraße. Im Krankenhaus berichtete der rothaarige Einsatzleiter, daß man Spuren von Erde an dem Revolver, einer Beretta Kaliber .22, festgestellt habe. »Fünf Kugeln waren in der Trommel, eine in der Wand der Männerabteilung D, und die letzte werden wir vielleicht bei der

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