Denn bittersüß ist der Schnee - Lene Beckers dritter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
Kellers. A älders Ehebaar ohne Kinner. Die könnt’n do san. Müssen’s aba lang läut’n, er hört ned goud. «
Und s ie , fragte sich Lene leicht genervt. Schwerhörigkeit war doch nicht ansteckend. Die gute Frau Bachmayr nervte sie eindeutig, gestand sie sich ein. Schlichtes Gemüt. Und wenn der Mann seit ein Uhr weg war, war er sicher auch keine große Hilfe.
Lene sah auf die Uhr. Es war jetzt kurz vor neun. Da könnten s owohl das Bärle, in der fränkischen Aussprache ein Pärchen , als auch die Kellers zu Hause sein und gemütlich vor dem Sonntags- Tatort sitzen, während hier oben der Tatort aus dem wirklichen Leben aufgenommen wurde. Sie versuchte es bei dem Pärchen im Erdgeschoss und notierte sich die Namen. Schulze – Eckbert stand da in schönster Eintracht, aber hinter der Tür blieb nach ihrem Klingeln alles ruhig. Sie versuchte durch den Spion zu schauen. Es war jedoch alles dunkel. Überhaupt, morgen war ja Nikolaus. Vielleicht blieben sie da noch bei ihren Eltern. Studenten? Man würde sehen. Sie stieg die Treppe wieder hinauf.
Einen Stock höher hörte sie wirklich den Fernseher mit typischen Tatort Geräuschen. Sie musste erst zweimal, beim zweiten Mal anhaltender, klingeln, bevor sich etwas tat. Dann wurde die Tür geöffnet und ein unsicher blickender Mann von bestimmt Ende siebzig starrte sie verwirrt an. Hatten weder er, der ja schwerhörig war nach Frau Bachmayr, noch seine Frau bisher gar nichts davon mitbekommen, dass die Polizei seit weit über einer Stunde im Haus war?
»Becker, Kriminalpolizei Nürnberg«, stellte sie sich vor und sprach etwas lauter als gewöhnlich. »Herr Keller? «
»Ja. Wieso Kriminalpolizei? «
Lene überlegte sich schnell, dass sie diesem alten Herrn nicht ei nmal so eben sagen konnte, dass im selben Haus ein Mord geschehen war. Offensichtlich war er wirklich von ihrem Besuch überrascht.
»Kann ich hereinkommen? «
Er ging vor und überließ es ihr die Wohnungstür zu schließen. Im Wohnzimmer angekommen, stellte er den Tatort mit Lena Odenthal leiser. Meine Namensschwester hat den Täter sicher schneller als ich, dachte sie neidisch, bevor sie sich auf seine Aufforderung hin setzte und sich Herrn Keller zuwandte. Er hatte sich etwas umständlich auf das Sofa gesetzt und sich ein Kissen in den Rücken geschoben.
»Meine Frau ist krank. Sie schläft schon den ganzen Tag. Warten Sie, ich nehme meine Hörhilfen rein, dann müssen Sie nicht so laut reden, und wir w ecken sie nicht unnötig auf. Sie hat Fieber und kann doch erst morgen zum Arzt. « Behutsam nestelte er die Hörhilfen in die Ohren und sah sie dann erleichtert an.
»So, jetzt ist es besser. Ich mag sie nur nicht beim Fernsehen, da hallt es i mmer so. «
»Herr Keller, ich vermute, Sie haben noch gar nicht mitbekommen, was heute hier im Haus passiert ist? Bei Frau Merthens? «, tastete sie sich langsam vor.
Er schüttelte den Kopf.
»Wieso, was ist denn … Und überhaupt wieso Krim inalpolizei? « verband er jetzt die Informationsteile. Nun konnte sie es wagen, ihm den Tod von Frau Merthens mitzuteilen. Seine Reaktion war tiefe Bestürzung.
»Ist sie gefallen? Ein Herzinfarkt? Sie war doch immer so gesund! «
Seine Stimme war etwas brüchig geworden.
»Wissen Sie, wir waren die ersten, die hier gekauft haben. Es sind Eige ntumswohnungen. Wir wohnen schon seit dem Bau des Hauses vor zwölf Jahren hier zusammen«, schloss er um seine Gefühle zu erklären. Seine Augen waren wässrig geworden. Trotzdem – sie musste ihm die Wahrheit sagen.
»Sie ist ermordet worden, Herr Keller. Es tut mir so leid. «
Stille. Dann tonlos:
»Von wem? Wissen Sie das schon? «
»Nein. Deshalb brauchen wir Ihre Hilfe. Haben Sie heute irgendetwas bemerkt, jemanden ins Haus kommen sehen? Sie hatte Besuch. Wissen Sie etwas darüber, wer es war? «
»Nein, ich war den ganzen Tag hier mit meiner Frau. Nach dem Mittagessen habe ich auch ziemlich lang geschlafen. Als ich aufwac hte, schneite es, und es war schon ziemlich dunkel. Dann habe ich für meine Frau Tee gekocht. Sie ist gleich wieder eingeschlafen, und ich habe ferngesehen.«
Sein Blick wanderte sehnsüchtig hinüber zum Fernsehgerät, als ob er mit e iner Flucht dorthin das furchtbare reale Geschehen im Haus ausblenden könnte. Er hatte sicher nichts außerhalb der Wohnung bemerkt. Oder vielleicht doch?
»Herr Keller, als Sie bemerkten, dass es schneite, aus welchem Fenster h aben Sie da gesehen? «
Sie legte ihre ganze Suggestivkraft in ihre
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