Denn am Sabbat sollst du ruhen
bis dahin werden wir gehörig ins Schwitzen kommen! Tu mir einen Gefallen«, wandte er sich an Eli, »nimm diesen Zettel und geh zur Spurensicherung. Vielleicht können die noch etwas aus dieser Unterschrift herausholen.« Er richtete sich auf. »Ich möchte, daß wir gemeinsam zur Beerdigung gehen. Zila, fang die Fotografen und die beiden Neuen ab. Sie sollen nicht mit uns zusammen dort eintreffen, noch kennt sie niemand. Wie ich Schorr einschätze, wird er Rafi Cohen und Menni schicken, aber sieh bitte nach.«
Rafi Cohen und Menni Esra waren zwei junge Beamte, die bereits häufig mit Michael gearbeitet hatten, aber noch nicht offiziell zur Mannschaft gehörten, und mit seiner Vermutung über Schorrs Entscheidung drückte Michael auch einen Wunsch aus.
Als er wieder allein war, wandte er sich erneut der Liste zu, die in sechsfacher Ausführung unter der Tischlampe lag. Zila hatte die Namen in ihrer großen Handschrift alphabetisch geordnet. Er fand dort Dr. Giora Böhms Namen, der weder auf dem Patienten- noch auf dem Kandidatenver zeichnis Neidorfs stand. Michael las, daß er im Kranken haus Kfar David arbeitete. Sein Name war mit einem »V« markiert, was bedeutete, daß Zila ihn erreicht und vorgeladen hatte. Michael fragte sich, bei wem Dr. Böhm die Lehranalyse gemacht hatte, aber er wußte, daß niemand im Institut seine berufliche Beziehung zu Neidorf geheimgehalten hätte. Dann dachte Michael an den Mann in Uniform, der die Steuerkarte Neidorfs an sich genommen hatte. »Er muß ein Außenstehender sein, aber doch jemand, der sich so gut auskennt, daß er zu Seligman und Seligman gegangen ist«, sagte er zu Eli, als der ins Zimmer zurückkehrte.
Eli berichtete, daß die Quittung mit der Unterschrift zunächst bei der Spurensicherung bleibe, wo sie von einem Graphologen untersucht würde. Und dann fluchte er: »Wann kommt sie? Wir müssen gehen!«
Zila betrat wie gerufen den Raum. »Die anderen sind bereits unterwegs, ein Fotograf und auch Menni Esra, worüber ich mich besonders freue, so wird wenigstens auch ein netter Mensch dabei sein.«
Eli nahm die Bemerkung, die sichtlich gegen ihn gerichtet war, nicht zur Kenntnis. Zu dritt verließen sie das Büro. Unterwegs warf Michael einen Blick in Schorrs Zimmer. Schorr saß noch immer an seinem Tisch hinter einem Stapel von Papieren, hob den Kopf und fragte, was es Neues gebe. Mit zwei Sätzen berichtete ihm Michael, was vorgefallen war, und Schorr meinte, es sei sehr schade, daß sich die Untersuchung so hinziehe. »Mit den Banken ist es eine komplizierte Sache«, sagte er, »ich weiß nicht, wie wir es schaffen sollen, Levi das vorzuenthalten. Für ihn wäre das ein Fest, wie Sie wissen.«
Michael wußte es und hatte nicht vor, etwas geheim zu halten. »Beabsichtigen Sie, zur Beerdigung zu gehen?« fragte er Schorr, der entschieden den Kopf schüttelte: »Das bringt Unglück, diese Besuche auf Friedhöfen. Ich gehe nur, wenn ich muß. Wenn Sie etwas Angenehmeres haben, teilen Sie's mir mit. Brauchen Sie mich dort?«
Michael zuckte die Achseln und blickte hinter sich auf den langen, gewundenen Korridor. Er stand in der halb geöffneten Tür. Zila und Eli warteten geduldig an der Treppe.
»Was ist los? Sind Sie unsicher geworden? Brauchen Sie ein Kindermädchen?« Schorrs Stimme wurde rauh. Mit einem Schlag hatte sich die Atmosphäre verändert. »Was ist los? Zwei Fehlschläge, und schon brechen Sie zusammen? Was ist mit Ihnen? Ich habe mich ganz schön für Sie aus dem Fenster gelehnt. Ich habe überall erzählt, wie toll Sie sind; die Leute glauben, daß Sie auf dem Wasser gehen können. Wollen Sie mich zum Lügner machen? Schluß mit den Rohr krepierern! Noch einen, und ich mache Ihnen das Leben so zur Hölle, daß Sie wünschen, nie geboren zu sein. Und wenn ich noch einmal diese selbstmitleidige Fratze sehe, dann schlage ich sie entzwei! Nehmen Sie sich zusammen! Haben Sie gehört?«
Michael schloß die Tür und ging zu Zila und Eli. Jeder bekommt das, was er verdient. Ich habe es so gewollt, aber er ist trotzdem ein Hurensohn, dachte er, startete das Auto und fuhr zum Friedhof.
Der Himmel war düster, aber es regnete nicht. Sie schwie gen, bis sie nach Sanhedria kamen. Dort parkte Michael das Auto, reichte Zila die Schlüssel und verschwand in der Menschenmenge.
Sie verteilten sich unter den Trauernden, und nichts wies mehr auf sie hin als ein Renault mit einem Polizeikennzeichen zwischen den Wagen der
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