Denn am Sabbat sollst du ruhen
sein Schwiegervater Josek sich an jemand in der dritten Person gewandt hatte und wann er familiär wurde.
Eli Bachar bemerkte, daß es gut wäre, auch die alten Akten mitzunehmen. »Alles«, sagte Michael trocken, »bei uns ist es sicherer.«
Seligman Junior riß den Mund auf, besann sich jedoch und sagte nichts. Seligman Senior wandte den Kopf zu Smira und sagte: »Gib dem Herrn einen Umschlag für die Sachen.« Während die Dokumente eingepackt wurden, sagte Michael: »Herr Seligman, ich werde Ihnen jetzt eine sehr wichtige Frage stellen. Bitte, überlegen Sie, bevor Sie antworten, und bitte antworten Sie aufrichtig, wir sind nicht vom Finanzamt.« Seligman begann schon, seine Krawatte zu betasten, und sein Sohn beabsichtigte zu protestieren. Aber Inspektor Ochajon hob die Hand zum Zeichen, daß sie ihn ausreden lassen sollten: »Ich frage nach ihren Einkommensbelegen. Waren sie wirklich vollständig? Wissen Sie, ob Sie alle Belege erhalten haben?«
Seligman reagierte wie jemand, der im Begriff steht, einen Herzanfall zu bekommen. Sein Ton verlor jegliche ängstliche Zurückhaltung. Die Ehre einer Dame stand auf dem Spiel, und der polnische Gentleman betrat den Plan. Mit gerötetem Gesicht, bebend am ganzen Körper vor Zorn, sagte er: »Ich weiß nicht, mit was für Leuten Sie für gewöhnlich zu tun haben, verehrter Herr. Wir sprechen hier von Frau Dr. Neidorf, deren Bekanntschaft Sie offensichtlich nicht gemacht haben. Wenn Sie entschuldigen. Ich kann Ihnen sogar ganz vertraulich mitteilen, daß ich ihr mehr mals vorgeschlagen habe, weniger zu arbeiten. Denn es war ganz unwirtschaftlich, wie sie arbeitete, von der steuerli chen Seite her betrachtet, weil sie immer ehrlich alles meldete. Immer sagte sie, sie werde daran denken, aber sie könne nicht umhin, Quittungen auszustellen. ›Herr Seligman‹, sagte sie, sie hat mich immer ehrerbietig behandelt, ›Herr Seligman, in meinem Beruf muß man sehr moralisch sein, man kann sich nicht wie ein Krämer benehmen und keine Quittungen geben.‹ Ich kann vor Gott beschwören, daß sie jedes Honorar quittiert und jeden Beleg eingereicht hat. Ich habe auch andere Klienten, ich weiß, wovon ich spreche.«
Auch wenn Michael überzeugt war, so zeigte er es Eli nicht, und als sie mit dem alten, knarrenden Aufzug hinunterfuhren, faßte er seinen Eindruck von Seligman in zwei Worten zusammen: »Aufgeblasener Kerl.«
Smira, die Sekretärin, starrte Eli und ihn ängstlich an. Sie brauchten einige Minuten, um ihr zu versichern, daß sie nichts getan hatte, wofür sie bestraft werden könnte. »Das ist Routine, so arbeiten wir«, erklärte ihr Eli auf dem Weg zum Russischen Platz. Es war unklar, ob sie begriff, wovon die Rede war. Eli nahm sie mit, um eine Fahndungszeichnung vorzubereiten, und anschließend erhielt er von ihr eine unterschriebene Aussage über die Geschehnisse des Morgens. Er fragte sie auch nach der Redeweise des Mannes, seiner Stimme. Sie nahm an, der Mann sei Aschkenasi, er hatte jedenfalls keinen orientalischen Akzent. Die Stimme des Mannes könne sie identifizieren und vielleicht sogar ihn selbst, wenn sie ihn sehen würde, berichtete Eli Michael, als er eine Stunde später dessen Zimmer betrat. Es war bereits halb eins.
Als Michael kurz vorher sein Zimmer betreten hatte, hatte er Grund zur Freude an diesem grauen Tag. Zila war am Telefon, und er hörte sie mit eifriger Stimme sagen: »Er ist soeben eingetroffen.« Sie saß auf seinem Stuhl und kritzelte etwas mit dem Bleistift. Michael nahm ihr den Hörer aus der Hand. Sie hatten Abu-Mustafa gefunden.
»Gib zu, daß wir schnell gearbeitet haben«, sagte Gidoni. »Du siehst, gute Beziehungen zum Muchtar zahlen sich aus.« Michael sagte, daß er gegen vier kommen würde. Gidoni protestierte, bis dahin sei der Kaffee kalt. Michael reagierte ungeduldig mit einem wenig originellen Scherz, und er konnte nur hoffen, daß das am anderen Ende der Leitung nicht so empfunden wurde.
Um zehn vor zwölf gelang es ihm, die Nummer von Dina Silbers Praxis zu wählen. Niemand hob ab. Er versuchte es noch einmal. »Hallo«, meldete sich eine weiche, atemlose Stimme. »Ja, am Apparat«, antwortete sie, als er fragte, ob er mit Dina Silber spreche. Nein, sie könne sich heute nicht mit ihm treffen, sie müsse in einer Stunde zur Beerdigung, und danach arbeite sie ohne Pause bis in die späten Abendstunden. »Ist es schlimm, wenn es spät wird?« fragte Michael und blickte Zila an, die gespannt wirkte. »Am Abend?«
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